Sind Jugendliche wirklich toleranter als Erwachsene?

vom 18.03.2015, 09:09 Uhr

Laut einer Studie sollen Jugendliche in Deutschland viel toleranter und unkritischer mit gewissen Fragestellungen umgehen als Erwachsene.

Denn unter den Erwachsenen soll sich angeblich eine Fremdenfeindlichkeit ausbreiten, die sich letztendlich durch Pegida etc. zeigt, aber unter den Jugendlichen sieht das Bild da schon anders aus. Angeblich sollen 70% der 16-25 jährigen sprechen sich eindeutig für das Recht aus, im Schulunterricht Kopftücher zu tragen. Bei den Schülern selbst, liegt die Zahl bei 75%. Die Erwachsenen sollen das aber deutlich kritisch sehen, da sind nur etwa 25% dafür, dass Kopftücher im Schulunterricht erlaubt sein sollen.

Es heißt doch selbst immer, dass man nur den Statistiken glauben sollte, die man selbst gefälscht hat. Ich kann mir diese Zahlen ehrlich gesagt nicht vorstellen. Kinder werden sehr stark von der Einstellung ihrer Eltern geprägt und ich kann mir nicht vorstellen, dass das so stimmen kann. Wenn tatsächlich nur 25% der Erwachsenen für Kopftücher in Schulen sind, warum sind es dann aber 75% der Schüler? Die Eltern beeinflussen ihre Kinder immer, egal ob bewusst oder unbewusst, daher werde ich bei diesen Zahlen schon skeptisch, wenn ich ehrlich bin.

Wie denkt ihr darüber? Sind Jugendliche wirklich toleranter als Erwachsene? Woran könnte das liegen? Wie sehr beeinflusst die Meinung von Eltern die Meinung der Kinder und Jugendlichen, wenn sie erwachsen werden?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich bejahe deine Fragestellung: Ja, Jugendliche sind toleranter als Erwachsene. Ein Grund dafür ist ganz sicher das Internet, mit dem die Jugendlichen heute aufwachsen. Und dort gibt es eben mehr als nur die Meinung der Eltern. Grade in der Pubertät bilden sich Jugendliche oft ihre eigene Meinung zu einem Thema, die sie via Facebook, Twitter und Co. auch schnell verbreiten können.

Um auf dein Beispiel mit dem Kopftuch zu kommen: Die Kinder lernen, dass Deutschland ein freies Land ist, in dem man, solange man sich an die Gesetze hält, tun und lassen kann was man will. Wenn dann jemand erzählt, dass das Kopftuch tragen nicht in Ordnung sei, ist das für ein Kind bzw. Jugendlichen komplett unlogisch: Eigentlich darf man tun (und damit auch tragen) was man will und dann hört man so etwas.

Ein weiterer Grund sind die allgemeinen gesellschaftlichen Umstände. Alle Menschen sind vom Gesetz her gleich, das war in vielen Ländern vor ein oder zwei Generationen noch nicht so. Jemanden aufgrund seiner Sexualität, Herkunft oder Hautfarbe auszugrenzen gilt, abgesehen von der Strafbarkeit, unter Jugendlichen als uncool.

Das Ganze lässt sich noch an Wahlergebnissen fest machen. Die sehr liberale Piratenpartei hat vor allem junge Wähler. Ich denke viele Jugendliche wollen etwas verändern, und dazu braucht es deutlich mehr Toleranz gegenüber Allen und Allem. Genau das haben die jungen Leute verstanden.

» silvester95 » Beiträge: 43 » Talkpoints: 18,07 »


Grundsätzlich gewiss, denn aus frühester Kindheit steck in ihnen drin, die Situation hinzunehmen, wie sie ist. Sie bekunden vielleicht ihr Unwohlsein mit Weinen (als Säuglinge, Babys, Kleinkinder), aber wenn doch dadurch an der Situation nichts ändert, nehmen sie es hin und es ist für sie normal.

Kritisch zu sein und in Rastern zu denken, lernen sie von den Erwachsenen, vom Fernsehen (GZSZ & Co.) und von den älteren Schülern, die das schon längst gelernt haben.

» Tritonus » Beiträge: 134 » Talkpoints: 36,24 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich glaube auch, dass die Jugendlichen sehr viel toleranter sind als Erwachsene. Es ist einfach so, dass die Älteren aus einer ganz anderen Generation stammen und es dort einfach in der damaligen "Gesellschaft" andere Werte gab als heute.

Ich stimme dir zu, dass die Eltern ihre Kinder mit ihrer Erziehung beeinflussen, und ihre Werte vermitteln. Aber Kinder sind heutzutage nur in ihren ersten Lebensjahren ausschließlich bei ihren Eltern. Danach gibt es Vorschule, Kindergarten, Schule etc. Sie treten wirklich viel mit der Gesellschaft in Kontakt und heute ist es nun mal so, dass es hier sehr viele Ausländer gibt. Die Kinder/Jugendliche sehen sie einfach eher als normal an als die Ältere Generation.

Und wieso sollte man ihnen etwas verbieten, nur weil sie anderes aufwachsen als man selbst? Selbst innerhalb Deutschland werden Kinder nicht immer gleich erzogen. Also wieso sollten dann andere Kinder etwas verboten werden, nur weil sie aus einem anderen Land kommen?

