Leute aus Prinzip nicht auf ihr Gewicht ansprechen

In den letzten Monaten und Jahren hat sich ja Gott sei Dank das Bewusstsein der Gesellschaft über das Gewicht der Menschen im Zusammenhang mit ihrer psychischen Gesundheit geändert. Ich selbst habe das Gefühl, dass die Menschen weniger für ihr Gewicht kritisiert werden als es noch vor ein paar Jahren der Fall war und Schwankungen des Gewichts nach oben und nach unten in der heutigen Zeit mehr akzeptiert werden als früher, grade was Übergewicht angeht.

Ich selbst wurde früher öfter auf mein Übergewicht angesprochen, was mich damals ziemlich genervt hat und vor allem in der Zeit, als ich stark abgenommen habe und fast Normalgewicht hatte, dazu geführt hat, dass ich noch weniger gegessen habe. Deswegen spreche ich aus Prinzip niemanden auf sein Gewicht an, wenn die Person es nicht selbst zum Thema macht. Ich denke, dass jeder in der Lage ist alleine auf sein Gewicht zu achten und man nicht ständig noch Salz in die Wunde streuen sollte.

Wenn man ständig darauf angesprochen wird, vor allem, wenn die Psyche das Problem für das Gewicht ist, wird es nicht besser, wenn man ständig darauf aufmerksam gemacht wird. Meiner Meinung nach sollte lediglich ein Arzt das Recht haben auf dieses Thema aufmerksam zu machen, wenn das Gewicht ungesund wird, oder vielleicht Leute aus dem engen Bekanntenkreis oder Familienkreis.

Wie seht ihr das? Seid ihr auch der Meinung, dass man Leute nicht auf ihr Gewicht ansprechen sollte, vor allem fremde Menschen oder Menschen, die man kaum kennt, weil es sich einfach nicht gehört? Oder findet ihr, dass man auch ruhig fremde Menschen darauf aufmerksam machen sollte, wenn sie ein ungesundes Gewicht haben? Wie würde es euch selbst damit gehen?

Ich denke, dass man bei Freunden oder der Familie schon ansprechen könnte, wenn ihr Gewicht zunimmt. Man kann solche Themen ja auch vorsichtig ansprechen und muss ja nicht unsensibel werden. Manchmal ist es ja auch gut, wenn man eine solche Veränderung bemerkt und ein offenes Ohr hat. Natürlich kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass es nicht angenehm ist, darauf angesprochen zu werden. Aber es tut auch gut die Veränderung erklären zu dürfen und vielleicht noch Tipps zum Abnehmen zu bekommen.

Ich selbst bin vor einigen Jahren krank geworden. Erst habe ich aufgehört zu rauchen und dann musste ich 4 Monate später auch noch hochdosiertes Cortison nehmen. Ich habe also insgesamt 22 Kilogramm zugenommen und mich wirklich nicht wohl gefühlt. Durch die Schmerzen konnte ich mein Zumba nicht machen und durch das Cortison hatte ich oft Hunger. Ein echter Teufelskreis, in welchem ich mein Gewicht natürlich nicht gehalten habe.

Es war mir so extrem peinlich, dass ich am liebsten nicht mehr raus gegangen wäre. Ich mochte mich selbst nicht mehr. Als die Schmerzen dann besser wurden und ich das Cortison absetzen konnte, habe ich wieder mit Sport angefangen. Nach den ersten 10 Kilogramm habe ich mich wieder besser gefühlt. Aber darauf so oft angesprochen zu werden hat mich schon ziemlich verletzt. Andererseits war es aber auch eine Motivation das Gewicht wieder los zu werden. Aber ob das alle Menschen so sehen, würde ich bezweifeln.

Fremde Menschen würde ich auf keinen Fall ansprechen. Jeder Mensch hat eine Geschichte und wenn es durch die Psyche so ist oder jemand vielleicht lange krank war, kann die Frage sehr verletzend sein. Jeder muss sich in seinem Körper wohl fühlen und selbst wenn nicht, würde es mich nichts angehen. Ich mag auch das Geläster nicht und ganz gewiss mag ich den Gedanken nicht, dass jemand auf sein Äußeres reduziert wird. Wenn man einen Fremden auf sein Gewicht anspricht, ist dies definitiv unangemessen.

Ich habe auch schon gegenteilige Aussagen gehört, frei nach dem Motto "ich habe X Kilo abgenommen und das scheint niemandem aufzufallen, weil es niemand erwähnt". Das ist sicher auch blöd und demotivierend.

Aber ja, generell bin ich schon der Meinung, dass das Gewicht von anderen Menschen nicht mein Problem ist. Vor allem frage ich mich halt, was man sich davon eigentlich erwartet wenn man es anspricht. Erinnert mich irgendwie an meine Situation als Jugendliche und die ganzen "du bist aber groß geworden" Kommentare. Ach wirklich? Ist mir gar nicht aufgefallen, gestern Abend bin ich als Zwerg ins Bett gegangen.

Genauso wissen übergewichtige Personen doch wahrscheinlich am allerbesten, dass sie übergewichtig sind. Mag sein, dass der ein oder andere die Realität verdrängt und so tut als wäre alles in bester Ordnung, aber die meisten wissen ganz genau, dass ihr Gewicht über dem Durchschnitt liegt. Und wenn das Übergewicht schon für gesundheitliche Probleme gesorgt hat wissen die Betroffenen das ebenfalls besser als ich.

Ich weiß ebenfalls keinen guten Grund, Menschen auf ihr Gewicht anzusprechen. Wer ausgerechnet von mir Lob und Anerkennung erwartet, weil er oder sie abgenommen hat, hat eben Pech gehabt oder kennt mich sowieso schlecht, weil mir nur extreme Gewichtsabnahme überhaupt auffällt. Und selbst dann würde ich eher das Risiko eingehen, eine Person nicht zu "motivieren", als in ein riesiges Fettnäpfchen zu latschen, weil sie beispielsweise aufgrund einer Krankheit "so toll abgenommen" hat.

Es muss ja nicht immer gleich Krebs sein - ich würde auch schön doof aus der Wäsche schauen, wenn es heißt: "Ja, toll, was ein Monat Migräne/der Tod meiner Mutter/eine anständige Lebensmittelvergiftung mit einem Menschen machen können! Aber besser schlank und krank als rund und gesund, nicht wahr?"