Listen mit Regeln für Familie und Haushalt erstellen?

Bei meinen Eltern gab es früher nie richtige Listen, auf denen Regeln standen - weder für den Haushalt, noch für uns als Familie selbst. Allerdings gibt es ja durchaus Familien, bei denen solche Listen tatsächlich in der Wohnung aushängen. Darauf steht dann, was gemacht werden muss und was nicht erlaubt sind. Das betrifft solche Sachen wie die Ordnung der Wohnung allerdings auch das Miteinander.

Gibt es solche Regeln bei euch in der Familie? Beziehen sie sich eher auf das Miteinander, auf den Haushalt oder auf beides? Denkt ihr, dass Kinder sich eher daran halten, wenn sie immer wieder auf die aufgeschriebenen Regeln schauen und sie sich durchlesen können? Sicher ist es aber zumindest nicht schlecht, wenn man sich zusammensetzt und als Familie gemeinsam diese Liste erstellt, so dass jeder direkt darüber unterrichtet wird.

Ich kenne solche Listen eigentlich nur aus der Grundschule. Dort stand dann zum Beispiel, dass man den Finger heben muss, wenn man was sagen möchte und dann warten muss, bis der Lehrer einen aufruft. Oder dass man die anderen ausreden lässt und ihnen zuhört und dass man nicht dazwischen ruft im Unterricht. Es gab auch Regeln zur Ordnung oder zum Tafeldienst oder so. Für das Elternhaus kenne ich solche Regeln nicht und finde sie auch unnötig und habe so etwas nie vermisst.

Ich glaube, dass das im Haushalt tatsächlich schlecht umsetzbar ist. Immerhin sieht man dann jeden Tag diesen Zettel, kann ihn aber doch recht gut ignorieren. Außerdem würde ich mir komisch vorkommen, wenn man Dinge aufschreibt, die man eigentlich immer wieder wiederholt und dem Kind klar macht. Meinetwegen kann man vielleicht eine Art gemeinsamen Reinigungsplan haben, aber selbst das finde ich irgendwie albern.

Ich kenne diese Listen vor allem als kitschige Deko. Meistens handelt es sich um eine Holzplanke oder ein auf "shabby chic" getrimmtes Blechschild mit etwa folgendem Gewäsch: In dieser Familie ... lachen wir bis uns der Bauch wehtut ... lieben wir uns sehr ... sagen wir Bitte und Danke ... hören immer zu... widerlich das alles.

Damit meine ich natürlich nicht, dass man in der Familie nicht Bitte und Danke sagen soll und sämtliche Anstandsregeln getrost ignoriert werden können. Für mich ist es ganz selbstverständlich, dass es Regeln gibt, wenn Menschen zusammenleben und dass man diese auch der jüngeren Generation beibringt. Aber Listen erscheinen mir hier als so ziemlich das Ineffizienteste überhaupt.

Die lieben Kleinen können entweder noch nicht lesen und haben sowieso die Impulskontrolle von Hamstern. Wenn sie älter werden, jucken sie "Listen" herzlich wenig. Und die Altvorderen werden schon noch genügend Grips zusammenkratzen, dass sie sich "Regeln" wie "Müll runtertragen, bevor er müffelt" auch ohne Hilfsmittel merken können. Vieles erklärt sich ja auch von ganz alleine.

Bei uns hing eine "Kloordnung" auf dem WC mit einer Menge unsinniger Dinge, die man auf dem Klo tun oder unterlassen sollte. Aber ich denke, das ist hier nicht gemeint. Echte Regeln gab es für uns Kinder zwar, aber die waren nie aufgeschrieben. Ich glaube, da hätte ohnehin niemand drauf geguckt. Die Regeln hatten wir Kinder im Kopf.

Auch aus anderen "Institutionen" kenne ich solche Regellisten nicht, wenn man mal von der Hausordnung hier im Mietshaus absieht. Im Kindergarten und in der Grundschule erübrigte es sich, weil noch keiner sie so richtig lesen konnte oder sie lesen wollte. Und im Gymnasium haben wir glaube ich in der neunten oder zehnten Klasse zum ersten Mal die Schulordnung zu Gesicht bekommen. Die hing ansonsten auch nirgendwo aus. Da standen aber auch nur die allgemeinen Dinge drauf, die wir grundsätzlich auch ohne Liste kannten.

Und ich dachte, diese unsagbar kitischigen Holz- oder Emailleschilder mit den diversen, sozialverträglichen und moralischen Verhaltensregeln würde es nur in den Staaten geben, gerne noch an die Gottgläubigkeit appellierend. Die sind so furchtbar, man möchte mit Edding ergänzend an die Wand schreiben "Diese Familie... nervt wie Sau".

Wahrscheinlich sind das dann die, die es auch in anderen Bereichen nötig hätten oder gerne eine Theaterfamilie darstellen, in welcher alle bis zur Unkenntlichkeit unauthentisch sind. Aber genug meiner gepflegten Vorurteile. Ich glaube schon, dass das in den meisten Fällen nur geschmacklose Wanddekoration darstellt. Bei sonstigen, ernstgemeinten Listen für die Familie und den Haushalt war mein erster Gedanke bei der Überschrift eher ein Putzplan. Und dass sowas oft nur bedingt funktioniert, kennt sicher jeder, direkt oder indirekt, vom Arbeitsplatz oder aus Wohngemeinschaften.

Persönlich wäre es nicht mein Geschmack, meine Familie mit Regeln einzunorden, weil ich nicht sehr an solche Konstrukte glaube, bzw. sie für eine graue Theorie halte. Zwei Wochen geben sich alle Mühe und dann reißt der vormals herrschende Schlendrian wieder ein, wenn es ihn gegeben hat. Und dass man Zettel gut ausblenden kann und wird, kennt auch jeder.