Empörung gegenüber Aktion Alles dicht machen gerechtfertigt?
Wahrscheinlich hat schon fast jeder von der Aktion unter dem Hashtag "allesdichtmachen" mitbekommen: 53 Schauspieler haben entsprechend viele Einzelvideos online gestellt, in welcher sie aus ihrer Sicht auf ironische und süffisante Art und Weise die aktuellen Corona-Maßnahmen kritisieren.
Von einigen gesellschaftlichen Strömungen wie den Querdenkern oder der AFD wurde diese Kritik natürlich dankbar angenommen, während sich viele renommierte Stars, aber auch zig Tausende privater Bürger und nun vor allem die Intensiv- und andere Mediziner sowie das Klinikpersonal angewidert und empört zeigten.
Ich selbst finde diese Aktion sehr problematisch, habe auch die entsprechenden Videos gar nicht gesehen, nicht sehen wollen. Zwar kann ich sehr gut verstehen, dass man als Einzelner leidet, aber nicht, dass die Notwendigkeit infrage gestellt wird. Bekommen die Schauspieler zu Recht ordentlich Gegenwind? Manche von ihnen rudern ja schon zurück.
Ich habe alle Videos gesehen und fand sie ebenso entlarvend wie erheiternd. Ich denke durchaus, dass die Leute sehr vielen Menschen aus der Seele sprechen. Über 405.000 Likes gegenüber etwas über 26.000 Dislikes auf YouTube sagen ja auch etwas aus, das sind sicher nicht alles "Rechte" und "Querdenker".
Ich denke auch, dass Satire nicht der schlechteste Weg ist, Kritik an den maßlos überzogenen Maßnahmen zu üben. Das viele jetzt erschrocken zurückrudern, ist allerdings erbärmlich und rückgratlos. Zustimmung von der falschen Seite ist kein Argument. Man kann nicht einen Tag seine Meinung äußern und sie bei etwas Gegenwind ängstlich zurückziehen. Schließlich ist das Statement raus und nicht mehr aus der Welt zu kriegen, dann muss man auch den ganzen Weg gehen.
Die Reaktionen hierauf zeigen auch, wie weit es in dieser Gesellschaft schon gekommen ist. Wer Kritik wagt und nicht entsprechend der vorgegebenen Meinung strammsteht wird regelrecht geschlachtet und muss mit gesellschaftlicher Ächtung rechnen, dies geht ja sogar so weit, dass ein Rundfunkrat und SPD-Mitglied ein Berufsverbot für die Leute gefordert hat. Das muss man sich mal verinnerlichen, Forderungen nach einem Vorgehen gegen Kritiker nach DDR-Manier sind hierzulande also inzwischen legitim. Allerdings hat er seine Forderung nach einem gewaltigen Shitstorm doch lieber wieder von Twitter entfernt.
Absolut überraschend ist die eher positive Reaktion der Politik. Jens Spahn äußerte ja, dass er gut findet, dass es solche Aktionen im Rahmen der freien Meinungsäußerung gibt. Er möchte ja auch gerne einen Dialog mit den Leuten führen. Und auch Herr Laschet nahm die Leute in Schutz und machte klar, dass niemand der Schauspieler "AfD-nah" oder gar rechts ist.
Für mich zeigen die heftigen Reaktionen, dass solche Aktionen notwendiger sind denn je. Und die Leute, die sich in nahezu lynchmobartiger Weise dermaßen über Kritik an der vorgegebenen Linie aufregen, entlarven sich letztlich nur selbst. Es ist Heuchelei, sich urplötzlich ausgerechnet für Corona-Tote dermaßen zu echauffieren, während unzählige an anderen vermeidbaren Krankheiten Sterbende und Verstorbene sie zeitlebens nie interessiert haben, interessieren oder nach Corona interessieren werden. An Krebs z.B. sterben jährlich nahezu 3x mehr Menschen als an Corona. Aber das Virus ist halt gerade groß "in Mode" und man kann sich wunderbar mit seiner Empörung profilieren.
Verbena hat geschrieben:Zwar kann ich sehr gut verstehen, dass man als Einzelner leidet, aber nicht, dass die Notwendigkeit infrage gestellt wird.
Wie kommst Du darauf, dass man das nicht infrage stellen darf? Exakt dieser "Kadavergerhorsam" ist ja zentrales Thema der Aktion. Schließlich gab es bis jetzt nicht eine einzige Maßnahme unserer völlig im Blindflug agierenden Regierung, die auch nur ansatzweise einen Effekt hatte. Auch der aktuelle Lockdown, für dessen Wirksamkeit es nicht die geringste wissenschaftliche Evidenz gibt, einschließlich sowieso völlig sinnentleerter Verordnungen wie Ausgangssperren oder nächtliche Autofahrverbote wird nicht das Geringste bringen. Dass die Zahlen während des ersten Lockdowns sanken, war offensichtlich Zufall und saisonal bedingt.
In was für einem Land leben wir denn mittlerweile, wo man nur noch zu gehorchen hat, nichts mehr diskutieren, kritisieren oder seinen eigenen Verstand gebrauchen darf. Diese Regierung und ihr Klüngel aus handverlesenen, kanzlertreuen "Experten" ist schließlich weder allwissend, noch unfehlbar. Ganz im Gegenteil, seit einem Jahr produzieren sie nichts als wirkungslosen Unsinn, bleiben aber völlig lernresistent.
Das Ganze wird ja als "Kunst" verkauft. Ich weiß nicht ob das immer der Plan war oder ob sie erst hinterher auf die Idee kamen, dass man ja mit "Kunst" argumentieren könnte, als nicht alle brav Beifall geklatscht haben und ihre Videos direkt unter antisemitischer Hetze auftauchten und gefeiert wurden.
Tatsache ist aber, dass moderne Kunst oft von inszenierter Empörung und inszenierten Skandalen lebt und ohne das ganze Drumherum total irrelevant wäre. Wenn man sich über die Aktion aufregt und es gibt sicher berechtigte Gründe dafür, dann sollte man sich vielleicht überlegen, ob man sich zu einem Teil der Inszenierung machen möchte. Oder ob es nicht viel klüger ist das Ganze einfach zu ignorieren und den Künstlern genau das nicht zu geben, was sie brauchen - Aufmerksamkeit.
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