Junge Menschen beim Bewerbungsgespräch einschüchtern

vom 08.05.2021, 13:42 Uhr

Mein Neffe ist 17 Jahre alt und hat sich bei der Bundespolizei beworben. Er hat den Sport Test bestanden und auch das Diktat was vor dem Bewerbungsgespräch stattfindet. Danach werden die Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen, wo sie von fünf verschiedene Personen befragt werden. Alleine das finde ich schon sehr einschüchternd.

Jetzt war dort ein Prüfer, der wohl meinen Neffen von Anfang an nicht sympathisch fand, beziehungsweise zu jung für diesen Job und hat ihm gar keine Chance gegeben. Zwei der anderen Prüfer hätten ihn auf jeden Fall weiter gelassen, allerdings sobald jemand Mann sagt, werden die Bewerber auch nicht genommen.

Dieser eine Prüfer, hat ihn immer wieder angeranzt und komische Fragen gestellt. Natürlich kann nicht jeder Bewerber einen Ausbildungsplatz bekommen, das ist mir ganz klar, mir geht es ja nur darum, warum man so junge Menschen so behandeln muss, dass sie beim nächsten Bewerbungsgespräch eventuell auch noch Angst bekommen und noch unsicherer werden.

Ich finde es absolut nicht in Ordnung, solch junge Menschen so zu verunsichern und fertig zu machen. :twisted:

» laraluca » Beiträge: 1068 » Talkpoints: 9,76 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Vielleicht ist das bei solchen Institutionen so. Polizei und Bundeswehr und einige andere sind ja sehr hierarchisch geprägt und ich könnte mir vorstellen, dass da weniger das Menschliche zählt, sondern eher das Funktionieren und dass man sich da auch keine Gedanken darüber macht, wie das auf einen Bewerber wirkt, wenn da fünf Leute im Gespräch auf der anderen Seite des Tisches sitzen.

Vor vielen Jahren hatte ich mich mal bei der Bundeswehe beworben; in der Verwaltung, also ich wäre nicht auf Einsätze oder so gefahren. Und das Vorstellungsgespräch war auch nicht besonders. Das Gelände durfte ich erst kurz vor dem Gespräch betreten. Dass ich mal dringend musste, hatte auch keine interessiert, sodass ich dann zum Pullern in den Wald gehen musste. Beim Gespräch selbst saß mir dann ein grimmig schauender General oder welchen Dienstgrad der auch immer hatte gegenüber und hat mir teilweise total komische Fragen gestellt, etwa welcher Verlag ein bestimmtes Bucht mit Testverfahren herausgegeben hat, welche ich früher mal in einem Job für ähnliche Aufgaben verwendet habe. Wer soll sich das merken? Und wofür muss man das wissen?

Kurzum war es für mich ein ziemlicher Reinfall und ich denke aber auch, dass ich absolut keine Lust hätte, mit so jemandem dann später zusammen zu arbeiten, dessen Gesicht nach null Lebensfreude aussieht und der insgesamt auch so wie ein Betonklotz wirkte. Ich denke, dass es bei der Polizei ähnlich ist. Ansonsten gilt doch in vielen Bereichen des Arbeitslebens, dass man eher auf flache Hierarchien und Eigenständigkeit setzt, aber in solchen Berufen ist es ja genau das Gegenteil. Und mal ehrlich: kennt ihr einen netten, lebensfrohen Polizisten?

Ich nicht. Wann immer ich mit der Polizei zu tun hatte, hatte ich den Eindruck, dass sind entweder total verbitterte Paragraphen-Reiter oder Menschen, die schon irgendwie psychisch schwer einen mitbekommen haben und zu einer Art Zynismus gewechselt haben. Will man da wirklich arbeiten? Polizeidienst wird in Fernsehserien immer so toll dargestellt, aber das wird von der Realität sehr weit entfernt sein. Vielleicht sollte der Bewerber froh sein, dass es dort nichts wurde.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich wundere mich, wie wenig Ihr vielleicht mal in Betracht zieht, dass dieses Verhalten und auch die Fragen einfach darauf abzielen, die Eignung für den Beruf zu überprüfen. Wenn sich der Neffe von laraluca schon von diesen fünf Männern bei einem Vorstellungsgespräch schon so einschüchtern und verunsichern lässt, wie soll er denn dann kurze Zeit später als Bundespolizist etwa einem Rechtsradikalen bei einer Demonstration entgegentreten?

