Lehrermangel eine Folge von Unterbezahlung?
Wir hatten innerhalb der Familie eine Diskussion wegen des Lehrermangels an den Schulen und meine Schwägerin meinte dazu, es sei doch kein Wunder, dass niemand mehr Lehrer werden möchte, weil diese so schlecht bezahlt würden. Dieses Argument konnte ich nicht ganz nachvollziehen, denn, auch wenn ich die genauen Verdienstmöglichkeiten nicht kenne, aber so schlecht werden Lehrer doch bestimmt nicht bezahlt. Kennt ihr da nähere Verdienste und Besoldungsgruppen und würdet ihr da auch von einer Unterbezahlung sprechen?
Ich kann aus eigener Erfahrung im Bekanntenkreis sagen, dass das nicht ganz so einfach ist mit der Bezahlung. Oder besser gesagt, das Problem ist nicht, dass man zu wenig verdient wenn man Arbeit hat sondern was für eine Art von Vertrag man bekommt.
Eine Bekannte arbeitet jetzt an einer Berufsschule weil sie vorher an einer Haupt- und Realschule mehrmals hintereinander nur einen Vertrag für ein Schuljahr bekommen hatte. Das klingt jetzt erst mal nicht dramatisch, aber es hat bedeutet, dass sie nie ein Jahr durchgehend gearbeitet hat, weil sie ja immer vor den Sommerferien entlassen wurde und nach den Sommerferien wieder angestellt wurde.
Anspruch auf Arbeitslosengeld fällt dann direkt mal weg und statt Sommerurlaub ist dann erst mal Jobcenter und der ganze Spaß angesagt. Da hat niemand Lust drauf das jeden Sommer mitzumachen, zumal man vielleicht auch mal gerne in einer Situation wäre, in der man durchgängig ein Gehalt bezieht weil man gewisse Verpflichtungen eingehen möchte wie einen Hauskauf.
Bei meiner Bekannten war es jedenfalls so, dass sie sich mal wieder arbeitslos melden wollte und einen Aushilfsjob an einer Berufsschule angeboten bekommen hat. Und die haben ihr dann relativ schnell einen ordentlichen Arbeitsvertrag angeboten. Soweit ich weiß hat sie da tatsächlich erst mal etwas weniger verdient, aber Geld ist ja nicht alles. Es hat auch etwas mit Wertschätzung der Arbeit zu tun wenn man vernünftige Vertragsbedingungen geboten bekommt.
Eine Bekannte von mir ist auch Lehrerin. Der Job hat sie ziemlich krank gemacht. Als sie vor kurzem daher ging und für die Schüler einen Text kopierte, wurde sie vom Rektor erwischt. Ein Schüler hatte sich beschwert- die Schrift wäre zu klein.
Darauf entbrannte ein Streit- die Gute sah es nicht ein, mehr Papier für eine größere Schrift zu benutzen, weil sie es dann selbst hätte bezahlen müssen. An ihrer Schule gibt es eben eine bestimmte Menge Material- und darüber nichts mehr. Ist seit Wochen krank geschrieben. Ob sie den Beruf überhaupt noch ausüben kann, ist fraglich.
Ich denke, dass es mit der Bezahlung bei ihr auch nicht so toll war. Aber ich denke, die Verhältnisse an den Schulen sind auch nicht mehr so toll, weil der Leistungsdruck immer größer wird und das auf Seiten der Lehrer wie auf Seiten der Schüler immer mehr spürbar.
Das ist mittlerweile meiner Meinung nach zu einem Beruf geworden, den man macht, weil man ihn liebt. Ansonsten sind die Anreize verschwindend gering so einem Beruf nachzugehen und es ist auch deutlich die letzten Jahrzehnte schlimmer geworden. Heute bekommt man wegen jedem Mist eine Anzeige, wird gemeldet was auch immer. Die Autorität eines Lehrers ist doch gar nicht mehr dieselbe und das merken die Schüler ja selber, wenn sie in den Klassen sitzen.
Ich denke für diesen Beruf muss man geschaffen sein, auch weil nicht immer alles so sicher ist, ob man langfristig wo arbeiten kann und vor allem aber auch wegen diesen ganzen Eltern und Schülern, die sich ständig beschweren, einen ständig fertigmachen, denn leider ist das auch Alltag in Schulen.
