Welches Wissen habt ihr euch durch Romane angeeignet?
Romane nimmt man in der Regel nicht zur Hand, um etwas zu lernen, wenn man von fremdsprachigen Romanen absieht, mit denen man seine Sprachen etwas aufpolieren kann. Man greift dann zu Romanen, wenn man abschalten, in eine andere Welt abtauchen oder sich die Zeit vertreiben will. Trotzdem kann es natürlich gut sein, dass man dadurch lernt, wenn auch unbewusst oder unbeabsichtigt.
Ich lese sehr gerne historische Romane und wenn diese auf wahren Begebenheiten beruhen und gut recherchiert sind, kann man dadurch natürlich sehr viel mitnehmen. Allerdings kann man ja aus fast allen Büchern etwas mitnehmen, auch wenn es nur irgendwelche Erkenntnisse sind. Welches Wissen habt ihr euch durch Romane angeeignet?
Als „neu angeeignetes Wissen“ würde ich das nun nicht bezeichnen, aber ich habe meine Englischkenntnisse durch das Lesen von Romanen englischsprachiger Autoren mit Sicherheit deutlich über das Schulniveau hinaus verbessert und zudem auch einen Einblick in die tatsächlich gebräuchliche Alltagssprache mit ihren Redewendungen und Spezialausdrücken erhalten, den ich in einem Lehrbuch so nicht bekommen hätte.
Ansonsten fällt mir spontan noch ein, dass ich durch das Werk „Die Säulen der Erde“ ein paar ganz passable Kenntnisse über den Aufbau einer Kathedrale und die Architektur generell erlangt habe. Die ersten Kapitel des Buches beschäftigen sich ja sehr detailliert mit diesem Thema und es wurden so viele Fachausdrücke auf so wenig Seiten durcheinander geworfen, dass ich irgendwann völlig entnervt ein Bildwörterbuch zur Hand genommen und die einzelnen Bauteile und Abschnitte Stück für Stück herausgesucht und mir eingeprägt habe, da ich ansonsten nur Bahnhof verstanden hätte. Dadurch kann ich bis heute beim Sightseeing mit Insiderwissen glänzen und so manch einen Begleiter überraschen.
Hängengeblieben ist bei den vielen, vielen Büchern, die ich schon gelesen habe, natürlich einiges. Vokabeln, die Bezeichnungen für die einzelnen Teile der Rüstung eines Schlachtrosses, historische Brocken und so weiter. Und natürlich ist höchst wahrscheinlich nicht alles Bullshit, was die diversen Verfasser so verfasst haben. Aber ich bin, wenn ich so darüber nachdenke, extrem vorsichtig damit, aus der Sorte Belletristik, die ich mir so reinziehe, tatsächlich Faktenwissen ableiten zu wollen.
Ich lese zu meiner Unterhaltung gerne Fantasy und pseudo-historische Schinken, die vor dem Hintergrund vermeintlich "farbenprächtigerer" Epochen die üblichen Abenteuer erzählen, von Liebe und Tod, Triumph und Tragik, Sieg und Niederlagen. Ich habe nie behauptet, besonders guten Literaturgeschmack zu haben.
Und deshalb verlasse ich mich im Regelfall eigentlich nicht darauf, dass irgendein Schreiberling wirklich auf wissenschaftlichem Niveau recherchiert und die Ergebnisse eins zu eins in sein Machwerk übertragen hat. Das ist ja weder die Idee noch die Aufgabe von Unterhaltungsliteratur, die Basis mag auf der Realität beruhen, aber zum größten Teil ist die Fantasie aller Beteiligten gefragt.
Mir geht es also beim Lesen weniger um Faktenwissen bzw. ist mir auch oft völlig egal, ob die historischen, biologischen oder von mir aus architektonischen Tatsachen stimmen, solange die Geschichte in sich stimmig ist und nicht durch endlose Exkurse in die Länge gezogen wird, weil die Verfasserin unbedingt beweisen will, dass sie über die Rosenkriege ihre Bachelorarbeit verfasst hat. Mir sind die literarischen Gesichtspunkte erheblich wichtiger als die Frage, ob es das Kraut zu der Zeit in dem Land überhaupt gegeben hat oder ähnliches.
Also ich habe gelernt, wie man auf dem Mars Kartoffeln anbaut, einen Warp Antrieb repariert, was bei Bauvorhaben auf dem Mond zu beachten ist und wie man am besten Verbrecher in der Schwerelosigkeit jagt.
Wahrscheinlich steckt in fast jedem Roman irgendeine Information, die ich vorher noch nicht kannte. Aber ich finde es ziemlich hochtrabend da von "Wissen aneignen" zu sprechen wenn man nach einem Krimi, der im Frankfurter Drogenmilieu spielt, nun weiß, wo sich dort die Drogenszene trifft und wie die Straßen um den Hauptbahnhof herum heißen.