Soll er dann sagen: "Nein, bitte nicht so schreien, das mag ich nicht und dann fühl ich mich so eingeschüchtert. Das ist nicht fair von Dir. Meine Mama hat gesagt, Du musst nett zu mir sein." :lol: Ich weiß, das hört sich jetzt hart an und es war ja auch erst die Bewerbung, die ganze Ausbildung wäre erst noch gekommen. Aber ein bisschen muss derjenige doch auch schon an Persönlichkeit mitbringen! Und genau dafür sind Vorstellungsgespräche doch da!

Welchen Sinn hätte so ein Vorstellungsgespräch mit fünf Männern, die einem gegenüber sitzen, denn bitte sonst? Natürlich ist auch das ein Test, wie sich der Bewerber in einer einschüchternden Situation, die er nicht kontrollieren kann, verhält! Die überprüfen in der Situation die Körpersprache, die für einen Bundespolizisten immens wichtig ist und die man eher schwer erlernen kann. Die muss man einfach mitbringen als persönliche Fähigkeit! Und das wird da getestet. Das ist doch kein lustiges Kaffeetrinken mit Gebäckteilchen! Darüber hättet Ihr Euch doch vorher mal im Klaren sein müssen!

Man präsentiert sich da Und wenn er eben schon bei diesem Gespräch auf dem Stuhl immer kleiner wird und am liebsten im Boden versinken würde, weil die so böse zu ihm sind, obwohl Ihr ihm doch immer gesagt habt, dass er ein guter Junge ist und die stolz sein können, dass er sich da bewirbt, dann bringt er einfach nicht genügend Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen mit.

Und Zitronengras, die Frage nach dem Verlag hatte den ganz einfachen Grund, Deine Beobachtungsgabe und Erinnerung zu testen. Ob Dir solche Kleinigkeiten auch auffallen. Oder eben auch, ob Du Dich schon durch solche Kleinigkeiten aus der Ruhe bringen und verunsichern lässt. Es kam also aufs Verhalten mehr an als auf die Antwort. Aber das ist eben auch insgesamt der Sinn eines Vorstellungsgespräches. Alles andere wissen sie schon aus den Bewerbungsunterlagen.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich denke auch, dass man gerade für Jobs wie Bundespolizei nicht nur sportlich sein und Diktate schreiben können muss, sondern auch eine bestimmte Persönlichkeit braucht, und auf diese Art werden eben die Leute herausgesucht, die diese Persönlichkeit haben. Und "nicht leicht einzuschüchtern" halte zumindest ich für imminent wichtig in jedem Job, bei dem man etwas mit Menschen machen muss, was denen im Zweifelsfall nicht gefällt und sich auch mit Charakteren auseinandersetzt, die sich nicht immer nur höflich artikulieren.

Natürlich ist das nicht immer "nett" und angenehm, aber das ist ja bei keinem Bewerbungsgespräch der Sinn der Sache. Wenn es sich um einen gemütlichen Job als Sachbearbeiter in der Kfz-Zulassungsstelle gehandelt hätte, wären eben andere Fähigkeiten auch durch "komische Fragen" abgeprüft worden, wie z.B. Detailgenauigkeit oder Konzentrationsvermögen.

Mich hat man für einen gammligen Bürojob auch mehrfach mit spitzen Sachfragen auf links gedreht und ich musste in fünf kritische Augenpaare blicken. Aber ich war ja schließlich nicht zum Spaß dort, sondern eben deswegen, damit andere mich auf links drehen und auf meine Eignung prüfen. Wer die Sorte Job will, muss da durch, auch wenn man hinterher schweißgebadet ist und doch lieber auf Straßenmusikantin umschulen möchte.

Manchmal frage ich mich schon, wie manche Gestalten auf dem Arbeitsmarkt oder generell in der Welt da draußen zurechtkommen wollen, wenn sie schon ein Bewerbungsgespräch derart aus dem Konzept bringt, sobald mal jemand kritisch oder nicht top zartfühlend in der Tonlage ist. Memmen, alle miteinander.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



SonjaB hat geschrieben:Ich wundere mich, wie wenig Ihr vielleicht mal in Betracht zieht, dass dieses Verhalten und auch die Fragen einfach darauf abzielen, die Eignung für den Beruf zu überprüfen. Wenn sich der Neffe von laraluca schon von diesen fünf Männern bei einem Vorstellungsgespräch schon so einschüchtern und verunsichern lässt, wie soll er denn dann kurze Zeit später als Bundespolizist etwa einem Rechtsradikalen bei einer Demonstration entgegentreten?

