Vertrag auslaufen lassen oder schon vorher Handtuch werfen?
Corona wird uns sicherlich noch bis Ende des Jahres begleiten und so denke ich, dass auch meine Home Office Regelung so bleibt und ich bei meinem Nebenjob nicht persönlich erscheinen muss. Die Stelle hatte ich vor fast 1,5 Jahren, also zu Beginn der Corona-Krise angefangen und recht bald wechselte das Tätigkeitsmodell in die Arbeit von zu Hause aus. Der Vertrag wurde einmal verlängert und mein aktueller Vertrag läuft bis Ende Herbst. Ich habe noch eine andere Kollegin, aber die wechselte mehrfach; zuerst war eine junge Studentin mit bei dem Projekt, dann eine Bachelor-Absolventin und nun wieder eine andere. Die bleiben alle nur ein paar Monate, die 1,5 Jahre bei mir sind also schon richtig lang.
Vielleicht auch zu lang, denn ich habe gar keine Lust mehr auf diese Tätigkeit, auch im Home Office nicht. Nun überlege ich, ob ich (so wie es meine Kollegen immer gemacht haben) den Vertrag auslaufen lassen sollte. Dann frage ich mich aber auch, was ich denn bis Ende Herbst, das sind ja noch mehrere Monate, machen soll. Es wäre doch auch schön, wenn ich die paar Monate noch das Geld mitnehmen könnte, denn die Uni ist ja auch kein Wirtschaftsunternehmen und ob die mir nun noch ein paar Monate Geld zahlt oder nicht, ist ja für die egal. Es bringt keinem was, wenn das Geld, was für meine Stelle vorgesehen ist, verfällt, weil keiner die Stelle inne hat. Ja und mir bringt ein Mehr an Geld natürlich schon was.
Mir kommen dazu verschiedene Gedanken. Ich hatte erst die Idee, mich krankschreiben zu lassen. Allerdings kann ich mich nicht über mehrere Monate krankschreiben lassen, das würde nicht gehen und spätestens wenn ich dann Krankengeld bekomme, würde auffallen, dass ich meinen anderen Nebenjob durchaus noch wahrnehme. Ebenso könnte man ja mit den zwei Vorgesetzten, die ich da habe, offen sprechen und sagen "Ich werde die Stelle hier auslaufen lassen und nicht verlängern. Ich weiß, es sind noch vier Monate. Könntet ihr euch vorstellen, dass ich nicht mehr so viel mache und mich schon vorher etwas ausklinke, aber wir das offiziell hier bis zum Vertragsende weiterlaufen lassen?".
Wie die darauf reagieren, weiß ich nicht. Wie gesagt, die Uni ist kein Wirtschaftsunternehmen und einen finanziellen Schaden hätte davon keiner. Wahrscheinlich sind die beiden aber so beflissen, dass sie mich das nicht so einfach machen lassen würden. Allerdings, das spricht wieder für meine Variante, kenne ich eine andere Person, die früher mal an dem Projekt gearbeitet hat und zum Schluss, die letzten paar Wochen, auch alles schleifen ließ und das hat man der Person auch so durchgehen lassen. Und wenn die das durfte, warum nicht ich auch?
So frage ich mich halt, sollte ich den Vertrag auslaufen lassen oder schon vorher das Handtuch werfen? Sollte ich das denen offen kommunizieren, dass ich nicht mehr will und mit Verweis auf das Beispiel der anderen Kollegin darum bitten, dass sie mich einfach in Ruhe lassen oder wie könnte man das machen?
Zitronengras hat geschrieben:Wie die darauf reagieren, weiß ich nicht. Wie gesagt, die Uni ist kein Wirtschaftsunternehmen und einen finanziellen Schaden hätte davon keiner. Wahrscheinlich sind die beiden aber so beflissen, dass sie mich das nicht so einfach machen lassen würden. Allerdings, das spricht wieder für meine Variante, kenne ich eine andere Person, die früher mal an dem Projekt gearbeitet hat und zum Schluss, die letzten paar Wochen, auch alles schleifen ließ und das hat man der Person auch so durchgehen lassen. Und wenn die das durfte, warum nicht ich auch?
Ich finde schon, dass du eine eigenartige Sicht der Dinge hast, wie eine Uni funktioniert. Natürlich ist eine Universität in aller Regel kein privatwirtschaftliches Unternehmen. Aber auch Universitäten sind kein Selbstbedienungsladen und auch da wird schon auf Wirtschaftlichkeit geachtet. Klar fördern Universitäten auch Projekte, die am Ende zu keinem Erfolg führen und wo dann sprichwörtlich Geld verbrannt worden ist. Aber auch das passiert ja vor dem Hintergrund eine Forschung zu betreiben oder in der Hoffnung, dass man damit später Geld verdienen könnte.
Und so gibt es an der Universität ja genauso auch kaufmännische Geschäftsführer und die Abteilungen müssen schon sehen, was sie mit ihrem Geld anstellen. Dabei gibt es sicherlich auch Führungskräfte, die von Wirtschaftlichkeit weniger Ahnung haben und andere, die da mehr darauf achten.
