Angehörige im Krankenhaus selbst versorgen?
Lascar, auch danach hat nie jemand ansatzweise gefragt. Ich habe auch nicht mit meiner Mutter oder der Schwiegeroma zusammengelebt, habe studiert und ganz woanders gewohnt. Später hatte ich dann das erste Kind, einen Vollzeitjob, Ehemann und eine Anfahrt von 70 Kilometern. Auch das war immer egal.
cooper75 hat geschrieben:Auch das war immer egal.
Ich wohne halt auch allein. Ich denke, dass es einfach nicht möglich ist, jemanden von 7 Uhr morgens bist mindestens 17 Uhr allein zuhause zu lassen, wenn diese Person voll pflegebedürftig ist. Andererseits: wenn ich kündigen müsste, dann wären wir bald in einem finanziellen Engpass, der die weitere Pflege auch fast unmöglich machen dürfte.
Lascar, es geht doch nicht um die Versorgung nach dem Krankenhaus, sondern im Krankenhaus. Da kann der Angehörige ja klingeln und ist nicht allein. Aber die Leute waschen bleibt halt meist an den Angehörigen hängen. Ansonsten bleiben die eben ungewaschen. Toilettengänge kannst du auch begleiten, wenn du da bist, das Personal geht dann direkt wieder. Und falls dein Angehöriger Essen angereicht bekommen muss, sei besser da. Ansonsten bekommst du den mit PEG-Sonde zurück und der schluckt nur nach viel Therapie wieder.
Eine Freundin, die ihren Mann pflegt, sollte für ihre Mutter komplett dableiben, weil die Frau angeblich so unkooperativ war. Anfahrt über 100 Kilometer. Wenn sie nicht bleibt, dann folge eben die Einweisung in die Psychiatrie. Die Verlegung ging schneller als die 100 Kilometer Heimfahrt. In der Psychiatrie war schnell alles wieder gut. Die Frau war in der Inneren Abteilung sediert worden und dann aber nicht mit Flüssigkeit versorgt. Da funktioniert das Hirn halt nicht mehr wirklich...
Ich bin ehrlich gesagt überrascht. Sowohl über die Frage als auch über die Erfahrungen, die Ihr diesbezüglich schon gemacht habt. Ich habe damit zum Glück bisher kaum Erfahrungen gemacht, denn es hat sich bisher einfach nicht ergeben.
Als Kind war ich zweimal im Krankenhaus, einmal mit drei Jahren und einmal mit 13 Jahren. Ich bin beide Male operiert worden und lag eine bzw. zwei Wochen im Krankenhaus. Konkret erinnern kann ich mich nur an den zweiten Krankenhausaufenthalt. Meine Mutter arbeitete halbtags fast neben dem Krankenhaus. Und sie war sehr froh, wenn mich jemand anderes mal besuchte, damit sie nicht vorbei kommen musste.
Ansonsten war sie täglich da aber nur für höchstens 30 min. Ich müsste das verstehen, sie wolle nach Hause blablabla. Zu essen hat sie nie etwas mitgebracht außer vielleicht ein ganz paar wenige Süßigkeiten. Mein Vater war fast nie da, auch nicht am Wochenende. Er mochte eben keine Krankenhäuser.
Auch noch vor der Operation, als nicht klar war, ob und wenn ja wie ich überlebe, war sie nicht länger da. Auch nicht, als ich fast eine Woche auf der Intensivstation lag nach der OP. Insofern kenne ich es gar nicht, dass sich irgendwie noch um jemanden gekümmert wird, wenn der im Krankenhaus liegt. Ich bin eher damit aufgewachsen, dass man das ja nicht müsse, weil sich dort schon gekümmert wird.
Meine nächsten Verwandten sind nur noch meine Mutter und mein Bruder. Und bei beiden bin ich wirklich sehr froh, dass sie ca. 600 km weit weg wohnen und ganz bestimmt nicht wollen, dass ich auch nur weiß, wenn sie im Krankenhaus sind. Beide würde ich nicht pflegen wollen.
Dabei habe ich kein Problem, jemanden zu pflegen. Aber ich würde die Person immer vorher selbst fragen, wie sie es gern hätte. Manchen werden lieber von Fremden gepflegt, die es beruflich machen, manche lieber von Angehörigen. Wenn ich es irgendwie einrichten könnte, würde ich etwa meinen Freund im Krankenhaus rund um die Uhr pflegen und für ihn da sein. Meiner einen Oma habe ich damals auch bei der Körperpflege geholfen, als ihre Pflegerin in Urlaub war und sie keine Vertretung haben wollte. Diese Oma hätte ich auch im Krankenhaus gepflegt, wenn es sich ergeben hätte. Leider ist sie schon viel zu früh gestorben.
Wenn es nur ums Essen geht, würde ich diese Hilfeleistung nicht einmal nur auf Verwandte und meinen Freund beschränken. Selbst für einen guten Freund bzw. Freundin haben wir schon schmackhafteres Essen besorgt und einem älteren Nachbarn, der nach einer OP in Kurzzeitpflege war, haben wir sogar sein Lieblingsgetränk vorbeigebracht zusammen mit seinem Lieblingsaufschnitt.
cooper75 hat geschrieben:Lascar, es geht doch nicht um die Versorgung nach dem Krankenhaus, sondern im Krankenhaus. Da kann der Angehörige ja klingeln und ist nicht allein. Aber die Leute waschen bleibt halt meist an den Angehörigen hängen. Ansonsten bleiben die eben ungewaschen.
Das ist aber zum Glück nicht wirklich überall so. Natürlich hilft es wenn die Angehörigen wirklich etwas tun können und einige zeitaufwendige Arbeiten übernehmen wie Füttern und Körperpflege. Aber das da auf Dauer Patienten nicht gewaschen werden, wenn keine Angehörigen kommen habe ich zum Glück noch in keinem meiner Krankenhäuser erlebt.
Auch das einfach so ein PEG gelegt wird, nur weil jemand zu lange zum Essen braucht beim Füttern habe ich noch nicht erlebt. Wohl aber die Fälle, wo man das getan hat, weil einfach nicht gegessen wurde. Aber natürlich will ich jetzt nicht so tun als wäre hier alles rosarot.
Natürlich habe ich genug Fälle erlebt, wo man sich schon die Frage stellen musste, ob man nicht jemanden in die Gerontopsychiatrie einweisen muss, weil einfach auf Grund der fehlenden Bezugspersonen keine vernünftige Pflege möglich gewesen wäre und es für die Patienten dann ein Segen war, wenn da regelmäßig jemand vorbei kommen konnte. Und oftmals habe ich selber mit Angehörigen darüber gesprochen ob wir nicht doch lieber die Dauer des Krankenhausaufenthaltes so kurz wie nur irgendwie möglich halten können, damit die Patienten nicht in ein Delir kommen.
Aber so wie du es schilderst. Das da den Angehörigen die Pistole auf die Brust gesetzt wird, das passiert hier bei uns nicht. Wohl aber, dass wir durchaus sehr klar und direkt mit den Angehörigen sprechen und eben auch oftmals schon dazu raten lieber Patienten in eine Pflegeeinrichtung zu entlassen, weil es für die Angehörigen zu viel Arbeit wäre, die man qualitativ nicht gut leisten kann, weil man eben entweder weit weg wohnt, arbeitet oder selber in der eigenen Familie zu eingespannt ist. Das finde ich auch nicht verwerflich und alle mal besser als es so zu machen, wie es bei dir offenbar getan wird. Denn damit wird man sicher genug Angehörige überfordern.
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