Spaltet sich eure Familie durch Corona?
Ich habe zu meinen Geschwistern keinen innigen Kontakt, aber wir hatten immer das Gefühl, dass wir uns in schwierigen Zeiten aufeinander verlassen können. Wir haben Erbschaften ohne Streit überstanden, Nichten und Neffen gegenseitig untergebracht, wenn sie in ihrer Jugend viel unterwegs waren und uns sogar in zwei Fällen finanziell unterstützt, und das alles ohne Streit.
Aber Corona ist wohl zu viel. Es gibt bei uns je nach Lebenssituation unterschiedlichen Lager. Eine ist Krankenpflegerin und arbeitet sozusagen an der Front, die andere verharmlost Corona und fühlt sich unnötigerweise in ihrem Leben eingeschränkt und für einen bedeutet Corona keine große Veränderung, weil er keine Kinder hat und eh immer schon viel von zuhause gearbeitet hat und wie ich eher ein Stubenhocker.
Neulich gab es per WhatsApp einen riesigen Streit. Irgendetwas ist da ausgebrochen, was wohl bis jetzt verdeckt werden konnte. Die, die Corona verharmlost, ist aus der Gruppe ausgetreten und meint, dass wir alle hysterisch seien und einen Psychiater bräuchten, der uns wieder zurechtrückt. Und als Krankenschwester habe sie ihren Job ja freiwillig gewählt, auch sie hätte in ihrem Beruf manchmal stressige Zeiten.
Geht bei euch auch wegen Corona ein Riss durch die Familie? Hättet ihr euch das je vorstellen können? Warum wühlt das Thema so auf? Liegt es an den individuellen Erfahrungen mit dem Virus? Herrscht vielleicht, wenn vielleicht auch nicht bewusst, eine riesige Angst vor? Bei den einen, dass die anderen zu unvorsichtig sind und die Seuche weitertragen, bei den anderen, dass durch die Maßnahmen eine wirtschaftliche Katastrophe hereinzieht?
Ich glaube schon, dass sich die Einstellung vieler Leute noch mal ändern wird, wenn bei uns die Krankenhäuser noch voller werden und keine Plätze mehr da sind, denn dann wird das Elend sichtbarer, auch für die Leugner. Das wird man auch nicht mehr ewig halten können. Natürlich ist das aber ein sehr strittiges Thema, weil eine Seite sehr vernünftig und umsichtig handelt und die andere Seite einen für gestört und blöd hält, weil man übertreiben würde. Solche Diskussionen gab es auch schon bei mir in der Familie.
Es werden aber auch bald mehr junge Menschen betroffen sein, denn die neue Variante ist ja auch gefährlicher für Kinder und dann findet vielleicht auch eher ein Umdenken statt. In vielen Köpfen ist es eben so, dass die Alten ja nun geschützt sind und man keine Angst mehr haben muss, was aber absolut falsch ist. Das alles reibt auf und gerade wenn man freiheitsliebend ist, dann ist es eben auch so, dass man sich super schnell super hart eingeschränkt fühlt und das vielleicht auch weniger nachvollziehen kann, weil die Freiheit einem gut tut und die Beschlüsse nicht.
Es ist ja generell auch nie schlimm eine andere Meinung zu haben, nur ist eben jedem klar, der sich damit wirklich auseinandergesetzt hat, dass diese Leugner eben andere Menschen gefährden und daher kann und möchte man sich das in der eigenen Familie auch nicht gefallen lassen, weil man weiß wer eventuell eben auch sterben kann, man kennt ja alle Personen. Streit finde ich daher leider bei diesem Thema und unterschiedlicher Einstellung dazu, normal.
Nein, meine Familie ist glücklicherweise vernünftig, weswegen wir leider schon seit einem halben Jahr nur noch über WhatsApp in Kontakt stehen, aber im Großen und Ganzen herrscht in den wichtigen Fragen Einigkeit. Für die beiden Nichten ist es ganz schlecht, dass sie nicht in die Kita dürfen, meine Schwester in der Großstadt betreibt seit Monaten den gleichen Ritt auf der Rasierklinge, weil ihr Arbeitgeber kein Homeoffice ermöglicht und der Vater ist über 80, den darf man auf keinen Fall anstecken.
