Glücklich sein kein Schutz vor Krebs
Wer meint dass die Persönlichkeit Auswirkungen darauf hat, ob man Krebs bekommt oder nicht, der scheint zu irren. Denn laut einer Langzeitstudie der Universität in Philadelphia über knapp 10 Jahre mit mehr als 1.000 Patienten ist es völlig egal, was man für charakterliche Vorzüge an den Tag legt und das glücklich sein oder Traurigkeit im Grunde gar nichts am individuellen Krebsrisiko ändert. Also kurz gesagt: Wer sein ganzes Leben über mürrisch war hat ein genauso hohes Risiko wie jemand, der immer nur glücklich war.
Von den 1.000 Patienten starben 600 während der Studie und die Glücklichen und Fröhlichen lebten nicht länger als jene, welche sich eher durchweg während der psychischen Untersuchungen als unglücklich erwiesen.
Jetzt mag man sich fragen: Ja was soll das denn? – aber hier handelt es sich um eine der vielen wissenschaftlichen Studien um urbane Mythen und Legenden, die sich wacker halten, zu widerlegen und erst in einer Studie wieder wissenschaftlich nachgewiesen werden muss, dass der Gemütszustand, die Gefühle oder die Persönlichkeit nicht mit einer Krebserkrankung oder dem Krebsrisiko in Zusammenhang stehen. Für viele Krebspatienten bedeutet dies laut Wissenschaftlern eine Erleichterung, da sie oft, vor allem in den USA, weniger in Deutschland, mit dem Vorwurf konfrontiert werden, dass eine falsche Lebenseinstellung die Krankheit begünstigt hat und sie so teilweise selbst daran Schuld sind – sozusagen als eine Strafe des Herren für einen schlechten Lebenswandel.
Die Wissenschaftler betonten jedoch, dass dies nicht heißt, dass kein psychischer oder psychotherapeutischer Beistand nötig sei, um so einen Schicksalsschlag zu überwinden, da sie immernoch für viele Patienten sinnvoll und hilfreich ist.
Das Vorurteil, es gäbe Menschen mit einer sogenannten "Krebspersönlichkeit", die alleine aus charakterlichen Gründen ein höheres Risiko aufweisen, an Krebs zu erkranken, hält sich erstaunlich hartnäckig, obwohl es seit Jahren widerlegt ist. Selbst in allgemein gehaltenen Ratgebern zum Thema "gesund und achtsam leben" habe ich diese kühne Behauptung schon gefunden.
Ich habe in diesem Zusammenhang die Theorie, dass die Angst davor, an Krebs zu erkranken, so stark und weit verbreitet ist, dass sich jeder gerne einredet, es könne ihn oder sie aus welchem Grund auch immer nicht treffen. Außerdem ist es wahrhaftig kein schöner Gedanke, dass viele Betroffene nach wie vor an dieser Krankheit sterben, auch wenn sie noch so positiv und lebensfroh mit ihrer Diagnose umgehen. Die Vorstellung, man könne den Krebs allein durch die richtige Einstellung besiegen, ist natürlich sehr attraktiv.
Rein wissenschaftlich gesehen ist das natürlich größtenteils Blödsinn. Natürlich hängt die Lebensqualität auch von der inneren Einstellung ab und der Erfolg der Behandlung davon, ob man sich engagiert oder praktisch aufgibt. Aber auch alle Lebensfreude der Welt wird kaum eine Krebszelle davon abhalten, sich unkontrolliert zu teilen und die Organe kaputt zu machen. Sonst würde ja kaum jemand an dieser Krankheit sterben, und schon gar keine Kinder oder junge Leute mit Familie.
Mir erschließt sich nicht so wirklich, was denn das persönliche Glücksempfinden oder die eigene Persönlichkeit mit der Entwicklung von Krebs zu tun haben soll. Sicherlich spielen da Umwelteinflüsse eine Rolle wie ständiger Exposition zum Beispiel. Jemand, der ständig raucht oder trinkt, wird entsprechend eher gewisse Krebsarten entwickeln als jemand anderes, der diesen Umwelteinflüssen nicht ständig ausgesetzt war.
Die Genetik spielt hierbei auch eine entscheidende Rolle. Mir kann keiner erzählen, dass eine Frau, die das Breast Cancer Gen in sich trägt und mit hoher Wahrscheinlichkeit erkranken wird, dem Krebs nur dann entgehen kann, wenn sie den "richtigen" Charakter hat und glücklich ist. Das ist doch Schwachsinn, mal ehrlich.
Ich habe darüber gerade vor Kurzem im Wartezimmer einen Artikel gelesen. Da wurde sogar gesagt, dass dieses ständige predigen von "positivem Denken" einen negativen Einfluss auf die Psyche haben kann. Weil die Betroffenen sich dann gar nicht mehr trauen negative Gedanken zu äußern oder sich schuldig fühlen wenn sie mal nicht positiv drauf sind. Man hilft auf jeden Fall niemandem, wenn man dessen Ängste nicht ernst nimmt und einfach "positives Denken" verordnet.
Wenn Krebs bei vielen schon in den Genen steckt, dann glaube ich kaum das ständiges Lachen und übertriebene Fröhlichkeit dazu beitragen, dass man nicht an Krebs erkranken kann. Echte Glücksgefühle können den eigenen Körper selbstverständlich positiv bestärken. Doch vor Krebs bewahren halte ich in dem Zusammenhang für ein Märchen. Mir fehlt da der wissenschaftliche Bezug dazu.
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