War und ist Politik für euch ein Familienthema?
In meiner Kindheit und Jugend war Politik nie ein Familienthema. Meine Eltern sind zwar zu Wahlen gegangen haben uns aber auch da nie mitgenommen. Bis zu meinem 18. Geburtstag wusste ich also nicht wie so eine Wahlkabine aussieht und die Wahl tatsächlich abläuft. Ich wusste zwar wer unser Bundeskanzler - zu der Zeit Gerhard Schröder - war und wie unser Oberbürgermeister geheißen hat, aber mehr auch nicht. Meine Eltern haben immer die ein und selbe Partei gewählt, aber wieso und warum haben sie uns nie erklärt.
Welche Parteien es gab und gibt und wofür diese stehen habe ich dann erst in der 9. Klasse der Realschule in Sozialkunde gelernt. Meine beste Freundin dagegen war schon viel früher voll informiert. Für ihre Eltern gehörte Politik zur Allgemeinbildung. Die wusste immer über alle politischen Themen Bescheid und konnte auch mit 12/13 Jahren schon ohne Problem mit Erwachsenen mitdiskutieren.
Jetzt wo die Stichwahl für unseren Oberbürgermeister bevorsteht, reden und diskutieren wir auch am Esstisch hin und wieder über das Thema. Meine Tochter interessiert sich schon sehr dafür und stellt auch Fragen. Zur Wahl haben wir sie als Grundschulkind auch einmal ins Wahlbüro mitgenommen, damit sie sieht wie das da so aussieht und abläuft. Im Alltag ist politisches Geschehen aber auch bei uns kein so großes Gesprächsthema.
Ab welchem Zeitpunkt findet ihr es angemessen auch eure Kinder in politische Gespräche und Diskussionen mit einzubeziehen? Haben eure Kinder politisches Interesse oder kommt das Thema mangels Interesse bei euch eh nicht auf den Tisch?
Politik als Gesprächsthema in der Familie ist für mich vollkommen normal und um die Kinder mache ich mir da keine Sorgen. Ich bin mit Diskussionen um die Ergüsse der Bischofskonferenz, der Ärztekammer und des Gesundheitsministeriums aufgewachsen. Sicherlich gab es auch andere politische Themen, aber das waren die Hauptaspekte. Die Tagesschau gehörte dazu, seit ich lange genug aufbleiben durfte. Und ab der fünften Klasse mussten wir sowieso eine überregionale Tageszeitung lesen.
Das war nie problematisch, weil man als Kind so etwas einfach ausblendet, wenn man es noch langweilig findet. Und so lange etwas altersgerecht erklärt wird, wenn Nachfragen kommen, ist es kein Problem. Schwieriger als Politik fand ich den Holocaust für Dreijährige, als der Knirps ein recht drastisches Ausstellungsplakat entdeckt hat. Unsere Kinder kennen Gespräche über Politik seit der Geburt. Das hat die ewig nicht interessiert.
Die Kinderseite der Tageszeitung habe ich bekommen sobald ich gut genug lesen konnte und die Kindernachrichten im Fernsehen habe ich wahrscheinlich noch früher angefangen zu schauen.
Ich habe aber auch immer schon die normalen Nachrichtensendungen mit angeschaut, weil wir nur einen Fernseher hatten und wenn ich im Wohnzimmer gespielt habe, habe ich die Sendungen logischerweise mitbekommen. Und Gespräche über Politik waren bei uns in der Familie auch schon immer ganz normal. Und irgendwann fängt man halt sich für die Gespräche zu interessieren und fragt nach.
So wirklich war Politik nie ein Thema in der Familie. Häufig kam eh der Satz, jede Wahl sei verschenkt, weil man sowieso nichts an den Geschehnissen von und aus der Politik ändern kann. Es war nie so wirklich politisch in keiner Richtung.
Es ist aber in der Familie auch nicht so, dass die AFD-Wähler jetzt explizit die Familie „impfen“ oder die SPD-Wähler etc. Jeder wählt hier, was er will, hat seine eigene Denke und drückt es niemanden auf. Nicht einmal den eigenen Kindern. Dann ist Politik irgendwie auch gleichzeitig gleichgültig bei der Familie.
