Nach welchen Hauptkriterien wählt ihr im September?
Ich wähle dieses Jahr mal wieder SPD. Ich habe in meinem vergangenen Leben aber schon fast alle Parteien gewählt. Dieses Jahr habe ich kein Kriterium, das ich besonders stark gewichte. Die Grünen sind in meinen Augen stark genug. Mein Gesamteindruck von den Grünen ist der, dass ich nicht möchte, dass sie alles alleine bestimmen können. Dafür kenne ich zu viele gut situierte urbane Grünenwähler, auch Grünenmitglieder in meiner eigenen Verwandtschaft, die keine Ahnung von bestimmten Problemen auf dem Land haben oder von Geldproblemen.
Es spielen neben rationalen Gründen natürlich auch subjektive Sympathien eine Rolle, die ich nicht ganz verleugnen kann. Ich finde, dass die SPD viele Leute hat, die ich für sehr kompetent, erfahren und uneigennützig halte. Als erstes fällt mir da Hubertus Heil ein. Aber auch Tschentscher und Schwesig finde ich gut. Die anderen Parteien überzeugen mich vom Personal her nicht so. Ich war mal FDP-Wähler, aber mit Kubicki und Lindner ist das, abgesehen vom Programm, für mich keine Wahl mehr.
Was wählt ihr? Wenn ihr das nicht sagen wollt, was sind die Hauptkriterien für eure Wahl? Ist euch das Soziale wichtig, die Umwelt, globale Verstrickungen, Flüchtlinge, die Wirtschaft, die Familienpolitik oder vielleicht die Einbeziehung der Jugend? Gibt es einen Schwerpunkt, der eure Entscheidung beeinflusst? Denkt ihr bei der Wahl vielleicht auch an euren persönlichen Vorteil? Wollt ihr zum Beispiel ein Lastenfahrrad kaufen oder euer Haus sanieren und erhofft euch von den Grünen die meisten Zuschüsse?
Es ist gar nicht so leicht, nach bestimmten Kriterien zu wählen. Denn man muss wirklich versuchen, rational zu wählen ohne, dass man seine Meinung mit einfließen lässt, die sicherlich nicht immer politisch mit einer Partei allein konform geht. Ich habe zum Beispiel beim Thema Abschiebungen gewisse Kriterien, die ich begrüßen würde, aber das spricht nicht dafür, dass ich gleich auf die AFD zugehen sollte.
Doch rational wählen ist auch nicht immer leicht, wenn viele Menschen im Umfeld von niedrigen „Pisslöhnen“ betroffen sind, weil sie im Krankenhaus als Krankenschwester Tag und Nacht arbeiten müssen, aber der Polizist mit Beamtenstatus ein finanziell leichteres Leben führt. Die Unterschiede könnten manchmal nicht deutlicher sein, woran sich auch eine Wahl letzten Endes bemessen lässt.
Ich habe bei meinen Kreuzchen vor allem darauf geachtet, dass ich überhaupt wählen gehe, um den Stimmenverlust nicht zu stärken. Ich habe natürlich darauf geachtet, dass ich vor allem nicht der CDU und CSU meine Stimmen gebe, das war mir persönlich sehr wichtig. Erschreckenderweise waren zum ersten Mal bei uns in der Stadt mehr als die Hälfte auch wählen, was schon krass ist.
Rational wählen ist denke ich per se kaum möglich. Man hat immer etwas, was einen mehr bedrückt und interessiert, sodass man sich zum Parteiprogramm gewisser Menschen hingezogen fühlt. Man muss aber versuchen genau das auch im Hinblick für ein friedliches sowie gesellschaftliches Zusammenleben etwas rationaler zu betrachten. Das habe ich versucht, vielleicht ist es mir daher gelungen.
Das Kreuzchen an der richtigen Stellen zu machen, ist manchmal gar nicht so einfach und deswegen wähle ich auch manchmal eine Partei nur um diese zu stärken und dadurch andere möglichst zu schwächen. Ob das gelingt, das ist natürlich sehr fraglich, aber manchmal kann ich mich einfach nicht so recht entscheiden. Hauptkriterien sind für mich natürlich soziale Kompetenz und Authentizität, aber welcher Partei kann man das heutzutage noch zuschreiben?
