Seht ihr die sozialen Funktionen des Fußballs im Alltag?

Zur Zeit laufen die Fußball-Europameisterschaften 2021. Ich sehe vermehrt in unserem Park Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene aus aller Welt - in meiner Gegend geht es sehr international zu - Fußball spielen. Hier gibt es eine große Wiese und bei der Nachbarschaftshilfe kann man sich richtige große Tore ausleihen. Ich kann mir das alles vom Balkon aus ansehen und merke, obwohl mich Fußball gar nicht interessiert, wie dieser Sport soziale Skills trainiert. Besonders schön ist es, wenn bei den Kindern unterschiedliche Altersgruppen, Nationen und Mädchen und Jungen gemeinsam spielen. Ich höre dann interessiert den Diskussionen zu und bin oft beeindruckt davon, welches Gerechtigkeitsempfinden, Diskussionsvermögen und Rücksichtnahme auf Kleinere schon Kinder haben.

Auch an einer früheren Arbeitsstelle hat der Fußball zum Zusammengehörigkeitsgefühl beigetragen. Montags gab es immer Diskussionen über die Spiele am Wochenende. Das war ein besseres Teambildungstraining als alle Maßnahmen von kostspieligen Kursen von Psychologen oder Kommunikationstrainern, die wir durchlaufen durften beziehungsweise mussten. Seht ihr in eurem Alltag auch die positive soziale Bedeutung unseres Nationalsports Fußball? Oder seht ihr mehr negative Seiten, weil ihr in eurer Gegend oft von grölenden betrunkenen Fans belästigt werdet?

Bei uns im Dorf sind wir gefühlt die Einzigen, die sich jedes Spiel ansehen. Das finde ich schon ein bisschen schade, da wir das aus der Stadt auch anders gewöhnt sind. Fußball wird hier natürlich auch gerne gespielt und auch über die Deutschlandspiele geredet, selbst im Kindergarten, aber wirklich alle Spiele schauen die Leute dann eben auch nicht und ich finde das gehört schon irgendwie auch zum Feeling, wenn man dann eben auch andere Spiele mal ansieht. Ansonsten brüllt auch keiner außer uns, was auch etwas komisch ist.

Im Dorf würde ich das also alles etwas ein bisschen anders bewerten, zumindest bei uns, aber in der Stadt führt das auf jeden Fall Leute zusammen und hat durchaus auch eine soziale Funktion. Allein durch gemeinsames Ansehen von Spielen oder auch nur das Tragen von Trikots, dem Mitfiebern und so weiter.

Zumindest sehe ich es auch so, dass es der Fußball leicht macht, Menschen aus völlig verschiedenen sozialen Schichten zusammenzubringen. Da begegnet man ja schon Menschen, mit denen man sonst nie in Kontakt kommen würde oder es vielleicht auch gar nicht wollte bis man sie kennen lernt.

Aber das trifft denke ich aber eher auf den Breitensport zu. Wenn es dann um den Profisport geht und dabei beziehe ich auch die Zuschauer ein, sehe ich das an vielen Stellen eben oftmals nicht mehr als so einfach an. Natürlich kommt man auch da zusammen. Aber leider offenbart sich dort eben auch, wenn man in der Masse unbemerkt untergeht, die ein oder andere schlechte Seite von Menschen. Da kann man dann seinen Frust eben herauslassen in der Hoffnung dass es keiner mitbekommt. Das was man sich dann zu Hause im Garten vor den Nachbarn nicht traut zu sagen, kann man da losbrüllen, wenn ein dunkelhäutiger Spieler den Ball bekommt.

Daher denke ich schon, dass der Fußball in beide Richtung Fluch und Segen sein kann. Er kann helfen weltoffener zu werden und dass gerade auch jungen Kindern schon beizubringen und eben auch zeigen, dass man auch Spaß haben kann, wenn man auch mit anderen Kindern spielt, die vielleicht nicht so privilegiert sind. Aber er kann eben auch viel Hass erzeugen und Kanal dafür sein.