Und generell bin ich eh arg vorsichtig bei allem "Wissen", das essentiell für die Geschichte ist. Ja, es gibt sehr gut recherchierte historische Romane und Science Fiction Autoren, die regelmäßig mit Wissenschaftlern im Austausch stehen weil sie so realistisch wie möglich schreiben wollen. Aber letztendlich muss halt eine gute Geschichte dabei heraus kommen. Nicht umsonst "beruhen" deine Bücher nur auf wahren Begebenheiten und sind keine Geschichtsbücher.
Ich sehe das ähnlich wie Cloudy24. Ich hab mir ehrlich gesagt auch noch nie Gedanken darüber gemacht welches neue Wissen ich mir über die Erzählungen aus Romanen aneignen könnte. Romane dienen für mich in der Regel zur Unterhaltung. Ich habe unter anderem auch schon zahlreiche historische Romane von Ken Follet und Rebecca Gablé gelesen,. Ich könnte jetzt aber mit Sicherheit nicht mehr mit dem Fachwissen des Kathedralenbaus glänzen.
Romane haben mich lediglich hin und wieder zum Nachdenken gebracht. Ich habe zum Beispiel mal einen Roman über eine Food-Bloggerin gelesen die ihr ganzes Leben nur noch auf diese "Berufung" konzentriert hat und dann plötzlich ihren Geschmackssinn verloren hat. Sie hatte plötzlich nichts mehr, weder ihren Beruf noch ihre vorher vernachlässigte Familie & Freunde, noch eine Beziehung. Auch ihr ganzes erspartes Geld hatte sie da rein gesteckt und plötzlich stand sie mit leeren Händen da. Letztendlich hat ihr jemand geholfen den sie während ihres Jobs völlig niedergemacht hatte.
Ein weiterer Roman handelte von unserer Welt in 30 Jahren. Die ganze Gesellschaft hatte sich extrem verändert. Viele dieser Beschreibungen im Roman schienen realistisch und es gab auch einen Bezug zur Vergangenheit. Da hab ich mir schon überlegt wie man da heutzutage schon entgegenwirken hätte können um so eine Welt in 30 Jahren nicht tatsächlich entstehen zu lassen.
Wenn ich mir allerdings spezielles Wissen aneignen möchte, dann besorge ich mir Fachbücher und lese die dann auch mit einer ganz anderen Intention und Konzentration.
Ich habe mir schon sehr viel Wissen so nebenher und ohne vorherige Absicht durch das Lesen von Romanen angeeignet. Zur Zeit lese ich eine Romanserie, die in Russland ungefähr im Jahr 1880 bis 1905 spielt. Ich kenne jetzt schon grob einige Stadtteile von Moskau und die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in dieser Zeit. Beim weiteren Recherchieren bin ich auf einen Journalisten gestoßen, der sich ungefähr zu dieser Zeit oder etwas später dort unter den Bettlern aufgehalten hat und auch Fotos gemacht hat. So konnte ich mir die Szenen besser vorstellen und die Beschreibungen in dem Buch als realistisch einstufen, obwohl das für die Handlung nicht so ganz gilt.
Da der Protagonist sich auch in Japan aufhielt, habe ich auch eine ganze Menge über die Zeit und die Gesellschaft in Yokohama gelernt und im Internet weiter recherchiert. Ich lerne fast aus allen Büchern etwas, vor allen Dingen natürlich, wenn sie in anderen Zeiten und in anderen Ländern spielen. Ich mag sehr gerne historische Romane und schaue immer nach, was den Tatsachen entspricht und was nicht. Manchmal gab es die Personen wirklich, aber es wurde noch eine Liebesgeschichte drum herum gebastelt. Das finde ich aber nicht schlimm.
Och, mit Desiree, An die Laterne und die Rosen von Malmaison kommt man zumindest hervorragend durch den Geschichtsunterricht zur französischen Revolution auf dem Gymnasium. Natürlich ist da viel Fantasie bei, aber mit den Eckdaten und den grundsätzlichen Verhältnissen ist man dann schon recht vertraut.
Cronin vermittelt mit Romanen wie der Zitadelle ganz gut die Verhältnisse der britischen Bergarbeiter und der medizinischen Versorgung der damaligen Zeit. Auch Der Doktor und das liebe Vieh ist , was die medizinischen Möglichkeiten und die Sorgen der Landwirte angeht, nicht vollkommen aus der Luft gegriffen. Aber die beiden Autoren waren auch vom jeweiligen Fach.
Forester hat mein Verständnis von großen Segelschiffen und der Kriegsführung auf See erheblich verbessert. Seine elf Romane mit Hornblower waren da schrittweise erhellend, weil der Protagonist ja auch keinen blassen Schimmer von der Seefahrt hatte.
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