Immer wieder in den Geburtsort zurückziehen?
Ich habe mich neulich mit ein paar Menschen aus meiner Vergangenheit unterhalten. Man hat sich zufällig getroffen und da kam man dann ins Gespräch. Ein paar davon berichteten mir, dass sie nun ein paar Jahre woanders gelebt haben, da auch oft umgezogen sind, aber sie es nun wieder zum Geburtsort zurückgezogen hat. Das ist nun kein sonderlich großer Ort, aber hat durchaus landschaftlich etwas zu bieten. Ich kann das also schon irgendwie auch nachvollziehen. Wie ist das bei euch? Kennt ihr das auch, vielleicht auch von euch selber und warum ist das so?
Bei mir ist das nicht so. Zwar fahre ich nach wie vor regelmäßig zu meinem Geburtsort, aber das liegt daran, dass dort meine Mutter wohnt, die aufgrund ihres Alters mehr Zuwendung benötigt als früher. Ich habe aber keine darüber hinausgehenden Ambitionen, in diesen Ort dauerhaft zurückzukehren. Die Stadt, in der ich seit über zwanzig Jahren lebe, ist für mich eher zu meiner Heimat geworden, und wenn ich von hier wieder wegziehen würde, dann würde ich andere Orte und Städte bevorzugen (z.B. in der Nähe der Nord- oder Ostsee). Mit meinem Geburtsort verbindet mich ehrlich gesagt nicht allzu viel.
Was sollte ich denn in dem Kaff am Ende der Welt? Ich hätte nach dem Abitur nach Berlin oder sonst wohin gehen sollen und der tiefsten Provinz ein für allemal den Rücken kehren. Aber damals war ich einfach nicht so weit, und jetzt hänge ich hier zumindest in der Nähe der gottverlassenen Heimat meiner Kindheit fest.
Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass bis auf ein paar Mutige mein ganzer Jahrgang ein paar Jahre zum Studieren irgendwo hin gezogen ist, und dann doch wieder in das Kuhkaff der frühen Jahre zurückgekehrt, um dort in den Garten des Elternhauses ihr Eigenheim zu bauen, jemanden zu heiraten, den man schon im Kindergarten kannte und dafür zu sorgen, dass Oma und Opa auf die Enkelchen aufpassen können. Das ist zwar alles andere als ein selbst bestimmter Lebenswandel, aber dennoch das Standardmodell, für das sich bis auf ein paar Idealisten das gesamte bürgerliche Fußvolk zu entscheiden scheint.
Ich muss auch sagen, dass ich am liebsten noch deutlich weiter von meinem Geburtsort weggezogen wäre. Als Student hatte mir leider damals die zentrale Studienplatzvergabe einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn sie hatte mir einen Studienplatz in der Nähe meines Geburtsorts zugeteilt. Das fand ich damals schon nicht allzu prickelnd, aber ich bin am Ende im eigenen Bundesland hängengeblieben, obwohl ich gar nicht allzu heimatverbunden bin.
Ich habe keine Beziehung zu meinem Geburtsort Essen. Ich bin dort rein zufällig geboren worden, weil meine Eltern, die von ganz woanders her stammen, zufällig dort eine Arbeitsstelle gefunden und sich dort kennengelernt haben. Ich habe dort fünf Jahre verbracht. Angeblich habe ich dialektmäßig etwas von dort übernommen, weil ich im Kindergarten war, aber ich kann mich kaum an etwas Zusammenhängendes erinnern. Auch habe ich dort keine Verwandten mehr.
Vor circa zehn Jahren bin ich dort einmal hingefahren, um herauszufinden, ob ich irgendetwas wiedererkenne, aber das war nicht der Fall. Ich habe schon an verschiedenen Orten gewohnt und meine Verwandten sind in ganz Deutschland verstreut, sodass ich eigentlich heimatlos bin. In der Stadt, in der ich jetzt schon sehr lange wohne, fühle ich mich zwar wohl, allerdings nicht heimatlich verbunden. Ich könnte auch in Berlin, Hamburg oder Köln wohnen und mich dort wohl fühlen, wenn die Wohnung und die Infrastruktur stimmen.
blümchen hat geschrieben:Ich könnte auch in Berlin, Hamburg oder Köln wohnen und mich dort wohl fühlen, wenn die Wohnung und die Infrastruktur stimmen.
Das geht mir auch so. Solange es sich um eine Großstadt mit ausreichend kultureller und verkehrstechnischer Infrastruktur handelt, könnte ich mich in vielen Städten wohl fühlen. Zu meinen favorisierten Städten würden unter anderem Berlin, Hamburg, Köln, Potsdam, Leipzig gehören. Wäre ich nicht beruflich gebunden, würde ich vielleicht schon längst einen Umzug in Erwägung ziehen. An meinen Geburtsort hingegen bindet mich derzeit nur noch meine dort lebende Mutter.
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