Feigling sein, weil man Job wegen Streitigkeiten aufgibt?

vom 11.12.2017, 22:56 Uhr

Eine Bekannte von mir hat neulich ihren Job gekündigt, da es auf der Arbeit viele Streitigkeiten gab. Meist ging es darum, dass sie sich mit einem anderen Mitarbeiter nicht besonders gut vertragen hat und dieser sie nicht gerade freundlich behandelt. Meine Bekannte hat das auf die Dauer nicht mehr ausgehalten und sucht sich nun eine neue Stelle.

Im Freundeskreis hat man sie deswegen als Feigling betitelt. Viele waren der Meinung, dass sie vorschnell gehandelt hat und es hätte austragen müssen. Auf der neuen Arbeit wird sie vermutlich wieder ähnliche Situationen erleben. Ganz so streng sehe ich das nicht. Es stimmt natürlich, dass es vermutlich immer Menschen geben wird, mit denen man weniger gut klar kommt.

Aber man kann nun mal auch nicht alles ertragen und wenn es schon auf die Gesundheit schlägt. sollte es einem auch frei stehen nicht zu kämpfen und einfach zu gehen. Wie seht ihr das? Seid ihr der Meinung meinte Bekannte ist deswegen ein Feigling?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich finde, dass man immer abwägen sollte zwischen dem Einsatz, den man einbringen müsste und den Nutzen bzw. ob sich dieser Einsatz auch lohnen würde. Wenn sich der Einsatz zum Beispiel nicht lohnen würde, weil man sich woanders zum Beispiel bessere Karrierechancen ausmalt und der Job nur als Übergangslösung gedacht war, um Geld zu verdienen, dann finde ich es nicht schlimm, wenn man dann einfach geht. Warum soll man Energie aufbringen, um sich mit allen gut zu verstehen, wenn eh absehbar ist, dass man nach Zeit X die Sachen packen und gehen wird? Wenn man aber vor hat, langfristig dort zu arbeiten, dann sollte man diese Energie schon aufbringen meiner Ansicht nach.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Wenn ich im Arbeitsleben eins gelernt habe, dann, dass es keine Medaille fürs Durchhalten gibt. Als stinknormaler Arbeitnehmer ist man so was von ersetzbar, und ich halte es für naiv zu glauben, dass irgendjemand es wertschätzt, wenn ein Mitarbeiter die Zähne zusammenbeißt und in einem ungeliebten Job verharrt, nur um sich nicht sagen lassen zu müssen, man sei ein Feigling oder Weichei. Derlei Argumente auf moralisch-charakterlicher Ebene haben in meinen Augen im kalten, harten Kapitalismus nichts verloren. Das Unternehmen findet immer einen Dummen, der den Job übernimmt und spätestens nach drei Tagen ist man vergessen. Wozu also sich aufopfern?

Ich selber war auch schon kurz davor, einen Job wegen Streitereien, Mobbing und generell unprofessionellem Kindergarten hinzuschmeißen. Zwar habe ich mich durchgebissen, aber das lag daran, dass gute Jobs in meinem Metier erstens selten sind und zweitens der Job tatsächlich das Potenzial hatte, mich dauerhaft zufrieden zu stellen. Es mussten nur ein paar Störfaktoren entfernt und ein paar grundsätzliche Entscheidungen getroffen werden. Also habe ich mich ans Werk gemacht. Es war immens stressig und unschön, aber es hat sich unter dem Strich gelohnt. Hätte ich jedoch die relative Gewissheit gehabt, innerhalb von kurzer Zeit einen vergleichbaren Job ohne das ganze Drama zu finden, hätte ich den Krempel jedoch ohne alle Gewissensbisse hingeschmissen. Letzten Endes geht es doch darum, ob man für seine Leistung bezahlt werden möchte oder dafür, anderer Leute Dramen abzufedern und dabei seine Gesundheit zu riskieren.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich denke auch, dass man so etwas einfach für sich selber entscheiden muss und ich würde das von verschiedenen Faktoren abhängig machen, wenn ich in der Situation wäre. Als Feigling würde ich aber niemanden bezeichnen, wenn derjenige es in dem Job einfach nicht mehr aushält und das Handtuch wirft.

Ich würde es erst einmal davon abhängig machen, wie schnell ich einen neuen Job in meinem Beruf finden könnte und idealerweise würde ich auch erst gehen, wenn ich den neuen Job schon sicher habe. Wenn ich von den Streitigkeiten in die Arbeitslosigkeit kommen würde, dann wäre mir doch auch nicht geholfen.

Wenn es schwierig würde, in dem Beruf einen neuen Job zu finden, dann würde ich erst recht durchhalten, bis ich einen neuen Job gefunden hätte. Wenn man problemlos einen neuen Job finden könnte, dann finde ich es aber richtig, wenn man sich nicht den Streitigkeiten aussetzt, sondern für sich selber einfach doch etwas besseres möchte.

Ich finde es sehr hart, jemanden dann als Feigling zu bezeichnen und das kann meiner Meinung nach auch nur jemand machen, der noch nie Probleme mit so etwas hatte. Dann sagt man gerne, dass sich derjenige doch nicht so anstellen soll. Aber wenn man schon Schlafprobleme hat, weil die Streitigkeiten im Job einen so mitnehmen und man selber krank davon wird, dann bringt es doch auch nichts.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Dass man mit Kollegen nicht immer gut klar kommt ist normal. Es wäre auch ein langweiliges Leben, wenn alles nur Sonnenschein wäre. Gibt es aber ständig Reibereien, dann ist es besser sich nach einem neuen Job umzusehen. Das ist dann zwar auch keine Garantie, dass man allen Kollegen gut klar kommt. Aber eine Chance. Und diese Chance bringt dann eben auch die persönliche Zufriedenheit mit sich, wenn es im neuen Job ein besseres Arbeitsklima gibt.

Ein Mensch, der schon mit dem Gedanken zur Arbeit kommt, dass wieder Streitigkeiten auf ihn warten, hat kaum noch Lust und darunter leidet auch die Arbeitsqualität. Es ist also nicht feige, sondern ein Weg sich mehr Lebensqualität zu verschaffen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich finde man muss sich auch ab und zu mal selber sehen und da ist es doch wichtig zu erkennen, was einem nicht gut tut und was man daran ändern kann. Daher finde ich es vollkommen okay, wenn man dann kündigt und sich dann auch nach anderen Stellen umsieht oder auch mal den Fachbereich wechselt. Man hat doch nur das eine Leben und sicherlich läuft es nicht immer perfekt, wenn man arbeitet und Streit gibt es überall, aber alles gefallen lassen muss man sich eben auch nicht. Ich finde es daher nicht feige, sondern sehr selbst reflektierend.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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