Da ich selbst mal im Personalbereich gearbeitet habe, kann ich die Vermutung, dass das irgendein psychologischer Trick wäre, entkräften. Man liest immer mal wieder in irgendwelchen Bewerberratgebern oder HRM-Blättchen, dass Unternehmen angeblich durch psychologische Tricks den Charakter des Bewerbers eruieren wollen, aber das stimmt so nicht und ich traue auch der Polizei nicht so viel psychologisches Feingefühl zu, dass sie dahingehend clever vorgehen würden. Dass da fünf Leute sitzen, hat höchstwahrscheinlich einfach nur den Hintergrund, dass sich fünf Leute irgendwie für den Bewerbungsprozess verantwortlich fühlen. Vielleicht sind das ein Personaler, ein Dienststellenleiter, der direkte Vorgesetzte, noch jemand vom Betriebsrat oder noch ein Kasper und da sind wir dann bei fünf.

Es ist auch gar nicht zulässig, den Charakter generell einzustufen. Deswegen darf man keine generellen Persönlichkeitstests einsetzen, sondern nur fachspezifische. Extra viele Menschen in ein Vorstellungsgespräch zu setzen, um den Bewerber zu stressen und dessen Reaktion beobachten zu können ist nicht zulässig. Klar, wer will das so genau prüfen, aber sein darf es nicht und der Grund ist mit höchster Wahrscheinlichkeit auch eher, dass alle fünf irgendwie mit Bewerbern zu tun haben und eine Vorschrift besagt, dass die alle dabei sein müssen.

Und Zitronengras, die Frage nach dem Verlag hatte den ganz einfachen Grund, Deine Beobachtungsgabe und Erinnerung zu testen. Ob Dir solche Kleinigkeiten auch auffallen. Oder eben auch, ob Du Dich schon durch solche Kleinigkeiten aus der Ruhe bringen und verunsichern lässt. Es kam also aufs Verhalten mehr an als auf die Antwort. Aber das ist eben auch insgesamt der Sinn eines Vorstellungsgespräches. Alles andere wissen sie schon aus den Bewerbungsunterlagen.

Nein, es ging nicht um Verunsicherung. Warum sollte das auch jemanden verunsichern, dass er etwas Irrelevantes nicht weiß? Die Frage hat der deswegen gestellt, weil er prüfen wollte, ob ich nur lüge und behaupte, ich hätte schon mit dem Test gearbeitet oder ob ich das Handbuch wirklich schonmal verwendet habe. Auf dem Original steht nämlich der Verlag groß drauf. Da ich aber nie mit dem Original-Handbuch gearbeitet habe, sondern wir beim vorhergehenden Job alles urheberrechtswidrig immer nur abkopiert haben, konnte ich dem den Verlag auch nicht nennen, was mich aber nicht verunsichert hat und das habe ich auch so mitgeteilt, dass ich den Verlag nicht wichtig finde und mir deswegen nicht gemerkt habe.

Mir sind solche Dinge nicht wichtig. Mir ist egal, ob man in einer Firma die teuren Original-Tests kauft oder nur mal einen gekauft hat, der immer wieder kopiert wird. Und Leute, die auf sowas Irrelevantes Wert legen, die möchte ich auch nicht als Chef haben. Denn für die praktische Tätigkeit ist es doch völlig wurst, ob man früher mit dem Original oder mit einer Kopie Erfahrungen gesammelt hat. Selbst wenn man keine Erfahrungen hätte, hätte man das schnell lernen können. Es sagt aber was über die Atmosphäre aus, in der man da arbeitet. Und das merkst du als Bewerber in einem Vorstellungsgespräch schon. Gibt man sich Mühe, dass du dich da wohlfühlst oder ist es eher wie eine Prüfung? In Zeiten des Fachkräftemangels sollte manches Unternehmen seinen Bewerbungsprozess mal überdenken, bevor die Polizei wieder über Personalmangel jammert.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Zitronengras hat geschrieben:Da ich selbst mal im Personalbereich gearbeitet habe, kann ich die Vermutung, dass das irgendein psychologischer Trick wäre, entkräften. Man liest immer mal wieder in irgendwelchen Bewerberratgebern oder HRM-Blättchen, dass Unternehmen angeblich durch psychologische Tricks den Charakter des Bewerbers eruieren wollen, aber das stimmt so nicht und ich traue auch der Polizei nicht so viel psychologisches Feingefühl zu, dass sie dahingehend clever vorgehen würden. Dass da fünf Leute sitzen, hat höchstwahrscheinlich einfach nur den Hintergrund, dass sich fünf Leute irgendwie für den Bewerbungsprozess verantwortlich fühlen. Vielleicht sind das ein Personaler, ein Dienststellenleiter, der direkte Vorgesetzte, noch jemand vom Betriebsrat oder noch ein Kasper und da sind wir dann bei fünf.