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» Divia » Beiträge: 745 » Talkpoints: 55,66 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Es war schon immer so, dass Jugendliche sehr viel offener waren. Schröder war als Juso-Chef bekennender Marxist bevor er als Kanzler Hartz IV eingeführt hat. Die Toleranz vergeht wieder. Als Jugendlicher ist man idealistischer. Als Erwachsener wird man realistischer. Das war schon immer so und dies wird immer so sein.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Es war schon immer so, dass Jugendliche toleranter waren, als Erwachsene. Das ist vielleicht je nach Generation und Thema aber auch der Schnelllebigkeit zu verdanken. Ich habe das häufig mit bekommen, dass viele ältere Menschen nicht mit den Veränderungen an sich Probleme hatten, sondern mit dem Gedanken, dass es zu schnell ging. Jugendliche sind daher schon oftmals mit schnelllebigen Veränderungen durchaus einfacher im Umgang und dadurch auch oftmals etwas toleranter - so empfinde ich es.

Je nach Themengebiete sind Jugendliche aber auch offenherziger. Ob es jetzt zum Beispiel Homosexualität ist. Da sind viele Jugendliche deutlich toleranter im Gegensatz zu ihren Verwandten, weil sie damit aber auch ganz anders aufwachsen, als die Eltern womöglich aufgewachsen sind.

Ich denke also auch, dass es nicht nur das Thema ist, sondern auch die Erziehung der Eltern, die Generationsunterschiede und die Unterschiede zur Jugend, wie sie jetzt offen aufwachsen. Dadurch kann sich natürlich entsprechend auch das Verhalten zum Thema verändern und Jugendliche wirken daher oftmals etwas toleranter, als die erwachsenen Generationen. Ich finde das nicht schlimm, wenn sich Erwachsene auch mal etwas offenherziger geben würden.

In meiner Verwandtschaft habe ich auch so Konsorten, die sich aber nur ungerne an Neuigkeiten gewöhnen. Homosexualität wird von vielen vollkommen normal gesehen, die sogar gläubig aufgewachsen sind, aber andere wiederum, die viel jünger sind, tun sich schwer. Ich glaube es ist echt ein Einstellungsdingen noch dazu, um mit etwas toleranter umgehen zu können.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Solange du die "richtige" Sorte Schuhe trägst und dein Musikgeschmack, deine Hobbys, deine Sprache und dein generelles Auftreten exakt vorgeschriebenen Normen und implizierten Regeln gehorchen, dann sind Jugendliche meines Erachtens megatolerant. Dann kannst du machen, was du willst, aber bitte nichts "Schwules". :D

Mit anderen Worten: Wahrscheinlich gibt es in jeder Altersgruppe "solche und solche", wie es so schön heißt. Und beispielsweise in der Theorie kein Problem mit religiös bedingten Kopfbedeckungen zu haben und das in Umfragen auch so anzugeben, hat nur sehr bedingt etwas mit der Praxis zu tun. Schließlich weiß jeder, worauf derlei Fragen abzielen, und kaum jemand Intelligenteres möchte sich selber als "intolerant" darstellen.

Deswegen muss man ja noch lange nicht im Alltag akzeptieren, dass manche Klassenkameraden Gebetszeiten einhalten oder fasten oder keinen Alkohol trinken, weil der Islam das nicht gern sieht. Ganz davon abgesehen, dass es viele unterschiedliche Formen der Toleranz gibt und "nicht allzu ausgeprägte Islamfeindlichkeit" nicht den einzig denkbaren Maßstab darstellt.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Um mal auf die Frage allgemein abseits des Kopftuchthemas zu antworten: Es gibt wohl kaum eine Altersgruppe, die weniger tolerant ist als Jugendliche. Woher kommt denn immer nur dieser Irrglaube, junge Leute hätten die Toleranz für sich gepachtet und wären allem gegenüber aufgeschlossen? Das glaubt man als junger Mensch oder Jugendlicher ja sehr gerne von sich selbst und propagiert es nach außen, aber in Wahrheit unterliegt gerade die Jugendzeit sehr starr festgelegten normativen Regeln und Grundsätzen, wie Menschen auszusehen und zu funktionieren haben.

Eine Regel lautet sicher auch, sich nach außen tolerant zu zeigen, weltoffen zu sein usw., aber wie schon geschrieben wurde: wehe irgendjemand weicht ab, von dem, was die peer group vorgibt. Zu keinem Zeitpunkt im Leben urteilt man über andere Menschen härter als zu Jugendzeiten. Das kennen doch sicher die meisten noch. Wie leicht hat man über andere Menschen den Stab gebrochen, sich über Dinge aufgeregt, auf bestimmte Sachen regelrecht herabgeschaut oder diese verurteilt. Der Weg zur echten Toleranz ist lang und steinig und muss meiner Meinung nach erst mühsam gelernt werden.

Wenn Jugendliche heute pro Kopftuch, Homosexualität gegenüber aufgeschlossen sind oder welche moderne Überzeugungen auch immer vertreten, dann weil es ihrem Regelwerk entspricht und sie nie etwas anderes kannten oder gesehen haben. Der allgemeinen Regel zu folgen, ist aber nicht der wahre Kern von Toleranz, auch wenn die beispielhaften Werte an sich natürlich gut sind. Wirklich tolerant zu sein wird erst dann interessant, wenn Dinge vom persönlichen Weltbild abweichen und außerhalb meiner erfahrenen Lebenswelt liegen. Dafür haben Jugendliche aber noch nicht die Empathie oder die Lebenserfahrung, um das zu leisten.

» Verbena » Beiträge: 4943 » Talkpoints: 1,99 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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