Therapie wegen Liebeskummer als peinlich bezeichnen?
Eine Online-Bekannte macht aktuell eine schwere Zeit durch. Ihr Verlobter hat ihr nach acht Jahren Beziehung aus dem Nichts heraus erklärt, dass er sie nicht mehr liebt und nicht mehr mit ihr zusammenleben möchte. Wie sie wenige Wochen später erfuhr, hatte er bereits seit geraumer Zeit eine Affäre, zu der er sich jetzt bekannte.
Da sie weniger Geld als er verdient und sich die Wohnung alleine nicht leisten kann, ist sie ausgezogen, er wohnt dort jetzt mit seiner neuen Partnerin. Meine Bekannte war wochenlang total fertig und konnte sich bis jetzt zu nichts mehr aufraffen, hat mit vielen Selbstzweifeln gekämpft und geht die Beziehung pausenlos noch mal durch, um zu erkennen, was sie falsch gemacht haben könnte und ab wann er wohl anfing sie zu betrügen.
Eine Freundin hat ihr geraten sich mal um einen Platz bei der Therapie zu bemühen. Die Bekannte hat das auch in Erwägung gezogen, allerdings reagiert ihre eigene Schwester entsetzt auf den Gedanken, dass man wegen Liebeskummer zum Psychiater gehen sollte, die Sache sei vorbei und ein Therapeut kann da auch nichts mehr ändern, es sei schon albern, wegen einem Ex psychologische Hilfe anfordern zu müssen.
Ich fand diese Reaktion schon sehr heftig. Warum soll Liebeskummer kein guter Grund für eine Therapie sein, wenn einen die Trennung dermaßen aus der Bahn geschmissen hat? Findet ihr, so etwas muss einem peinlich sein oder zeugt von Unreife oder ist es völlig legitim, sich da Hilfe zu holen?
Liebeskummer ist eine Sache, aber wenn eine Person wegen einer Trennung schon so heftige Selbstzweifel bekommt und ein offensichtlich angeknackstes Selbstwertgefühl dadurch bekommt, würde ich schon zu einer Therapie raten. Ich hätte sonst eher die Befürchtung, dass die Person sonst in eine Depression abrutschen könnte, wo man sich ja auch minderwertig fühlt. Ich würde lieber früh als spät die Notbremse ziehen und mir Hilfe suchen, denn je tiefer man in einer Depression drin steckt, desto schwerer kommt man da wieder heraus.
Es kann durchaus Sinn machen eine Therapie in Anspruch zu nehmen, wenn man Probleme hat. Dies kann auch wegen Liebeskummer sein. Peinlich ist das auf gar keinen Fall, immerhin möchte man sich nur helfen lassen und das Problem beseitigen. Man sollte ja auch sehen, das es weiter geht und man nicht daran kaputt geht, dass man sich getrennt hat. Liebeskummer an sich ist nachvollziehbar, aber eine Therapie deswegen ist, wenn man sie benötigt, nicht peinlich.
Natürlich kann man eine Therapie wegen Liebeskummer beginnen. Die Trennung an sich bringt ja noch viel mehr mit sich, als nur Liebeskummer und den Schmerz, den die Dame aufgrund der zerbrochenen Beziehung hat. Sie muss ihr Leben von neu auf gestalten. Neben einer neuen Wohnung und einer neuen Umgebung ändert sich ja noch vieles mehr für sie.
Ihr Leben ist nun doch ganz anders, als es bisher war und ich kann schon nachvollziehen und verstehen, dass so ein Umschwung sehr schwer ist, vor allem, weil das Ganze so plötzlich kam, sich so vieles auf einmal verändert hat und weil die Veränderungen von der Frau auch nicht gewollt waren. Wenn sie dazu noch unter einem geringen Selbstbewusstsein leidet, sich zu nichts mehr aufraffen kann, depressiv und lustlos ist, dann ist eine Therapie sicherlich die richtige Anlaufstelle.
Dass man Liebeskummer hat, wenn der Partner sich von einem getrennt hat, ist verständlich und ich würde auch nicht direkt am Tag nach der Trennung sofort zum Psychologen rennen. So eine Trennung ist selten sehr leicht und von daher sollte man sich selbst auch die Zeit geben, um zu trauern und sich daran zu gewöhnen, nicht mehr mit dem Partner zusammen zu sein. Wenn der Liebeskummer allerdings wochen- oder monatelang anhält und man merkt, dass andere Lebensbereiche wie die Arbeit darunter leiden, dann sollte man sich auf jeden Fall professionelle Hilfe holen.
So etwas kann durchaus schlimm ausgehen und man sollte natürlich vermeiden, dass man wegen so einer Sache auch noch den Job verliert. Ich finde es daher gut, dass die Frau so mutig und motiviert ist, sich Hilfe zu holen, anstatt den ganzen Kummer in sich hineinzufressen und alles mit sich selbst auszumachen.
Man kann wegen allem eine Therapie beginnen, auch bei Liebeskummer. Wenn er so heftig ist, dass sie darunter leidet, kann sie sich ja dadurch Hilfe erhoffen. Aber sie wird das wohl selber zahlen müssen.
Bei solchen Dingen sind aber vielleicht Selbsthilfegruppen geeigneter. Eine Therapie kann sehr lange dauern und deckt vielleicht noch andere Probleme auf, die man bisher erfolgreich verdrängt hat und damit gut leben kann. Ich habe auch mal gehört, dass wirklich psychisch Kranken oft Therapeuten fehlen, weil Menschen mit Problemen, die auch Selbsthilfegruppen lösen können, zu viele Plätze wegnehmen.
Es müsste mehr Gesprächsangebote geben, die von für solche Dinge ausgebildeten Menschen angeboten werden, wozu man aber nicht unbedingt einen Psychologen oder sogar einen Psychiater braucht.
Es gibt immer Gründe, wieso jemand der Meinung ist, dass er/sie eine Therapie benötigt. Das kann ich nicht als peinlich empfinden, wenn man sich Hilfe sucht. Ich finde es eben immer gut, wenn sich jemand Hilfe sucht und dann die aufgetretenen Probleme beheben möchte. Deswegen ist es zunächst einmal kein Grund, wieso ich hier etwas Peinliches erkennen kann.
Natürlich ist es nicht für jeden verständlich, wieso jemand nach einer Trennung oder wegen Liebeskummer in die Therapie geht, aber ich finde, dass dies jeder für sich wissen muss. Vielleicht ist es auch manchmal einfach zu schwer zu verstehen, wieso sich jemand trennt und wieso vor allem so aus heiterem Himmel. Das kann vielleicht das eigene Weltbild kaputt machen, die Planungen usw. Deswegen ist es nicht peinlich und vollkommen in Ordnung.
Ich sehe das immer so, wem tut es denn weh, wenn jemand in Therapie geht? Niemanden und es kann ja nur helfen, wenn es der Person damit gut geht.
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