Eigentlich war ich mein ganzes Leben Stammwähler einer bestimmten Partei. Aber ich konnte mich einfach nicht mehr überwinden, die auch dieses Mal zu wählen, denn wenn ich mir so ansehe, was die in der Vergangenheit mit unserem Land gemacht haben, wie sie immer das eine versprochen und dann entweder das andere oder einfach gar nichts getan haben, dann kann ich sie dafür nicht mit meinem Kreuzchen "belohnen" und ihnen damit im Endeffekt sagen: "War toll so! Macht es die nächsten vier Jahre doch bitte noch mal so!"
Ich kann mich mit dem, wofür diese Partei steht und was sie wollen oder eben nicht, auch nicht mehr identifizieren. Insofern musste ich mich nach einer anderen Partei umsehen, die mein Kreuz bekommen sollte. Und ich fand es immens schwer! Eine Woche vor der Wahl war ich mir immer noch nicht sicher, obwohl ich schon mehrere Monate vorher angefangen hatte, mir Gedanken zu machen.
Im Endeffekt war diese Wahl für mich ein auswählen zwischen Not und Elend. Eine Partei war schlimmer als die andere. Am liebsten hätte ich gar keine gewählt, aber nicht zur Wahl gehen oder meinen Stimmzettel ungültig machen, kommt für mich auch nicht in Frage, auch schon wegen der AfD nicht, die dann prozentual besser abschneiden würde, wenn weniger Leute andere Parteien wählen.
Ich hatte dann ca. drei Monate vor der Wahl zwei Parteien in meiner Endauswahl. Beide Parteien mussten noch eine neue Spitze wählen. Diese gefiel mir bei der einen Partei, bei der ich ohnehin mehr zweifelte als bei der anderen, überhaupt nicht. Und damit stand meine Wahl letztendlich fest.
Hauptkriterien waren für mich ein bisschen die generelle Richtung, für die die Partei steht. Von wirklichen Programmen kann man ja nicht mehr sprechen, da letztendlich kaum ein Programm vorhanden war bzw. bei allen mehr oder weniger dasselbe. Und dann war es das Verhalten innerhalb der Partei, denn ich bin der Ansicht, dass das Verhalten der Spitzenleute innerhalb der Partei auch ein bisschen widerspiegelt, wie sie sich in der Regierung benehmen würden und welche Skandale man da zu erwarten hat.
Zu einem Teil waren es auch die Personen, die in der Spitze der Partei das sagen haben. Einen Armin Laschet konnte und wollte ich einfach nicht als Kanzler haben, denn seine ganze Art gefällt mir einfach nicht und geht mir gehörig gegen den Strich. Und welche Figur macht der denn etwa bei einem Treffen mit Putin? Kriegt er da auch einen Lachanfall wie bei Steinmeiers Rede im Hochwassergebiet?
Und wenn man sich so ansieht, was ein Olaf Scholz in der Vergangenheit so verbockt hat und woran er sich absolut nicht mehr erinnern konnte, wenn er gefragt wurde, lassen mich zweifeln, dass er jemand ist, der "für" sein Land arbeiten will. Ich hab eher den Eindruck, dass er da lieber für sich und seine Leute arbeitet und dafür auch mal Gesetze ignoriert.
Und auch die Kindereien, die die verschiedenen Parteien uns gezeigt haben, als es um die Frage nach dem Vorsitz ging oder wer Kanzlerkandidat wird, haben einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Ich konnte mir da gut ausmalen, wie dieselben Personen sich benehmen würden, wenn es bei einer EU-Ratsversammlung um etwas wirklich Wichtiges geht! Und da sind Parteispitzen mit der Reife eines Kindergartenkindes nun einmal fehl am Platz, wenn es etwa darum geht einen Victor Orban in die Schranken zu weisen, ohne gleich einen Krieg vom Zaun zu brechen.
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