Ich kenne einige Lehrer, aber die sind garantiert nicht unterbezahlt. Sie geben gerne mit ihrem recht "dicken" Gehalt an und prahlen dann noch damit herum, dass sie eh jedes Jahr den gleichen Stoff anbieten und abarbeiten. Ich weiß nicht, ob das bei jedem Lehrer so ist, aber ich finde dies schon recht arrogant und verstehe nicht, warum diese Herrschaften den Job dann machen.
Aber ich kenne auch die andere Seite. Langes und unbezahltes Referendariat, Überstunden en masse und die ständige Angst entlassen zu werden, so sah einige Zeit lang der Alltag einer Freundin aus, die Englisch und Religion unterrichtet. Dann kamen bei ihr noch die wunderbaren Eltern hinzu, teilweise Terror per E-Mail oder Erpressungen am Elternabend was auch bis vor Gericht ging. Aber sie sagte nie, dass sie unterbezahlt wäre, sie meinte nur, dass der Druck teilweise enorm hoch gewesen ist und sie froh ist, nun eine ruhigere Stelle gefunden zu haben.
Teilweise stellen die Länder aber auch kaum mehr Lehrer ein. Das bedeutet, junge Lehrer müssen lange Fahrzeiten in Kauf nehmen, in ein anderes Bundesland ziehen, obwohl sie ihren Lebensmittelpunkt doch woanders haben und müssen teilweise hohe Kosten in Kauf nehmen. Aber ob der Lehrermangel nun direkt an Unterbezahlung liegt, weiß ich nicht. Man muss ja nicht mal altruistisch veranlagt sein, um den Job zu machen.
Ich stelle mir vor, dass Grundschullehrer echt unterbezahlt sind, aber bei so manchem Realschullehrer oder Gymnasiallehrer frage ich mich echt, ob das Problem nicht am Menschen selbst liegt. Trotzdem denke ich, dass der Stress, der Druck und der Umgang mit komischen Menschen eher ein Grund für einen Lehrermangel ist. Dazu kommen halt noch Überstunden, Druck von seitens des Arbeitgebers, ständige Verfügbarkeit, Nebentätigkeiten für lau während der Freizeit, lange Fahrtzeiten und weitere Faktoren, die den Beruf teilweise schwierig machen.
Es gibt da Riesenunterschiede zwischen Lehrern, die neu anfangen und sich viel Mühe geben und dauernd das Kultusministerium im Nacken haben und Lehrern, die schon lange dabei sind und nur wegen ihrer Berufsjahre und nicht wegen ihres Engagements Studiendirektor sind. Als Gymnasiallehrer verdient man nach einigen Jahren recht gut. Ich habe einige in der Verwandtschaft, vor allen Dingen bekommen sie eine gute Pension.
Als Lehrer kann man sich sehr unterschiedlich engagieren, dementsprechend hat man eher viel oder fast gar keine Freizeit. Der Lehrer von meinem Nachhilfeschüler gab seinen Schülern beispielsweise während der Schulschließungszeiten nur Seitenzahlen aus dem Buch an und entsprechende Aufgaben, die er noch nicht einmal individuell korrigierte. Andere machen Zoomsitzungen, auch im Einzelunterricht, drehen Videos und kümmern sich um jeden einzelnen Schüler. Das ist natürlich sehr viel Arbeit.
In meinen Augen können sich verbeamtete Gymnasiallehrer, die schon länger dabei sind, über ihren Verdienst nicht beschweren, vor allen Dingen, weil ja netto mehr dabei herausspringt als bei Angestellten und weil man ja auch die höhere Pension berücksichtigen muss. Ein junger Lehrer hat natürlich viel mehr Stress und weniger Freizeit. Man kann also die verschiedenen Lehrer gar nicht so vergleichen.
Ich glaube nicht, dass man wegen Unterbezahlung kein Lehrer wird. Unterbezahlt sind sie in meinen Augen nicht, wenn man sie mit anderen Akademikern vergleicht. Es kommt auch auf den Familienstand, das Bundesland und die Stadt an. Es gibt ja Familienzuschläge, Kinderzuschläge und Ortszuschläge, die viel ausmachen und die es in der freien Wirtschaft nicht gibt.
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