Sich schämen fertige Kuchen und Torten zu kaufen?
Meine Bekannte ist auf Feierlichkeiten dafür bekannt, dass sie alle Torten und Kuchen selber backt. Die gibt sich wirklich sehr viel Mühe, auch wenn gar nichts erwünscht ist. Sie backt und dekoriert Torten einfach gerne, weil sie das durch die Mama in die Wiege gelegt bekommen hat.
Wenn sie jedoch zu Hause ist, hört der Backspaß nicht auf. Letztens waren wir aber im Supermarkt und sie meinte, sie hat ganz vergessen den Kuchen für ihren Freund zu backen. Auf mein „kauf doch einen“ war sie total erschrocken und sagte, dass sie sich dafür schämen würde, weil alle was anderes erwarten und sie von sich selbst ebenfalls.
Ich fand das schon arg übertrieben, dass sie sich selbst so unter Druck setzt, weil es sich herumgesprochen hat, dass bei ihr jeder Kuchen und jede Torte frisch ist. Sie schämt sich jetzt durch den sich selbst geschürten Druck und die Erwartungshaltung von außen, wenn sie einen Kuchen kaufen müsste. Deswegen hat sie lieber weniger geschlafen und ihrem Freund eine Marzipan-Torte zubereitet.
Könnt Ihr verstehen, wieso man sich dann schämt, wenn man etwas kaufen sollte, was man sonst selber backen würde? Seid Ihr da vielleicht auch so empfindlich und würdet Euch schämen oder wäre es Euch durch Zeitdruck und Vergessen auch egal?
Einen wirklich plausiblen Grund für das Schamgefühl gibt es natürlich nicht, und ich selber wäre auch definitiv die letzte Person, die vorwürflich oder abfällig reagieren würde, wenn jemand anders aus Zeitnot oder aus Mangel an Motivation zum Backen einen gekauften Kuchen zu einem Anlass mitbringt. Man kann schließlich nicht von jedem erwarten, dass er sich stundenlang in die Küche stellt, um eine mehrstöckige Sahnetorte mit aufwändiger Deko zu backen, und selbst eine gekaufte Torte ist immer noch mit einem gewissen Kosten- und Zeitaufwand verbunden, den man als Beschenkter würdigen sollte.
Nichtsdestotrotz glaube ich, die ich auch eine Hobby-Bäckerin und noch dazu sehr ambitioniert bei Geschenken für andere bin, dass ich mich in dieser Situation heimlich, still und leise ganz genauso fühlen und mich auch schämen würde. Wahrscheinlich würde ich eher noch die halbe Nacht durchbacken und doch noch etwas Selbstgemachtes mitbringen, als einen Kuchen zu kaufen. Damit bin ich nun kein gutes Beispiel für das, was ich zuvor geschrieben habe, aber ich glaube, dass das einfach mit den Ansprüchen zusammenhängt, die man an sich selber stellt. Diese sind bei mir immer deutlich höher als das, was andere von mir erwarten, und deshalb habe ich auch schnell ein schlechtes Gewissen, obwohl andere das vielleicht nicht nachvollziehen können.
Ich bin eine Frau und kann nicht backen. Es ist tatsächlich so, dass ich wirklich nur Marmor- und maximal einen Käsekuchen hinbekommen würde. Daher schäme ich mich nicht wirklich, wenn ich einen fertigen Kuchen oder eine fertige Torte mit zu einer Feier nehme. Auch an Geburtstagen taue ich lieber eine Marzipantorte einer bekannten Firma auf, weil ich weiß, dass ich sie nie so lecker hinbekäme.
Wäre ich passionierte Hobbybäckerin, dann wäre es schon etwas Anderes. Wenn ich herzhafte Speisen zu einer Feier versprochen habe, dann schlage ich mir auch mal die Nächte um die Ohren. Daher kann ich es schon verstehen. Ich würde niemals mit gekauften Frikadellen, Blätterteigtaschen oder Salaten irgendwo auftauchen. Dann schlafe ich lieber weniger und bereite alles frisch zu. Also habe ich ein ähnliches Empfinden dazu wie die genannte Dame und ich finde es nicht schlimm.
