Werden Menschen immer mäkeliger, was das Essen angeht?
Neulich saß ich mit Arbeitskollegen am Tisch und jemand hat Kekse angeboten. Es kam dann aus einer Ecke ''ich esse nur glutenfrei'' und aus einer anderen Ecke ''Kalorien! Nichts als Kalorien!''. Wir haben uns dann darüber unterhalten, dass die Menschen immer mäkeliger werden, was Nahrungsmittel angeht. Während meiner Kindheit kann ich mich eigentlich nicht daran erinnern, dass irgendwer auf Diät gewesen ist oder irgendwelche Unverträglichkeiten hatte. Lediglich mein Opa musste irgendwann beim Essen aufpassen, da er eine kranke Leber hatte.
Grundsätzlich hatte ich aber den Eindruck, dass die Menschen gerne gegessen haben und gerne auch viel gegessen haben. Heute schient das irgendwie anders zu sein. Viele Menschen sind auf Diät, auch Menschen die gar nicht übergewichtig sind. Bringt mal jemand Kuchen mit oder geht man zusammen essen, dann stürzen sich nicht alle auf das Essen. Es bleibt mehr übrig und es gibt immer mehr Menschen die angebliche oder reale Unverträglichkeiten haben.
Wie seht ihr das? Hat sich das Essverhalten inzwischen geändert? Haben die Menschen inzwischen weniger Appetit beim Essen, da sie mehr auf ihre Figur achten? Sind uns Oberflächlichkeiten wie die Figur inzwischen einfach wichtiger oder haben Menschen generell Angst davor, durch falsches Essen krank zu werden? Habt ihr nicht auch den Eindruck, dass heute nicht mehr so vorurteilsfrei zugelangt wird, wie dies früher mal der Fall war?
Die Menschen werden deshalb immer mäkeliger, weil es allen zu gut geht. Früher hatten alle nicht so viel und waren froh, wenn es mal einen Kuchen gegeben hat. Da war es ja auch nicht so, dass man die Möglichkeit und vor allem das Geld hatte, sich jeden Tag etwas Süßes zu kaufen. Heute im Supermarkt bekommt man schon für wenig Geld Kuchen, Schokolade und co. Da ist einfach das Besondere verloren gegangen.
Oft mäkeln auch gerade jene am meisten, die überhaupt keine Ahnung vom Kochen haben und ohne sämtliche Lieferdienste und Fast-Food-Ketten schon längst verhungert werden, weil bei ihnen sogar Wasser am Herd noch anbrennt. Das ärgert mich immer am meisten.
Außerdem bewegen wir uns heute nicht mehr so viel, wie die Menschen vor 30 oder 40 oder noch mehr Jahren. Jeder möchte, wenn möglich, mit dem Auto, Bus, U-Bahn usw. direkt vor die Ladentür oder den Arbeitsplatz gefahren werden. Zu Fuß gehen wird von vielen gemieden. Da ist klar, dass sich dann jede extra Kalorie sofort auf den Hüften festsetzt und uns dick werden lässt. Bewegt man sich entsprechend kann man auch mal mit gutem Gewissen, das eine oder andere Stück Kuchen essen.
Wegen der vielen Menschen die inzwischen Intoleranzen auf Gluten, Laktose usw. entwickelt haben kann ich nur sagen, dass sie hier oft bis zu einem bestimmten Grad selbst schuld. Wenn man mal genau schaut, was in den Lebensmittel so für Stoffe und E-Nummern drinnen sind, brauchen wir uns nicht wundern, wenn wir alle krank werden. Vor allem bei Fertigprodukten stellt es mir die Haare auf.
Eine weitere Theorie ist es, dass es heutzutage fast schon Mode ist regelmäßig auf Diät zu sein, auch wenn man als Dritter nicht erkennen kann, was die betroffene Person eigentlich abnehmen möchte, weil sie sowieso schon Größe 36 trägt, aber man macht den Trend halt mit. Dadurch wirkt man auch wichtiger und besonders Gesundheitsbewusst.
Ich denke schon, dass Menschen immer mäkeliger werden. Allerdings ist das ja auch nicht immer freiwillig. Ich selbst habe beispielsweise ganz viele Allergien und Unverträglichkeiten, auch gegen viele Lebensmittel. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemand in der Generation meiner Eltern oder gar in den noch früheren Generationen irgendwelche Allergien oder Unverträglichkeiten hatte. Aber so etwas kommt ja nun leider immer häufiger vor.
Ansonsten ist es ja aber auch so, dass wir alles im Überfluss da haben. Wir müssen nur in den Supermarkt gehen und finden hunderte verschiedene Sorten Schokolade und Kekse vor. Wenn mir meine Mutter von damals erzählt, dann weiß ich, dass es für sie als Kind etwas ganz Besonderes war, mal Bonbons oder sogar Bananen zu essen, weil es so etwas nicht immer gab. Wenn man nur so selten etwas da hat, dann genießt man es natürlich mehr und lehnt dann auch eher nicht ab.
Ich würde jetzt nicht sagen, dass es uns "zu gut" geht - ich bin ganz froh und dankbar um die große Auswahl an Lebensmitteln und nutze sie wie viele VerbraucherInnen gerne und hoffentlich auch immer öfter mit mehr Bedacht. Stichwort "Bio". Und klar, in den mageren Nachkriegsjahren wurde natürlich gegessen, was man so auftreiben konnte, und der Fettrand am Fleisch (so vorhanden) , den man Klein Gerbera immer sorgfältig entfernen musste, war das Beste. Aber die Zeiten sind ja lange vorbei, und auch die berühmte "Fresswelle", als besagte magere Nachkriegszeit kompensiert und der heutige Lebensstandard etabliert wurde, ist schon in die Geschichtsbücher eingegangen.
