Vorteile und Nachteile einer Patchworkfamilie
Patchworkfamilien erfreuen sich seit geraumer Zeit einer zunehmenden Beliebtheit, aber bisher konnte ich mir eine solche Beziehung oder solch ein Familienleben nicht vorstellen. Habt ihr schon eigene oder anderweitige Erfahrungen mit einer Patchworkfamilie machen können und wie sind diese denn ausgefallen? Wie würdet ihr denn die Vorteile oder auch Nachteile einer Patchworkfamilie beschreiben und wäre solch ein Zusammenleben für euch vorstellbar?
Eine Patchworkfamilie ist so wie ich es verstehe keine Familie, die zusammenlebt, sondern wo man sich getrennt hat und dann eben noch gemeinsam Kinder hat und das Miteinander funktioniert oder irre ich mich da? Ich finde es nicht erstrebenswert mit jemanden ein Kind zu machen, von dem ich mich dann trennen will, aber das kann man sich auch nicht aussuchen und dennoch sehe ich es so, dass man dann auch für das Kind oder die Kinder als Menschen miteinander funktionieren muss, da man dadurch immer vereint ist und es ja auch deutlich leichter ist, wenn man miteinander reden und funktionieren kann.
Ich sehe es also als Notwendigkeit für mich als Mutter an, mit dem Vater der Kinder immer in irgendeiner Weise klarzukommen und natürlich ist das nach einer Trennung sicherlich nicht einfach und man muss auch mal die verletzten Gefühle herunterschlucken, aber als Erwachsener sollte man mit einer Trennung umgehen lernen. Schlimmer ist es doch für Kinder, die gefühlt ihre Eltern verlieren und für die muss man da sein und funktionieren und egal wie beschissen man den anderen Elternteil findet, für die Kinder gemeinsam da sein.
Wenn dann noch andere Kinder von neuen Partnern dazu kommen finde ich das eher schön. Natürlich bedeutet das auch Stress, aber es ist wahrscheinlich letztendlich herzlicher, wenn alle zueinander gefunden haben. Die Schwierigkeit sehe ich da aber durchaus darin alle gleich gut zu behandeln, aber mit mehr als einem Kind hat man diese Schwierigkeit ja immer.
Jedes Lebensmodell hat doch Vor- und Nachteile, wieso sollte das bei einer "Patchworkfamilie" gesondert hervorgehoben werden? Weil sie nicht dem Klischee der Vater-Mutter-Kind-Nummer entspricht, die nach wie vor als Ideal hochgehalten wird, ungeachtet der Realität, wo sie schon lange nur ein Modell unter vielen darstellt?
Ich stelle es mir durchaus nicht immer einfach vor, eine Gemeinschaft aus Menschen zu häkeln, die teilweise gemeinsame Eltern haben, teilweise nicht, teilweise teilweise und diverse Ex-PartnerInnen auch mit einzubinden, weil Elternschaft ja nicht einfach aufhört, weil eine Beziehung nicht funktioniert. Aber wenn ich die Menschen liebe, mache ich es doch gerne!
Ich weiß schon auch, dass Kinder oft als "Altlasten" angesehen werden und nicht jede*r Bock darauf hat, wenn die neue Flamme den eigenen Nachwuchs nicht völlig hintanstellt, nur weil sich ein neuer Macker breitmacht. Oder umgekehrt, wenn der "Wochenendpapa" eben genau das ist und Samstagvormittagssex deswegen flachfällt. Aber manche Leute gehen eben nicht nur von ihrer eigenen Bequemlichkeit und ihrem Ego aus, sondern wagen sich an komplexere Familienstrukturen.
Das kann genauso schön, spannend, liebevoll und bereichernd sein wie das propagierte Stereotyp einer heterosexuellen, monogamen, auf Lebenszeit geschlossenen Ehe mit dem Zweck der Zeugung und Aufzucht gesunder, angepasster Nachkommen, die später mal die Rente finanzieren. Oder genauso in die Hose gehen.
Ramones hat geschrieben:Eine Patchworkfamilie ist so wie ich es verstehe keine Familie, die zusammenlebt, sondern wo man sich getrennt hat und dann eben noch gemeinsam Kinder hat und das Miteinander funktioniert oder irre ich mich da?
Na eigentlich heißt Patchwork doch, dass schon wieder neue Partner zusammenleben und jeder Kinder mit in die Beziehung bringt. Also soweit ich das kenne beschreibt Patchwork also die neue Familie und nicht die Konstellation der alten beendeten Beziehung.