Ich denke, das kommt auch ein wenig individuell auf den Besuch an, dem ein Kuchen kredenzt werden soll. Sind es Gäste, die zum ersten Mal kommen, dann würde ich selbst mit eher geringem Backtalent versuchen, etwas Selbstkreiertes zu präsentieren. Es gibt so viele gute Koch- und Backkanäle auf Videoplattformen, dass man hier auch als Wenigbacker gute Vorlagen finden kann.
Sind es dagegen alte Freunde oder die Familie, die schon wissen, dass man durchaus auch in der Lage ist einen Kuchen zu backen, dann spricht doch nichts gegen eine gekaufte Torte. Das Verständnis für das Zeitmanagement sollte hier dann kein Thema sein.
Geschmacklich habe ich die Erfahrung gemacht, dass Gäste am wenigsten "geschockt" sind, wenn man einen gekauften (am besten Tiefkühlware) Käsekuchen einer bekannten und renomierten "Tiefkühl-Bäckerei" serviert - vielleicht, weil hier der Gekaufte nicht viel anders aussieht, als der Selbstgebackene. Zur Not die Reaktionen der Gäste beobachten, wenn gleichzeitig beides angeboten wird.
Allgemein finde ich nicht, dass man sich schämen muss, wenn man einen fertigen Kuchen oder eine Torte kauft und diese nicht selber macht. Aber bei deiner Bekannten ist es einfach so, dass sie sich selber so unter Druck setzt, weil sie eben dafür bekannt ist, dass sie gut und gerne backt. Und dass dann für alle Welt gebacken wird, aber der Freund vergessen wird, das kann ich dann schon verstehen, dass es ihr unangenehm war.
Und so kann ich es auch verstehen, dass sie vermutlich auch die Reaktion ihres Freundes gefürchtet hat, wenn ausgerechnet er eine gekaufte Torte bekommt. Darum verstehe ich es in der Situation schon, dass sie sich geschämt hätte, wenn sie eine fertige Torte gekauft hätte. Aber verallgemeinern würde ich es nicht und wenn jemand nicht gut backen kann oder das auch einfach nicht gerne macht, dann ist es doch eine gute Option, eine Torte oder einen Kuchen zu kaufen.
Nachvollziehbar ist das natürlich nicht, aber so ist es nun mal. Es ist nicht immer alles erklärbar. Bei mir wäre das aber sicherlich auch so, da ich auch sehr gerne backe und durchaus auch eigene gebackene Sachen bevorzuge. Ich selber kann einen solchen Tag auch mal mit einer Fertigtorte verbringen, aber ich backe gerne für meine Lieben, da ich gerne die Freude in den Augen sehe. Immerhin weiß das Umfeld ja auch, dass man sich damit Mühe gegeben hat und Zeit investiert hat.
Gerade einem Freund gegenüber muss das doch nicht unangenehm sein, abgesehen davon, dass mir das fast nie unangenehm wäre. Ich bin selbst keine begeisterte Kuchenbäckerin. Nur wenn wir früher meine Schwiegereltern besuchen gingen, erwarteten sie einen selbst gebackenen Käsekuchen. Das hatte sich irgendwie so eingebürgert. Das wäre mir auch tatsächlich peinlich gewesen, wenn ich einen hätte kaufen müssen. Ich hätte mir eine Ausrede einfallen lassen müssen. Den Käsekuchen hätte ich dann aber nicht in einem Supermarkt gekauft, sondern ein paar Bäcker abgeklappert, von denen es hier eine gute Auswahl gibt.
Ansonsten bekommen meine Besucher auch durchaus fertigen Kuchen aus der Tiefkühltruhe, etwa einen von Coppenrath und Wiese. Für spezielle, anspruchsvollere Gäste kaufe ich auch schon mal verschiedene Tortenstücke aus der Bäckerei. Das ist zwar teuer, aber ich kann mich mit einem selbstgemachten misslungenen Kuchen nicht blamieren.
Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der Kuchen und Torten nie eine große Rolle gespielt haben. Mein Vater mochte sowieso weder Kuchen noch Torten, und auch meine Mutter und ich aßen nur hin und wieder ein Stück. Da war es naheliegend, bei Bedarf zum Konditor zu gehen und sich ein paar Stücke zu holen. Bis heute ist es für mich üblich, Tortenstücke beim Konditor zu besorgen, auch wenn es mal um eine gemeinsame Kaffeerunde geht. Auf die Idee, mich dafür zu schämen, wäre ich bisher nicht gekommen.
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