Es ist auch gar nicht zulässig, den Charakter generell einzustufen. Deswegen darf man keine generellen Persönlichkeitstests einsetzen, sondern nur fachspezifische. Extra viele Menschen in ein Vorstellungsgespräch zu setzen, um den Bewerber zu stressen und dessen Reaktion beobachten zu können ist nicht zulässig. Klar, wer will das so genau prüfen, aber sein darf es nicht und der Grund ist mit höchster Wahrscheinlichkeit auch eher, dass alle fünf irgendwie mit Bewerbern zu tun haben und eine Vorschrift besagt, dass die alle dabei sein müssen.

Dumme Frage: Welchen Sinn soll das Vorstellungsgespräch denn dann haben, wenn nicht, den Bewerber mal zu sehen und seine Persönlichkeit irgendwie ein bisschen einschätzen zu können? Dann kann man es ja auch gleich lassen und nur nach den Bewerbungsunterlagen sich entscheiden. Und ich rede hier ja auch nicht von irgendwelchen ausgefeilten heimtückischen psychologischen Spielchen.

Es geht um ganz einfache Fragen, wo man einen Menschen danach schon einschätzen kann. Dafür braucht man oft nur sehr kurz. Manchmal reicht es auch schon aus, wenn der Typ nur einmal den Mund aufmacht und eine Weisheit zum besten gibt. Bestes Beispiel dafür wäre Zed aus Police Academy. :lol: Um ihn und seine Eignung für den Polizeidienst einzuschätzen, dürfte man wirklich nicht lange brauchen. Nicht missverstehen: Ich vergleiche hier nicht den Neffen von laraluca mit Zed, ich will nur verdeutlichen, dass es nicht um tiefgreifende psychologische Spielchen gehen muss, sondern ein kurzes Gespräch reichen kann. Der berühmte erste Eindruck bildet sich ja auch schon nach zehn Sekunden.

Zitronengras hat geschrieben:Nein, es ging nicht um Verunsicherung. Warum sollte das auch jemanden verunsichern, dass er etwas Irrelevantes nicht weiß? Die Frage hat der deswegen gestellt, weil er prüfen wollte, ob ich nur lüge und behaupte, ich hätte schon mit dem Test gearbeitet oder ob ich das Handbuch wirklich schonmal verwendet habe.

Woher willst du das wissen? Hast Du denjenigen gefragt, warum er Dir diese Frage gestellt hat? Und meinst Du wirklich, er erzählt Dir dann die Wahrheit? Insbesondere dann, wenn es nach Deinen eigenen Worten verboten ist, solche Fragen zur Einschätzung des Charakters zu stellen? Und warum sollte er Dich dann so ausfragen, ob Du wirklich mit dem Test gearbeitet hast? Wenn jemand lügen wollte, dann hätte er sich doch wenigstens mal das Buchcover angesehen und könnte die Frage ohne Weiteres richtig beantworten. Lügner bereiten sich im Allgemeinen ja vor, um nicht sofort auszufliegen.

Zitronengras hat geschrieben:Gibt man sich Mühe, dass du dich da wohlfühlst oder ist es eher wie eine Prüfung? In Zeiten des Fachkräftemangels sollte manches Unternehmen seinen Bewerbungsprozess mal überdenken, bevor die Polizei wieder über Personalmangel jammert.