Aber es wird wohl kaum jemanden geben, dem das da völlig egal ist. Von daher würde ich da wenn du schon kein Bock mehr hast, entweder mit offenen Karten spielen, den Leuten das so sagen und die Stelle dann vorzeitig kündigen oder zumindest die Klappe halten. Ich kann ja verstehen, wenn dich die Arbeit nervt und du aber gleichzeitig sagst, du möchtest jetzt ungerne auf das Geld verzichten.
Aber so dreist sein und gleich zu sagen, ich mache hier keinen Finger mehr krumm, aber ich will die Kohle haben, finde ich voll daneben. Und so wird das wohl auch kaum ein Vorgänger von dir gemacht haben. Die haben vielleicht wirklich die Arbeit zum Schluss schleifen lassen, aber sie werden das doch nicht Monate vorher angekündigt haben. Und ganz ehrlich gegen faule oder auch dumme Mitarbeiter kann man nichts, die hat man immer und damit werden viele Chefs leben können. Sich dumm anstellen fällt also wohl eher weniger auf.
Aber offenkundig und angekündigt die Arbeit verweigern, dass wäre für mich als Vorgesetzter ein Kündigungsgrund. Denn am Ende solltest du vielleicht auch nicht außer Acht lassen, dass auch deine Vorgesetzten nur Menschen sind, auch wenn sie vielleicht an der Uni arbeiten und nicht in einer Privatfirma. Aber auch die werden sich dann schon fragen, warum sie für ihr Geld arbeiten sollen und du faulenzt nur ab. Menschen sind eben überwiegend von Natur aus Neider.
Klehmchen hat geschrieben:Klar fördern Universitäten auch Projekte, die am Ende zu keinem Erfolg führen und wo dann sprichwörtlich Geld verbrannt worden ist. Aber auch das passiert ja vor dem Hintergrund eine Forschung zu betreiben oder in der Hoffnung, dass man damit später Geld verdienen könnte.
Der Bereich, in dem ich da arbeite, wird sicherlich nie Geld mit dem verdienen, was die da machen. Ich wüsste nicht, wie die mit ihrem Forschungsthema Geld einnehmen wollen. Eigentlich verbrennen die wirklich nur Fördermittel.
Klehmchen hat geschrieben:Aber so dreist sein und gleich zu sagen, ich mache hier keinen Finger mehr krumm, aber ich will die Kohle haben, finde ich voll daneben. Und so wird das wohl auch kaum ein Vorgänger von dir gemacht haben. Die haben vielleicht wirklich die Arbeit zum Schluss schleifen lassen, aber sie werden das doch nicht Monate vorher angekündigt haben.
Soweit ich weiß, hat der Vorgänger nur noch das absolut Nötigste gemacht und sich immer wieder lange krankschreiben lassen. Das muss ein Zeitraum von etwa drei Monaten gewesen sein, also so wie bei mir. Natürlich würde ich das nicht ankündigen, also das wäre ja schon doof.
Klehmchen hat geschrieben:Denn am Ende solltest du vielleicht auch nicht außer Acht lassen, dass auch deine Vorgesetzten nur Menschen sind, auch wenn sie vielleicht an der Uni arbeiten und nicht in einer Privatfirma. Aber auch die werden sich dann schon fragen, warum sie für ihr Geld arbeiten sollen und du faulenzt nur ab. Menschen sind eben überwiegend von Natur aus Neider.
Ja, aber der Vorgesetzte verdient ja auch wesentlich mehr als ich, da er Projektleiter ist. Wenn man mir das Dreifache zahlen würde, würde ich mich vielleicht auch noch ein paar Wochen zusammenreißen. Aber so ist es einfach nur ein total öder Job, zu dem mich nichts motiviert.
Zitronengras hat geschrieben:Ja, aber der Vorgesetzte verdient ja auch wesentlich mehr als ich, da er Projektleiter ist. Wenn man mir das Dreifache zahlen würde, würde ich mich vielleicht auch noch ein paar Wochen zusammenreißen. Aber so ist es einfach nur ein total öder Job, zu dem mich nichts motiviert.
Ja und? Das ist doch keine Begründung. Es wird immer Menschen geben, die mehr verdienen als du. Aber was spielt das denn für eine Rolle? Vielleicht arbeiten sie dafür mehr als du, vielleicht haben sie eine andere Ausbildung als du, vielleicht haben sie mehr Verantwortung als du, vielleicht haben sie auch nur mehr Glück gehabt als du. Das ist doch egal. Er verdient ja nicht mehr als du für den gleichen Job, sondern weil er den Kopf für das Projekt hinhalten muss und andere Aufgaben hat als du. Das wird dir in deinem ganzen Leben immer wieder passieren.