Sie wählen, wer in etwa die Interessen weckt oder provozierend nach oben wirkt, dann wiederum war es das auch. So richtig viel mit Politik beschäftigen sich hier keine Familienmitglieder. Sie wissen, was sie wollen, haben ihre Meinung und schauen politisch bei den Wahlen, wer das am besten suggerieren könnte.
Gleichwohl sie in Wahrheit längst aller Altersklassen nach die Hoffnung auf Besserungen in jeglicher Hinsicht verloren haben. Ob es ehemalige „unter Tage“ Arbeiter waren, Schlosser, Dachdecker etc. Keiner von denen aus meiner Familie glaubt noch an die faire Rente, obwohl sie sich kaputt gebuckelt haben.
Keiner von denen glaubt, dass 2015 sich nicht in ihren Augen wiederholen wird und vieles mehr. Manchmal bin ich auch froh, dass sie niemanden politisch als Gesprächsthema etwas aufdrücken, weil dann das Interesse doch zu wenig da ist. Denn sonst hätte ich in der Familie wohl einige NPD-Wähler bei manchen Aussagen.
So gehen sie einfach wählen, fertig. Sie reden nicht über Politik, außer wenn sie sich beschweren und so war es immer. Nie wurde explizit erklärt, wer wofür steht, wer wieso gewählt wurde, wer welche Aufgaben vertritt etc.
Ich weiß gar nicht warum sich diese Frage überhaupt stellt. Tut mir leid, aber man redet doch über Dinge, die einen bewegen auch vor den Kindern. Ich habe bisher meinem Sohn und auch meiner Tochter gezeigt wo wir hingehen zum Wählen, sie haben sich auch schon eine Wahlkabine ansehen dürfen und den Zettel haben sie vor Kurzem bei der Briefwahl gesehen. Natürlich können sie nun noch nichts damit anfangen, aber ein paar Fragen haben sich bei meinem Sohn schon ergeben und er hat es altersgerecht erklärt bekommen.
Ich denke, dass man einfach ganz normal darüber reden sollte und dann ergeben sich doch bei den Kindern auch Fragen. Ich bespreche so gut wie alle Themen auch im Beisein der Kinder, denn es bringt meiner Meinung nach nichts, wenn man alles für sich behält und die Kinder dann merken, dass einen etwas beschäftigt. So gehen wir beispielsweise auch offen damit um, dass wir gerade nicht zur Oma können und diese zu Hause bleiben muss, weil sie zur Risikogruppe gehört. Das weiß mein Sohn, er nimmt es so hin und hat der Oma auch am Telefon erklärt, dass sie eine Weile zu Hause bleiben muss, damit wir sie dann wieder besuchen können. Man muss Kindern doch die Welt erklären, wenn sich Fragen ergeben.
Zwischen mir, meinen Geschwistern und meinen Eltern war Politik immer schon ein Thema. Meine Jugend war in den Siebziger Jahren und meine Eltern waren sehr altmodisch. Es gab noch nicht so viele Fernsehsendungen, sodass wir immer gemeinsam die Nachrichten angeschaut haben. Danach gab es oft heftigste Diskussionen um RAF, Schwangerschaftsabbruch, Kriege, Rauschgift und Kommunismus und Kommunen. Wir kamen nie auf einen gemeinsamen Nenner und oft endete es in Streit.
Im Nachhinein habe ich meinen Eltern mit meinen Ansichten ziemlich viel zugemutet. Sie hatten wahrscheinlich große Angst um uns, wenn es zum Beispiel um Rauschgift oder sexuelle Freizügigkeit ging. Mein Vater war zum Beispiel der Meinung, dass man als Frau niemals einen Mann abbekommt, wenn man nicht mehr Jungfrau ist.
Mit meinen Kindern diskutiere ich auch öfters mal. Es geht aber nie so heftig zu wie mit meinen Eltern, weil wir in unseren Ansichten nicht so weit auseinander liegen. Es geht bei diesen politischen Gesprächen eher um einen sachlichen Meinungsaustausch und gegenseitige Bestätigung. Fast langweilig.
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