:lol: Nur weil ein gewisser Mangel an Fachkräften herrscht, muss man ja noch nicht jeden nehmen, der irgendwie in der Lage war, ein paar Unterlagen zusammen zu stellen und einen Lebenslauf zu verfassen. Die Persönlichkeit ist meiner Meinung nach auch sehr wichtig. Mit manchen Menschen kann man einfach nicht zusammenarbeiten, da harmoniert es einfach nicht.

Und ich finde das Arbeitsklima auch immens wichtig. Wie soll ich etwa mit einem hochqualifiziertem Menschen zusammenarbeiten, der aber so eine Larifari-Arbeitseinstellung hat und meint, das Geld könne er doch auch einfach so bekommen, ohne dass er wirklich arbeiten braucht? Und wenn man keinen Bock hat, lässt man sich einfach krank schreiben.

An diesem einfachen Gespräch kann man auch schon recht gut sehen, wie derjenige mit Druck umgeht. Oder wie ernst er die Arbeit nimmt bzw. die Stelle haben will. Und das gibt dann auch einen Eindruck davon, wie später die Arbeitsatmosphäre sein wird. Und du warst nicht die einzige hier, die schon im Personalbereich gearbeitet hat. Ich musste früher auch zwischen verschiedenen Bewerbern entscheiden. Und ich habe genau solche Fragen gestellt, um die Reaktionen zu sehen, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie sich die Person später wohl verhalten wird.

Und wenn die Personen etwa probegearbeitet haben oder ein Praktikum absolviert haben, weil man dachte, dass man sie vielleicht doch eventuell falsch eingeschätzt hat und ihnen eine Chance geben wollte, dann hat sich meist das bestätigt, was man schon im ersten Gespräch als Eindruck hatte. Insofern geht es nicht in erster Linie darum, Menschen abzuschrecken und einzuschüchtern. Aber es ist nun mal nicht jeder Mensch von seiner Persönlichkeitsstruktur her für jeden Job geschaffen. Und gerade die Bundeswehr oder die Bundespolizei braucht Leute mit gewissen Fähigkeiten, die man nicht alle erlernen kann.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


SonjaB hat geschrieben:Dumme Frage: Welchen Sinn soll das Vorstellungsgespräch denn dann haben, wenn nicht, den Bewerber mal zu sehen und seine Persönlichkeit irgendwie ein bisschen einschätzen zu können? Dann kann man es ja auch gleich lassen und nur nach den Bewerbungsunterlagen sich entscheiden. Und ich rede hier ja auch nicht von irgendwelchen ausgefeilten heimtückischen psychologischen Spielchen.

Das Wichtigste bei den meisten Jobs ist der Lebenslauf, denn für viele Stelle ist eine gewisse Qualifikation vorgegeben. Gibt auch Ausnahmen, aber oft ist das das Entscheidendste. Und das Vorstellungsgespräch ist dann zum Kennenlernen. Aber trotzdem darf man keine psychologischen Tricks anwenden, um den Charakter des Bewerbers irgendwie zu klassifizieren, das wäre nicht erlaubt.

Zudem bekommt man in der Personaler-Ausbildung beigebracht, dass man eben nicht nach dem ersten Eindruck gehen darf, da der oft täuschen kann, sondern wenn man weiche Kriterien, also Charaktermerkmale heranziehen will, diese mit fundierten Verfahren prüfen muss (berufsspezifische Persönlichkeitsfragebögen, strukturierte Interviews die dann auch objektiv ausgewertet werden, Assessment Center usw.). Es soll eben gerade nicht so ein, dass ein Personaler den Bewerber aussortiert, weil er den unsympathisch fand oder der mal komisch guckte.

Woher willst du das wissen? Hast Du denjenigen gefragt, warum er Dir diese Frage gestellt hat? Und meinst Du wirklich, er erzählt Dir dann die Wahrheit? Insbesondere dann, wenn es nach Deinen eigenen Worten verboten ist, solche Fragen zur Einschätzung des Charakters zu stellen? Und warum sollte er Dich dann so ausfragen, ob Du wirklich mit dem Test gearbeitet hast? Wenn jemand lügen wollte, dann hätte er sich doch wenigstens mal das Buchcover angesehen und könnte die Frage ohne Weiteres richtig beantworten. Lügner bereiten sich im Allgemeinen ja vor, um nicht sofort auszufliegen.

