Sich ganz gezielt nur für behinderte Tiere entscheiden?
Ich habe mal eine Dokumentation über eine Frau mit einem großen Hof gesehen. Sie hatte mehrere Hunde mit einer Behinderung und auch Katzen. So waren darunter blinde Tiere, welche mit fehlenden Gliedmaßen und so weiter. Auf die Frage hin, warum sie nur behinderte Tiere hat, meinte sie dass sie denen eine Chance geben wollte, da sie sonst kein schönes Leben gehabt hätten. Im Tierheim waren diese Tiere meistens schon eine ganze Weile nicht vermittelt worden.
Ich finde es durchaus löblich, wenn man so eine Einstellung hat. Habt ihr vielleicht auch ein behindertes Tier genommen? Was war euer Gedanke dabei? Ich denke, dass das im Alltag gar nicht so leicht ist, weil man ja auch teilweise höhere Kosten mit einem solchen Tier hat und vielleicht auch nicht alles machen kann.
Als meine Katzen gestorben waren, hatte ich einige Zeitlang auch das Bedürfnis, mir ein Tier mit Handicap zuzulegen. Aus mehreren Gründen habe ich mich dagegen entschieden. Einer der Hauptpunkte war mein mangelndes Abgrenzungsvermögen gegenüber Haustieren. Vom Verstand her kann ich es, aber vom Gefühl her wollte ich nicht noch einmal so mitleiden, wie ich es vorher bei meinen Katzen und ihren teils sehr dramatischen Erkrankungen mit Krampfanfällen, Infusionen, ständigen Besuchen beim Arzt sowie notwendigen Medikamenten und Spritzen musste.
Natürlich ist eine Behinderung keine Krankheit, aber auch da hatte ich Bedenken. Es waren zum einen die eventuell lauernden hohen Kosten, aber auch der zeitlich erhöhte Bedarf, der vielleicht auf mich zugekommen wäre. Und dann auch Fragen wie die, wer sich im Fall der Abwesenheit um ein solches Tier kümmern wird, wie aufwendig es wird, die Wohnung umzugestalten. All solche Fragen haben mich beschäftigt und es lief am Ende darauf hinaus, dass ich mir gar keine eigenen Tiere mehr angeschafft habe.
Mein Freund und ich haben es uns zur Aufgabe gemacht, kranke Tiere gesund zu pflegen und diese dann gut zu vermitteln. Ich hatte einen Hamster mit drei Beinen, eine Schildkröte mit einer starken Verformung des Mäulchens und des Panzers, ein unterversorgtes Chamäleon und einige weitere behinderte oder sehr kranke Tiere. Wir verdienen ganz gut und ich finde es immer wieder erstaunlich, wie gut sich diese Tiere oder gequälte Tiere wieder erholen können. Die Verwandlung zu beobachten tut immer wieder gut. Wir spenden auch viel, aber es ist noch schöner selbst aktiv zu sein.
Wir hatten 5 Frettchen. Drei davon sind leider schon verstorben, aber die hatten ein schönes Leben und sind wirklich alt geworden. Eines der Frettchen war fettleibig und taub, das andere hatte Osteoporose und keinen Schwanz mehr und das dritte kleine Frettchen hatte einen ausgeprägten Gendefekt. Als sie zu uns gekommen sind, waren sie also sehr krank und hatten zu den ganzen Problemen noch wirklich schlimme Zähne. Nach verschiedenen Behandlungen ist ihre Lebensfreude zurück gekehrt und sie haben Vertrauen zu uns gefasst. Die beiden jüngeren Frettchen leben noch bei uns. Die eine hat ständig Husten und die andere hat sich ständig übergeben und ist nun fast blind. Ihnen geht es gut und wir hoffen, dass sie noch ein paar schöne Jahre haben.
Unser Hund ist vom Züchter, da meine Mutter stark allergisch auf die meisten anderen Rassen reagiert. Diese Rasse stand mit zur Auswahl. Unser Hund war der einzige Welpe ohne ein Zuhause. Die Hoden sind nicht abgestiegen und er war winzig. Uns war das egal. Nun hatte er schon eine OP wegen den Hoden, die Zähne sind sehr Zahnsteinanfällig, er hat eine chronische Analdrüsenentzündung, sieht nicht so gut und hat ständig Probleme mit dem Magen. Das alles könnte laut unseren Tierärzten mit einer Unterversorgung im Mutterleib zu tun haben, er könnte aber auch einfach Pech gehabt haben. Uns ist das alles egal, wir sind froh, dass wir ihn haben.
Wir würden auch immer wieder behinderte oder sehr kranke Tiere aufnehmen. Hier geht es nun hauptsächlich um behinderte Tiere, aber ich finde auch, dass man schwere Erkrankungen dazu zählen kann. Ich würde auf jeden Fall auch Tiere mit Amputationen aufnehmen, sowie unsere Bartagame, der einige Zehen fehlen oder wie unseren Hamster, dem ein Beinchen fehlte. Trotz ihrer Behinderung zeigen sie Freude und genießen ihr Leben. Sie geben einem auch jeden Tag etwas zurück und ich freue mich über jedes Tier, welches wieder gesund wird oder trotz seiner Behinderung ein schönes Leben hat.
Wenn ich etwas tierfreundlicher wohnen würde, hätte ich mir auch schon überlegt, mir ein körperlich behindertes Tier aus dem Tierheim zu holen. Mir wäre es egal, ob die Katze blind ist oder der Hund nur drei Beine hat oder nach einem Autounfall aussieht wie Quasimodo, aber keine Schmerzen hat und ein normales Haustierleben führen kann.
Aber als Pflegestelle wäre ich definitiv nicht geeignet. Es macht schon einen Unterschied, auch in der Tierarztrechnung, ob ein Haustier beispielsweise "nur" schlecht sieht oder ob es chronisch krank ist und über längere Zeit Pflege braucht. Ich bin nicht der fürsorgliche Typ. Wenn ich müsste, würde ich natürlich auch nachts alle drei Stunden füttern und Fieber messen, aber freiwillig dafür entscheiden würde ich mich ehrlich gesagt nicht.
Gerade wenn es ans "Eingemachte" geht, sprich Fäkalien und Erbrochenes aufwischen, schwärende Wunden versorgen oder dem Hund im Hintern herumzufummeln, weil die Analdrüsen entzündet sind - für mich nicht. Auch deswegen habe ich gar kein Haustier. Natürlich würde ich mich im Krankheitsfall nach besten Kräften darum kümmern und alles dafür tun, dass es wieder wird, aber so groß ist meine Tierliebe dann doch nicht, dass ich die ganze Arbeit in Kauf nehme.
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