Wenn man älter ist, ruhiger über Politik sprechen?

Ich habe gerade eine Sendung gesehen, da ging es um das leidige Thema Ausländer und Nazis. Es gab eben eine Demonstration und dabei fiel mir auf, dass die meistens eher jüngeren Leute, die rechts eingestellt haben nur herum gebrüllt haben und Alkohol getrunken und so ihren Standpunkt verteidigt haben, weil sie sich nüchtern wahrscheinlich ganz schwach gefühlt hätten.

Es brauchte dann einige Polizisten, die die Beteiligten wieder etwas herunter gebracht hatten und dann ging es halbwegs wieder, sodass die Sache nicht ganz aus dem Ruder gelaufen ist. Ein älterer Herr vertrat hierbei eine eher linke Einstellung und meinte, dass man niemanden wegen seiner Rasse, Religion oder Herkunft diskriminieren dürfe.

Dann kam noch ein älterer Mann dazu, der ebenfalls eher eine rechte Einstellung hatte. Aber die beiden diskutierten relativ ruhig und sachlich. Der linke Herr sagte dann so etwas wie: Ich finde es schade, dass sie eine Religion als extrem bezeichnen, wenn sie doch gar nicht alle Leute kennen, die an sie glauben.

Dann sagte der rechte Herr darauf, mich stört es einfach, dass man meint, hier alle herein lassen zu müssen. Sie wollen eine Rassendurchmischung, das möchte ich nicht, ich fühle mich so nicht wohl. Ich wünsche ihnen viel Erfolg.

Die beiden Herren haben also zuerst ganz normal diskutiert und anschließend sind sie auch friedlich auseinander gegangen. Das habe ich bei den jüngeren bisher noch nicht erlebt. Da gab es immer nur unsachliche, derbe Beschimpfungen, die keinem von den beiden etwas gebracht haben, was ich auch verschwendete Energie fand.

Was meint ihr? Ist man ruhiger, wenn man ein gewisses Alter erreicht hat? Kann man dann sachlicher über politische Themen diskutieren? Oder hängt es auch ein Stück weit vom Charakter und vom Temperament des einzelnen ab, ob dies möglich ist, oder nicht?

Also mit solchen Aussagen wäre ich vorsichtig. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass die älteren Herrschaften sich nur deswegen ruhig verhalten haben könnten, weil eben eine Kamera dabei gewesen ist. Viele ältere Herrschaften sind noch so erzogen und geprägt worden, dass man öffentlich keinen Aufstand macht und keinen Skandal provoziert und wie man sich im Fernsehen benimmt, das könnte einen ewig verfolgen und das sieht dann auch jeder. Da könnte es peinlich sein, wenn man da in der Hitze des Gefechts etwas gesagt hat, was nicht so passend war.

Ich denke, dass es auch ein Stück weit vom Charakter abhängig ist. Im vertrauten Umkreis benimmt man sich oft anders als wenn man in der Öffentlichkeit steht und dann auch noch gefilmt wird. Die jungen Menschen sind viel temperamentvoller und rebellischer in der Öffentlichkeit, wobei das aber nicht bei allen so ist und vom Charakter abhängig ist.

Mein Schwiegervater ist mittlerweile Anfang 60 und im kleinen Kreis neigt er auch zu hitzigen Diskussionen und entsprechenden Temperament, gerade wenn es um Politik geht. Aber wenn die halbe Welt zuschauen würde, würde er viel ruhiger und sachlicher agieren, weil er derartige Charakterzüge nur im privaten Raum auslebt und nicht in der Öffentlichkeit. Daher würde ich das nicht pauschalisieren und behaupten, dass das altersbedingt in jeder Hinsicht so ist.

Ich glaube es gibt immer Leute, die sich ehr ruhig verhalten und andere Menschen, die gerne schreien und das auch im Alter. Das kann man ganz gut in den Einrichtungen erkennen für alte Menschen. Da sieht man dann auch, dass es die ruhigen gelassen gibt, die bei jedem Thema eine Meinung haben und diskutieren und Leute, die nur schreien bei einem Problem und dann auch aggressiv reagieren, obwohl sie sonst geistig noch fit sind.

Ich glaube also dass das eine reine Charakterfrage ist und nicht nur eine Frage der Politik und dass man im Alter dann seine Ruhe mit dem Thema findet. Natürlich kann es auch sein, dass man sich ändert, aber Veränderungen sind ja auch nicht automatisch.