Dass sich Lügner immer auf alles vorzubereiten bezweifle ich. Manchmal lügt man einfach spontan und wusste nicht, was gefragt sein wird. Das wusste man ja vorher nicht, dass da nach einem spezifischen Test gefragt wird. Es gibt sehr viele solcher Tests und die jetzt vorbeugend auswendig lernen macht sicher keiner. Ich hatte vorher irgendwelche Daten zur Bundeswehr auswendig gelernt. Die wurden nämlich einem Bekannten beim Vorstellungsgespräch auch abgefragt. Wobei ich schon zweifelte, was das für ein Verein ist, der Wert darauf legt, dass man irgendwelche Truppenstärken aufsagen kann.

Ich hatte im weiteren Gesprächsverlauf gesagt, dass dieser Test bei meiner vorhergehenden Stelle immer nur kopiert wurde und ich daher das Original nicht kenne und somit den Verlag nicht benennen kann, dass ich das aber auch nicht so wichtig finde. Und da ist er sehr aus der Rolle gefallen und regte sich auf, dass das doch verboten ist, die Tests abzukopieren. Deswegen schlussfolgere ich mal, dass er mit den genauen Fragen abschätzen wollte, ob ich lüge. Denn verunsichert hat er mich damit nicht, ich dachte eher, was will der dieses unwichtige Zeug so genau wissen.

:lol: Nur weil ein gewisser Mangel an Fachkräften herrscht, muss man ja noch nicht jeden nehmen, der irgendwie in der Lage war, ein paar Unterlagen zusammen zu stellen und einen Lebenslauf zu verfassen. Die Persönlichkeit ist meiner Meinung nach auch sehr wichtig. Mit manchen Menschen kann man einfach nicht zusammenarbeiten, da harmoniert es einfach nicht.

Dass man jeden einstellt meine ich auch nicht, das wäre ja das andere Extrem. Die Persönlichkeit kann man nie in einem Gespräch wirklich ergründen. Auch hängt das Arbeitsklima wesentlich davon ab, wie die Mitarbeiter untereinander harmonieren und das weiß man beim Vorstellungsgespräch auch nicht, ob es dann vielleicht doch jemandem im Team gibt, der mit dem neuen Kollegen dann doch nicht auskommt oder anders herum.

Wie soll ich etwa mit einem hochqualifiziertem Menschen zusammenarbeiten, der aber so eine Larifari-Arbeitseinstellung hat und meint, das Geld könne er doch auch einfach so bekommen, ohne dass er wirklich arbeiten braucht? Und wenn man keinen Bock hat, lässt man sich einfach krank schreiben.

Wie sollst du das? Warum würde das nicht gehen? Was tangiert dich die Arbeitseinstellung deiner Kollegen? Du kannst doch einfach deine Arbeit machen und lässt die anderen das tun, was sie eben tun. Mir ist schon klar, dass du da auf mich abzielst, aber da du die ganzen Umstände gar nicht kennst, solltest du dir da vielleicht kein Urteil bilden und mir nicht unterstellen, ich hätte eine Larifari-Arbeitseinstellung und würde mich krankschreiben lassen, weil ich keinen Bock habe.

Selbst wenn ich eine Larifari-Arbeitseinstellung hätte, was ich bestreite, aber selbst wenn es hypothetisch so wäre, dann hätte ich das bestimmt nicht im Vorstellungsgespräch mitgeteilt. Insofern nützt ein Jobinterview nichts dabei, Menschen herauszufiltern, die vielleicht irgendwann nicht mehr so wollen wie es erwünscht ist. Aber nochmal, da du die Umstände nicht kennst, verbittet sich ein Urteil über mich.

Und ich habe genau solche Fragen gestellt, um die Reaktionen zu sehen, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie sich die Person später wohl verhalten wird.

Ok, mir hat man es aber im Rahmen meiner personalwirtschaftlichen Ausbildung genau anders beigebracht, eben solche Fragen nicht zu stellen, weil die keine prognostische Validität haben und solche Spielchen zu unterlassen. Das kann nämlich keiner abschätzen, wie sich jemand später verhalten wird, nur weil man jemanden im Jobinterview mal kurz gestresst oder peinliche Fragen gestellt hat. Da gibt es keinen besonders hohen Zusammenhang.

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