Ich habe auch den Eindruck, als sei die Zahl der Allergien und Überempfindlichkeiten, die manche als "mäkelig" ansehen, im Laufe der Jahre immer mehr angestiegen. Aber das wird wohl eher daran liegen, dass die Menschen mehr auf ihre Gesundheit achten und einfach mehr Möglichkeiten wahrnehmen, diese Einschränkungen auszugleichen. Bestimmt hatten vor 30 Jahren auch schon manche Menschen beispielsweise eine Laktoseintoleranz, nur wussten die eben nur, dass sie keine Milch vertragen und sind gar nicht auf die Idee gekommen, nach laktosefreien Produkten zu suchen.
Ich denke auch, dass ein gewisses Maß an "Mäkeligkeit" einfach mit einem überreichen Angebot einhergeht. Wenn es nur eine Sorte Joghurt gibt, und die schmeckt mir nicht, dann gibt es eben keinen Joghurt, aber davon profitiert der Kapitalismus ja auch so überhaupt nicht. Deswegen habe ich eher den Eindruck, dass es bei den Verbrauchern gern gesehen ist, wenn diese möglichst in die Breite streuen und gerade nicht nur die grundlegenden Nahrungsmittel für den täglichen Bedarf kaufen und vor allem auf den Preis schauen. Daran verdient man ja nichts.
Ich selbst bin noch eher mit der Einstellung aufgewachsen, dass es ein Vorteil ist, wenn einem möglichst viele Speisen schmecken. Zwar bin ich als Kind bzw. Jugendlicher selbst ziemlich mäkelig gewesen, habe aber im jungen Erwachsenenalter an mir selbst gearbeitet, um an möglichst vielen Speisen Gefallen finden zu können. Im Lauf der Zeit habe ich auf diese Weise meine Abneigung gegen die meisten Lebensmittel abgelegt und bin eigentlich ganz froh darüber. Inzwischen kann ich eigentlich fast alles essen und bin somit ein "unkomplizierter" Esser geworden.
Ob die Leute wirklich immer mäkeliger werden? Aus eigener Erfahrung kann ich es gar nicht so genau sagen. Meine Kollegen gehören alle überwiegend der Fraktion der Gern-Esser an, und auch im privaten Umfeld mögen meine Bekannten eigentlich die meisten Speisen gern, ohne allzu vieles abzulehnen.
Die Menschen achten halt eher auf das, was sie essen. Das ist gut so. Früher gab es nicht so viel Auswahl. Man wusste auch noch nicht allzu viel über Unverträglichkeiten. Ich vertrage zum Beispiel keine Milch, musste sie aber als Kind trinken. Ich hatte oft Bauchschmerzen und Durchfall und war sehr dünn, was meine Mutter wieder auf die Idee brachte, dass ich mehr Milch trinken müsste, weil Milch doch so gesund sei. Wahrscheinlich gibt es so einige Kinder, die mit Milch gequält wurden, obwohl sie keine vertragen.
Als mäkelig in seiner negativen Bedeutung würde ich es nicht bezeichnen, wenn Leute gewisse Sachen nicht essen mögen. Der Ton macht die Musik. Wenn jemand gerade aus irgendwelchen Gründen keinen Zucker ist, dann ist das doch in Ordnung. Er darf mir nur nicht vorschreiben wollen, dass ich doch auch keinen Zucker essen solle.
Ich weiß nicht, ob man das so pauschal sagen kann, dass Menschen immer mäkeliger werden. Im Prinzip hängt es doch von der eigenen Sozialisation ab, wie man selbst erzogen wurde, was einem als Essen und Trinken in der Kindheit angeboten wurde und ob man gezwungen wurde, Dinge zu essen, welche man als Kind eigentlich verweigern wollte, aus welchen Gründen auch immer. So wie man erzogen wurde, so erzieht man oft auch den eigenen Nachwuchs, so übertragen sich vielleicht auch das Mäkeln gegenüber bestimmten Lebensmitteln.
Durch das Zwingen in der Kindheit entstehen Sperren im Kopf, welche signalisieren, das dies und das Essen eklig ist. Die Sichtweise zum jeweiligen Essen / Lebensmittel wurde irgendwo schon in der Kindheit verfälscht. Etwas nicht essen zu wollen, kann aber auch damit zusammen hängen, dass Menschen generell verschieden sind und demzufolge auch jeder seine eigenen Vorlieben hat. Ich empfinde es nicht als mäkelig wenn ein Veganer sagt, ich esse das und das nicht, aus Überzeugung oder ein Mensch mit Unverträglichkeiten sagt, dass man das und das nicht essen kann / darf.
Im Gegenteil, ich denke das viele Menschen nun mehr Essen und weniger mäkelig sind, weil auch mehr Auswahl als früher da steht. Man ist sich ja auch nicht zu fein, Industriejunkfood von Burgerketten zu essen. Auch zahlreiche importierte Gerichte und Lebensmittel, welche es früher so nicht gaben, kann man nun erwerben und essen. Irgendwo haben viele Menschen sich dann doch mehr dem Neuen geöffnet, was ich auch gut finde.
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