Es prallen aber auch keine Welten aufeinander, da Familie Korbblütler auch ohne Seuche ziemlich eigenbrötlerisch unterwegs ist, schon immer viel Wert auf rationales Handeln gelegt hat und glücklicherweise hat sich auch niemand beruflich in den medizinischen Sektor verirrt. Das ist zwar ein hoch respektables und anspruchsvolles Berufsfeld, vor dem ich nach wie vor Hochachtung habe, aber in Seuchenzeiten so ziemlich das Mieseste, was man machen kann. Ich kann verstehen, dass die Nerven blank liegen, wenn man schlimmstenfalls jeden Tag Leichensäcke zumacht, während am Ende noch ein Familienmitglied darauf beharrt, dass das alles "nicht so schlimm" sei.
Also bei uns ist bisher keine Spaltung in Sicht. Wir sind nur langsam auch sozusagen wütend. Die beknackten Maßnahmen bringen nichts und die Regierung hat echt nichts Besseres zu tun als weitere beknackte Maßnahmen wie Ausgangssperren auf den Weg zu bringen, nur weil die Kanzlerin scheinbar auch ein Problem mit Modellregionen hat. Ich hoffe, dass unser MP den Kurs trotz steigender Zahlen beibehält, die wahren Zahlen erscheinen ja erst in circa einer Woche.
Wir kommen alle aus dem entsprechenden Bereich, hatten also auch schon mit den Pandemien unseres Jahrhunderts wie zum Beispiel SARS, MERS, BSE, H5N1, etc. zu tun und waren bei H5N1 die Leute, die mit anderen Einsatzkräften an Übergängen standen und Fahrzeuge desinfizierten. Also wir nehmen die Pandemie schon ernst, betrachten die Sache auch mit teilweiser Besorgnis, aber haben für uns mittlerweile eigene Maßnahmen und Strategien entwickelt, die uns bisher mit negativem Test durch die Pandemie gebracht haben. Außer meine Schwester, die hat sich den Virus in der Behinderteneinrichtung eingefangen, also nicht mal im privaten Raum.
Man merkt schon, dass die Stimmung kippt, egal in welcher Sparte. Wir streiten uns in der Familie nicht, wir haben auch keine Verschwörungstheoretiker, aber man merkt einfach, dass man schon sehr genervt ist und auch dass teilweise Aggressionen hochkochen. Außerdem sind in unserem Umfeld die privaten Zusammenkünfte nicht der Infektionstreiber und so langsam kotzt es uns an, dass die Maßnahmen ständig wie eine Kollektivstrafe auf uns zurollen. Dieses Hü und Hott ist das Nervigste an der Sache.
Wir sind alle eher zu der Fraktion gehörend, die zwar schon weiß, dass man sich schützen sollte, aber manche Maßnahmen übertrieben findet. Allerdings reden wir da auch nicht großartig darüber. Ich denke, es gilt für alle strittigen Themen, Corona, Politik, Religion usw. - man sollte da am besten keine Diskussionen anfangen. Wenn jeder seine individuelle Meinung hat, dann sollte man es lassen, das anzusprechen. So handhabe ich das auch mit anderen, ich gehe dem Thema aus dem Weg und so gibt es auch keinen Streit.
Bei unserer Familie kann man schon feststellen, dass die sich in zwei Lager aufgespalten haben. Auf der einen Seite sind die Übervorsichtigen, die möglichst Nachts noch im Bett eine Maske aufziehen und auf der anderen Seite sind die Verharmloser, die alles herunterspielen und keine wirkliche Gefahr sehen. Deswegen bin ich froh, wenn dieser Spuk ein Ende und man innerhalb der Familie mal wieder andere Themen hat.
Ich vermeide ehrlich gesagt Corona-Gespräche in der Familie. Ich weiß, dass es in unserer Familie verschiedene Ansichten gibt, welche ich alle akzeptiere, aber ich möchte das Thema einfach gerade deswegen nicht vertiefen, um große Diskussionen oder gar Streit zu vermeiden.
Ich kann verstehen, dass Familienmitglieder übervorsichtig sind, die gesundheitlich schon extrem vorbelastet sind. Ich kann aber auch verstehen, wenn (jugendlichen) Familienmitgliedern die Regeln so langsam auf den Geist gehen und sie doch mal statt einer dann auch mal drei Freundinnen treffen oder statt einer Person dann halt doch Oma & Opa den einen Haushalt besuchen.
Ich persönlich würde mich selbst in der Mitte einordnen. Ich verstehe gewisse Maßnahmen wie die Maskenpflicht durchaus, andere Dinge zerren aber auch an meinen Nerven. Und was z.B. das Thema Impfen angeht, bin ich da nicht abgeneigt, bin aber auch jetzt niemand gewesen der sich gleich in die 1. Reihe stellt und sofort dabei ist. Auch da stoße ich z.B. zum Teil auf Unverständnis bei meiner Familie bzw. würde ich, wenn ich das offen kommunizieren würde.
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