Und du hast ja quasi doch geschrieben was du willst. Du willst nicht mehr arbeiten, aber du brauchst weiter das Geld. Das kann man ja irgendwo verstehen, weil es der bequemste Weg ist. Kann man jetzt doof finden oder nicht, aber es ist verständlich. Und du bist ja noch weiter gekommen, du hast ja schon eine Lösung für das Problem. Nämlich die deines Vorgängers. Lass dich einfach immer mal wieder krankschreiben und sonst machst du eben nur das Nötigste. Das ist noch die sauberste Lösung.
Klehmchen hat geschrieben:Ja und? Das ist doch keine Begründung. Es wird immer Menschen geben, die mehr verdienen als du. Aber was spielt das denn für eine Rolle? Vielleicht arbeiten sie dafür mehr als du, vielleicht haben sie eine andere Ausbildung als du, vielleicht haben sie mehr Verantwortung als du, vielleicht haben sie auch nur mehr Glück gehabt als du.
Der Chef hat einen Dr., ich habe einen Dr., also haben wir im Prinzip die gleiche Ausbildung, wobei er genau genommen in einem Fach promoviert hat, was im Vergleich zu meinem nicht so anspruchsvoll ist und wo man meistens weniger für einen Dr. machen muss als bei mir in den Naturwissenschaften. Der zweite Mitarbeiter promoviert gerade, damit müsste er eigentlich unter mir stehen, er gibt mir aber Anweisungen. Aber ja, die hatten eben mehr Glück und ich kannte mich in den Vergütungsstrukturen der Uni nicht gut genug aus, um das gleich anfangs zu bemerken.
Und du hast ja quasi doch geschrieben was du willst. Du willst nicht mehr arbeiten, aber du brauchst weiter das Geld. Das kann man ja irgendwo verstehen, weil es der bequemste Weg ist. Kann man jetzt doof finden oder nicht, aber es ist verständlich. Und du bist ja noch weiter gekommen, du hast ja schon eine Lösung für das Problem. Nämlich die deines Vorgängers. Lass dich einfach immer mal wieder krankschreiben und sonst machst du eben nur das Nötigste. Das ist noch die sauberste Lösung.
Ja, das habe ich auch so vor. Mein Hauptproblem ist aber, dass ich mit deren Art nicht klarkomme. Es ist ja auch bei meinem anderen Nebenjob so, dass ich da die einzige mit Dr. bin und ich teilweise Anweisungen von Leuten bekomme, die nicht mal studiert haben. Aber da stört mich das nicht, weil die mich einfach machen lassen. Die geben mir ein Ziel vor und wie ich da hin komme, bleibt mir überlassen. Das ist der Arbeitsstil, den ich mag und da ist es mir auch völlig Wurst, ob jemand studiert hat oder nicht. Aber mir haarklein alles vorzuschreiben und an jeder Aufgabe noch etwas zu finden, was ich zig mal nachbessern soll, was für mich dann schon wie Schikane aussieht, das ist nicht nett und genau so läuft es aber beim Job an der Uni.
Das konnte ich aber vorher nicht ahnen. Ich hatte mir die ganze Arbeitsweise anders vorgestellt und natürlich dachte ich auch, dass die mir da mehr Entscheidungsfreiheiten geben. Es interessiert sich auch keiner für meine Meinung oder meine Vorschläge, sondern ich soll alles, wie ein Fließbandarbeiter, nach festen Vorgaben machen und ja nicht davon abweichen. Sorry, aber dafür habe ich nicht promoviert. Und wenn die ein bisschen Empathie hätten, müsste denen das auch klar sein, dass mich das frustriert.
Zitronengras hat geschrieben:Es ist ja auch bei meinem anderen Nebenjob so, dass ich da die einzige mit Dr. bin und ich teilweise Anweisungen von Leuten bekomme, die nicht mal studiert haben.
Ich sag es ja nur ungerne. Aber ein Doktortitel alleine reißt eben nicht alles heraus. Ich habe auch studiert, aber keinen Doktortitel und hatte in meinem Berufsleben schon Positionen wo ich promovierte Mitkollegen Anweisungen geben konnte, weil sie unter mir standen. Darauf allein kann und sollte man sich nicht ausruhen. Es kommt immer auf den Job an und auch auf das was da gerade gefordert wird. Und nicht immer sagt da eine Promotion viel darüber aus, ob man diesen Job jetzt besonders gut machen kann oder nicht.
Also verstehe mich jetzt nicht falsch. Ich will eine Promotion nicht kleinreden und ja, es gibt auch Bereiche, da ist sie zwingend erforderlich oder wirkt sich direkt auf das Gehalt aus. Aber das Wichtigste hast du ja auch schon gesagt. Promotion hin oder her, du kommst mit ihrer Art nicht klar und bist unzufrieden. Das ist ja wie ich finde noch schlimmer als mit der Vergütung unzufrieden zu sein. Du musst ja jeden Tag mit den Menschen zusammen arbeiten. Da muss man schon miteinander auskommen. Ansonsten nutzt auch die beste Vergütung oder Arbeitszeit oder auch das tollste Projekt nichts. Da kommt man am Ende immer unglücklich nach Hause, weil man von den Kollegen genervt ist.
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