Grundsätzlich ist das doch mittlerweile eine Familienform wie jede andere auch und weitestgehend völlig normal geworden. Wenn man sich anschaut wie viele Ehe mittlerweile geschieden werden, dass sind ja etwa 40 Prozent, ist es doch schon lange nicht mehr selbstverständlich, dass immer alle zusammen bleiben und gemeinsam die Kinder groß ziehen.
Aber es ist natürlich zum einen organisatorisch schwieriger, weil man ja mehr oder weniger Termine immer mit mehreren Familien abstimmen muss, viel reden muss, wer wann was macht, also welche Termine macht jetzt der Ex-Partner, wer fährt mit welchen Kindern in den Urlaub und so weiter. Wo werden Geburtstage gefeiert, wo werden Feiertage wie Ostern oder Weihnachten begangen oder was man sonst so feiert.
Auf der anderen Seite ist es aber an vielen Stellen auch emotional nicht so ganz einfach. So muss man ja auch damit zu Recht kommen, dass man weiterhin Kontakt mit seinem Ex-Partner haben sollte (im Sinne der Kinder) auch wenn man vielleicht nicht im Guten auseinander gegangen ist, aber eben auch damit, dass es neue Partner gibt, die sich auch um die eigenen Kinder kümmern und auch Dinge vielleicht zum ersten mal mit den Kindern machen.
Dafür gibt es aber sicher auch Vorteile. Ganz praktisch ist dabei ja auch, dass man, wenn man sich gut mit allen organisiert eben auch mal alleine mit seinem Partner wegfahren kann, weil die Kinder eben auch mal beim Ex-Partner sein können. Und natürlich geht es ja auch darum, ob man für sich selbst glücklich ist. Und das ist ja auch für die Kinder wichtig. Und theoretisch, das kommt natürlich auf den Umgang aller miteinander an, gibt es bei Problemen mit den Kinder dann idealerweise gleich vier Ansprechpartner und nicht nur zwei. Also wenn Kinder mal krank sind oder irgendwo hin gefahren werden müssen.
Die Frage ist eben immer, wie man das dann am Ende des Tages lebt und wie alle miteinander auskommen.
Eine Patchworkfamilie kann natürlich nicht so pauschal entsprechend betrachtet werden, weil eben nicht jede Familie gleich ist. Dennoch kann sie sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen. Sicher ist jedoch, dass ich immer häufiger sehe, dass diese Modelle besser funktionieren als mit den eigentlichen Vätern, was mich schon sehr verwundert.
Beruflich habe ich immer mal wieder mit Patchworkfamilien zu tun, wo der leibliche Vater regelmäßig einen Affenzirkus startet und dann wiederum der „Stiefpapa“ eine super Bindung zum Kind hat. Das ärgert mich natürlich aus dem sozialen und entwicklungsmäßigen Aspekt eines Kindes gegenüber sehr. Denn da spielt nicht selten die Eifersucht des leiblichen Vaters eine übergeordnete Rolle für das eigentlich angespannte Verhältnis.
Das Modell hat natürlich mit Glück den Vorteil, dass wenn der neue Partner der Mama ein guter Kumpel wird, eine weitere Bezugsperson gegeben ist, die einem helfen kann. Eine weitere Hilfe im Alltag ist vorhanden, der der Mama mehr Stress wegnimmt, der auch mal als Streitschlichter agieren kann und der das Vertrauen des Kindes gewinnt. Selbiges gilt auch für die neue Freundin des leiblichen Papas. Das sind gute Beispiele, wie es gehen kann.
Es geht aber eben auch so, dass sich die Eltern im Streit getrennt haben, der eine oder die andere Eifersuchtsszenen schiebt und es den Patchworkfamilien bzw. den neuen Partnern nicht leicht macht, einen Zugang zum Kind zu gewinnen. Nicht selten habe ich auch erlebt, wo der Papa des Kindes den neuen Freund schlecht geredet hat, den Kontakt verbieten wollte, das Zusammenziehen mit der Mutter vermeiden wollte und mehr.
Es gibt so viele unterschiedliche Modelle im Leben, die gut oder schlecht fürs Kind sein können. In aller Regel geht es immer dann gut, wenn man Streitigkeiten ohnehin fern vom Kind hält und das Kind akzeptiert. Vertrauen baut sich langsam zu den neuen Partnern auf und dann hat das Kind eine weitere Ansprechperson. Allerdings sollte man nach Möglichkeit Papa und Mama mit einbeziehen, damit keine Eifersüchteleien möglich sind.
Da dies nicht immer der Fall ist, kann es halt auch passieren, dass Kinder die neue Partnerschaft kritisch sehen, weil sie der Grund für die Trennung zur Mama oder zum Papa sein könnte und mehr. Da muss man leider auch aufpassen.
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