Sich zu alt für eine Wohngemeinschaft fühlen?
Eine Bekannte von mir hat sich von ihrem Partner getrennt, mit dem sie viele Jahre zusammen war und auch zusammen gewohnt hat. Nun möchte sie schnellstmöglich ausziehen, wobei sie vor einem Problem steht. Zu ihren Eltern möchte sie auf keinen Fall, da sie nun auch schon über dreißig Jahre alt ist. Alleine wohnen möchte sie aber auch ungern, da sie noch nie allein gelebt hat und ein Mensch ist, der immer jemanden um sich herum haben muss.
Ich habe ihr dann auch geraten, in eine Wohngemeinschaft zu ziehen, wobei sie meinte, dass das auch wieder Probleme mit sich ziehen würde. Von den meisten WGs hatte sie bisher nur Absagen bekommen, da die Bewohner wesentlich jünger waren, als sie. Meistens leben ja tatsächlich Studenten in WGs. Aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis hat sie dazu ebenfalls nur negative Kommentare deshalb bekommen. Sie meinten, dass meine Bekannte definitiv zu alt für eine WG sei.
Habt ihr euch schon einmal zu alt für eine Wohngemeinschaft gefühlt? Wann war das? Ist es ab dreißig tatsächlich so schwer, eine WG zu finden?
Ich kenne viele Leute über 30, die in WGs wohnen. (mich zum Beispiel ) Wir sind zu viert im Alter von 30, 32, 36 und zarten 22. Der 22-jährige wohnt hier allerdings nur, weil wir keinen älteren Mitbewohner gefunden haben. Grundsätzlich bevorzugen wir Leute in unserem Alter, weil die Unterschiede sich eben doch bemerkbar machen was Haushaltsführung, Selbständigkeit, grundsätzliche Lebensführung, Reife betrifft.
Ich denke, mit den richtigen Mitbewohnern ist man auch nicht zu alt für das WG-Leben, es kann sogar sehr schön und bereichernd sein. In einer Studenten-WG mit wesentlich jüngeren Leuten zu leben könnte ich mir allerdings auch nicht gut vorstellen.
Für mich hat das Leben in einer WG gar nichts mit dem Alter zu tun, sondern eher mit dem Budget und dem Charakter. Bei uns in der Großstadt ist es normal, dass man auch dann in einer WG lebt, wenn man fertig mit der Ausbildung oder dem Studium ist und sich theoretisch eine eigene Wohnung leisten könnte. Aber bezahlbarer Wohnraum ist hier extrem rar gesät, sodass man eben zusehen muss, dass man überhaupt etwas findet und nicht auf der Straße oder im überteuerten Hotel schlafen muss.
Ich glaube nicht, dass das etwas mit dem Alter zu tun hat. Vielleicht muss sie einfach mal auf anderen Seiten schauen, denn es gibt schon einige Menschen, die auch über 30 noch in Wohngemeinschaften leben, einfach weil sie es mögen und so gut finden. Das dürfte also kein Problem sein. Vielleicht ist es ihr aber einfach ein bisschen unangenehm nun Single zu sein und sich etwas suchen zu müssen. Natürlich muss es gerade bei einer WG schon passen und da braucht es auch etwas Zeit bis man die passenden Leute gefunden hat, dann muss man entweder eine Notlösung nehmen oder zu den Eltern gehen, damit man dann in Ruhe suchen kann.
Ich empfinde es schon als ziemliches Luxusproblem, einerseits nicht alleine wohnen zu wollen, weil man es nicht "gewohnt" sei, andererseits aber auch nicht in eine WG ziehen zu wollen. Und Mama und Papa gehen schon gleich zweimal nicht. Was bleibt da noch? Sich eine Gesellschafterin zu nehmen, die die Dienstbotenkammer unter dem Dach bewohnt?
Ich war nie ein großer Fan von WGs und kann auch verstehen, dass sich viele Leute irgendwann zu "alt" dafür fühlen. Wenn man das erste Mal von Zuhause weg ist, fühlt sich alles noch neu und aufregend an und es ist sicher auch oft leichter, mit Gleichgesinnten zusammen das Erwachsenenleben zu entdecken und auch mal über die Stränge zu schlagen. Normalerweise jedoch verfliegt dieser Reiz im Laufe der Zwanziger bei vielen Menschen, und man sehnt sich nach den eigenen vier Wänden ohne Party und Putzplan, wo man nur seinen eigenen Dreck wegmachen muss und jederzeit nackt ins Bad schlurfen kann. Das ist für mich eine gar nicht ungewöhnliche Entwicklung.
Von daher verstehe ich auch, dass die "heutige Jugend" lieber Leute in der WG hat, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden. Wenn ich 22 wäre, hätte ich bei Ü30 auch Bedenken, dass es beispielsweise Diskussionen wegen "Herrenbesuchen", verdächtigen Rauchwolken oder unterschiedlichem Musikgeschmack geben würde. Und ehrlich gesagt klingt die Gute schon ein bisschen anstrengend, wenn sie mit 30+ noch Gesellschaft und Bespaßung braucht und am Ende dem Jungvolk auf die Nerven geht.
Gerbera hat geschrieben: Und ehrlich gesagt klingt die Gute schon ein bisschen anstrengend, wenn sie mit 30+ noch Gesellschaft und Bespaßung braucht und am Ende dem Jungvolk auf die Nerven geht.
Andererseits: was hat das mit dem Alter zu tun, ob man lieber in Gesellschaft als allein wohnt? Gerade im höheren Alter ist das Alleinsein durchaus ein Problem, das auch in Einsamkeit umschlagen kann. Es geht da nicht unbedingt um banale Bespaßung, sondern darum, nicht zu vereinsamen. Daher würde ich das Bedürfnis nach einem Leben in Gemeinschaft nicht als belangloses Bedürfnis abtun.
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