In Gedanken mit Person streiten?

Ich habe kürzlich die Aussage von einer prominenten Person gehört, die meinte, dass sie manchmal in Gedanken mit dem eigenen Vater streiten würde. Das wäre besonders dann der Fall, wenn sie sich in unangenehme Situationen hinein manövriert hätte und dann nicht wüsste, wie sie da nun entkommen könnte. Auch wäre der Vater gestorben, sodass der direkte Kontakt da nicht mehr möglich wäre.

Ich hatte das ehrlich gesagt noch nie, dass ich (also nur in meinen Gedanken und in meiner Vorstellungskraft jetzt) mit einer Person gestritten habe. Mir erschließt sich auch nicht wirklich der Sinn dahinter. Natürlich stelle ich mir in manchen Situationen vor, was diese oder jene Person da sagen würde oder wie sie auf bestimmte Nachrichten von mir reagieren würde, aber das tue ich nie bei eventuellen Streitgesprächen. Ich mag keinen Streit und habe besseres zu tun als mir vorzustellen, wie ich mit jemandem streite.

Streitet ihr manchmal in Gedanken mit einer Person? Wie kommt es dazu und wie sinnvoll ist das? Gerade wenn mein Vater gestorben ist und ich Fehler gemacht habe, würde ich mir eher vorstellen, wie mein Vater mir Mut macht, dass ich es schaffe aus der Situation herauszukommen und kein Streit.

Möglicherweise meinte die Person, dass ihr Vater sie in solch einem Streitgespräch immer wieder schaffte, auf den rechten Weg zu bringen und dass ihr eben so eine Vorstellung hilft, die bessere oder richtige Entscheidung zu treffen? Viel anders könnte ich mir das jetzt auch nicht erklären.

Ich habe zwar auch viele Leute in meinem Leben und in meiner Seele fest internalisiert und denke oft daran, was und wie sie etwas sagen würde, aber eigentlich geht es da niemals um Konflikte. Meiner Erfahrung nach dreht es sich dabei oft um positive Erinnerungen. Aber wenn jemand vielleicht schwer traumatisiert von einer Beziehung ist, kann das unter Umständen auch anders aussehen.

Ich denke, dass bei vielen Menschen die Eltern auch als Erwachsene noch einen großen Einfluss auf Entscheidungen haben und es daher dieses Streitgespräch im Kopf einfach die Gedanken sind, dass der Vater das auf eine bestimmte Art und Weise betrachtet hätte und letztendlich damit vielleicht recht gehabt hat. Solche Streitgespräche führe ich nicht im Kopf, aber ich kann den Sinn dahinter schon verstehen und denke, dass das ganz gut sein kann, weil man sich über die Handlungen Gedanken macht und nicht sofort loslegt.

Ich denke, dass man sich vielleicht schon vorstellt, jemandem die Meinung zu sagen, bei dem man weiß, dass man dies wohl eher nicht machen wird. Ich habe mir auch noch nie vorgestellt, mit einer Person zu streiten und mir dann zu überlegen, was ich sagen würde. Das habe ich höchstens mal gemacht, wenn ich ein wichtiges Thema ansprechen wollte und mir dann schon mal vorab überlegt habe, welche Argumente ich dafür bringen möchte.

Ansonsten finde ich meine Zeit auch zu schade, um mir vorzustellen, wie ich mit jemandem streite. Das ist auch irgendwie etwas albern, denn man weiß doch nie genau, wie der andere reagiert und welche Argumente dieser bringen wird.

Nun solche Szenarien und Streits im Kopf abspielen zu lassen kann manchmal, jedoch nicht immer, sinnvoll sein, denn so kann man sich schon auf die eventuell fallenden Argumente und Antworten des Gegenübers einstellen. Auch kann man sich so schonmal innerlich hochpushen und echauffieren und in Streitstimmung bringen.

Man muss aber damit rechnen, dass der Gegenüber auch mit Argumenten kommen kann, auf die man sich nicht vorbereitet hat und mit denen man nicht gerechnet hat. Man sollte also nicht denken, dass ein Streit im Realen genauso abläuft, wie man ihn sich vorher im Kopf schon zurechtlegt oder zusammen spinnt. Gedankenstützen und sich mögliche Szenarien zu überlegen sind generell aber nie verkehrt.