Undankbare Kinder irgendwann fallen lassen?
Sicherlich kennt jeder hier so einen Menschen, bei dem man sich denkt, dass der sein Leben lang nur verwöhnt wurde und alles bekommen hat. Jeder hat ein Bild von einem undankbaren Menschen im Kopf und kann sich diesen vorstellen. Nun stellt sich mir als Mutter aber die Frage, wie es dazu kommen kann, dass Kinder so werden und wie man dann handeln soll. Gerade bei jungen Erwachsenen würde ich so ein Verhalten nicht tolerierbar finden und je nach Lebensphase würde ich meine Kinder dann wahrscheinlich auch auf eigene Beine stehen lassen.
Wobei ich meinen Kindern jetzt schon beibringe, dass die Dinge ihren Wert haben und man dankbar sein muss für das was man hat. So etwas finde ich wichtig und bisher scheint das auch zu fruchten. Wenn ein Mensch aber beispielsweise immer nur Geld von den Eltern nimmt, aber nie Dankbarkeit zeigt, wie sollten sich Eltern dann verhalten? Das Kind fallen lassen und es auf eigenen Beinen stehen lassen? Gar nicht mehr unterstützen oder was würdet ihr machen?
Für mich klingt das wie der Plot einer dieser Geschichten aus den Frauenzeitschriften: "Wahre Schicksale! Diese Frau weint sich jede Nacht in den Schlaf!" Ich kenne es zudem eher umgekehrt. Bei uns im Dorf gibt es sogar eine Selbsthilfegruppe für Eltern, deren Kinder sie "fallen gelassen" haben. Wobei ich hier immer skeptisch bin, ob die erwachsenen "Kinder" nicht durchweg gute Gründe hatten, sich von ihren Eltern abzuwenden.
Generell bin ich der Meinung, dass Kinder ihren Eltern prinzipiell gar nichts schulden, und "Dankbarkeit" schon gleich zweimal nicht. Wer Kinder als Investition sieht, in die man Geld pumpt, damit sie vor lauter Dankbarkeit dir im Alter die Zeit vertreiben, sollte es besser beim Verhüten belassen. Ein gutes und harmonisches Verhältnis zwischen Kindern und Eltern, auch wenn diese schon "aus dem Haus" sind, ist eine schöne und erstrebenswerte Sache.
Nur kann man diese leider nicht kaufen, sondern muss sich schon anderweitig einbringen. Es ist eben nicht damit getan, dem Nachwuchs jahrzehntelang in materieller Hinsicht den Puderzucker pfundweise in den Hintern zu blasen und irgendwann genervt den Geldhahn zuzudrehen, wenn die unausgesprochene Gegenleistung in Form von "Dankbarkeit" ausbleibt. Klingt ziemlich krank für mich.
Ramones hat geschrieben:und man dankbar sein muss für das was man hat.
Wem gegenüber sollen die Kinder dankbar sein? Es ist die Pflicht der Eltern für ihre Kinder zu sorgen und ihnen einen für ihre finanziellen Verhältnisse passenden Lebensstandard zu bieten. Natürlich ist man trotzdem enttäuscht, wenn sich das erwachsene Kind nur meldet, wenn es Geld braucht.
Leider habe ich so einen Sohn, der den Kontakt zu mir abgebrochen hat. Die Gründe weiß ich nicht so genau, er ist psychisch krank. Ich hatte auch mal überlegt, in so eine Selbsthilfegruppe zu gehen. Es gibt erstaunlich viele Betroffene, die in der Öffentlichkeit nicht darüber reden. Und nicht bei allen würde ich sagen, dass sie daran Schuld sind.
Dadurch, dass man den Kindern sagt, dass sie dankbar sein müssen, könnte man vielleicht sogar einen Schuldkomplex erzeugen. Andererseits habe ich immer gesagt, dass mir keiner dankbar sein muss und trotzdem habe ich mit einem meiner Söhne das Problem, dass er mich sozusagen fallen gelassen hat.
Haben sich deine Kinder ausgesucht, ob sie auf diese Welt kommen? Nein, dass war die Entscheidung von dir und maximal vom Vater. Also für was sollen sie dankbar sein und vor allem, wie soll diese Dank denn aussehen? Willst du wirklich regelmäßig ein "Danke, Mama" hören? Kommt es denn nicht eher auf den allgemeinen Umgang in der Familie an?
Kleines Beispiel aus meiner Familie. Bevor ich den Führerschein hatte, hat sich mein Vater manche Nacht um die Ohren geschlagen, um mich von der Disco aus dem Nachbarort abzuholen. War ich mit dem Zug unterwegs und das letzte Stück fuhr aus irgendwelchen Gründen mal nichts mehr, dann holte mich mein Vater ab oder es hieß ich soll mir ein Taxi nehmen, meine Eltern zahlen das. War dann meist der Fall, wenn mein Vater arbeiten musste. Und da gibt es viele weitere Beispiele, wo mein Vater seine oftmals wenige Freizeit in Chauffeurdienste für mich investiert hat.
Irgendwann wurde mein Vater schwer krank und konnte sich nicht damit arrangieren, dass ich die Termine bei Ärzten mache und den Fahrdienst übernehme. Er durfte wegen diverser Medikamente zeitweise kein Auto mehr fahren. Die Diskussionen dazu gingen so lange, bis ich ihm direkt mal gesagt habe, dass er bei Bedarf gute 30 Jahre für mich gesprungen ist und nun eben der Zeitpunkt da ist, wo es anders herum geht. Ich war halt in der glücklichen Situation, wo ich auf seine Termine entsprechende Rücksicht nehmen und meine Termine darauf anpassen konnte.
Aber das ist dann aus meiner Sicht Dankbarkeit. Wenn man das zurück geben kann, was man selbst erfahren hat. Wenn ich dann bei anderen Familien erlebe, dass die Mutter mit knapp 90 Jahren die Einkäufe ran schleppt und der mobile Sohn einmal die Woche kommt und nur abholt, dann ist das in meinen Augen nicht akzeptabel, ist aber deren Sache.
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