Corona-Regeln befürworten, aber dennoch nicht befolgen?
Obwohl laut Umfragen die Mehrheit die Corona-Regeln befürworten, könnten sich dennoch fast jede/r Zweite vorstellen, diese während der anstehenden Feiertage nicht einzuhalten. Könnt ihr solche Aussagen nachvollziehen oder sind diese für euch ein Widerspruch? Wärt ihr persönlich auch dazu bereit, es mit der Personenzahl einer privaten Weihnachtsfeier in der Familie nicht so genau zu nehmen oder käme so etwas für euch absolut nicht in Betracht?
Ich selbst würde sagen, dass ich in etwa diejenigen Regeln befürworten würde, die ich auch selbst einhalten könnte und würde. Es scheint mir wenig sinnvoll zu sein, Regeln für andere zu fordern und sich selbst dann darüber hinweg zu setzen. Wobei ich sowieso als Alleinlebender schon weitgehend in einen Zustand der sozialen Leblosigkeit verfallen bin und mich manchmal frage, was ich eigentlich noch weiter reduzieren soll. Ich starre doch sowieso schon den ganzen Tag nur noch in einen Bildschirm (und nachts versuche ich zu schlafen).
Zunächst einmal, ich kann in diesem ganzen Wirrwarr an Maßnahmen und Informationen auch verstehen, wenn es Menschen gibt, die den Maßnahmen nur noch müde gegenübertreten und auch wirklich keine Lust mehr auf die ganzen Einschränkungen haben, selbst wenn sie es sogar befürworten.
Also ich habe mich grundsätzlich an die meisten Maßnahmen gehalten, nur manche Maßnahmen sind zwischenzeitlich für mich nicht mehr nachvollziehbar. Aber ich halte mich eigentlich schon an die meisten Maßnahmen, auch wenn ich Manches etwas lockerer auslege.
Ich habe auch nicht die Kontakte, die andere Menschen haben, in meide eh schon Menschenmassen, ich trage meine Maske trotz Attest wo es notwendig ist, damit mich niemand blöd anmacht, und das Händewaschen nach dem Toilettengang habe ich bereits seit Kindesbeinen intus, da meine Mutter medizinisch nicht ganz unbewandert ist.
Aber Weihnachten ist schon noch eine andere Nummer. Ich verstehe es, dass manche Bundesländer nun zurückrudern und die Maßnahmen über die Feiertage hinweg verschärfen. Aber was soll ich tun? Ich halte mich zwangsweise eh dran, weil ich eh nicht mehr so viel Familie habe, als dass es sich lohnen würde, eine fette Party zu schmeissen. Also mehr als vier bis fünf Leute sind wir selten. Das Gleiche gilt auch für Silvester, also coronamäßig wäre bei mir alles safe, wie man so schön sagen würde.
Dass Regeln prinzipiell eine gute Sache sind, aber im Ernstfall doch nur für "die anderen" gelten ist in meinen Augen ein zwar nicht logisches, aber allzu menschliches Konzept. Beispiele gibt es auch außerhalb von Corona genug. Schließlich hat jeder eine höhere Meinung von sich und seinen Liebsten als von irgendwelchen Fremden oder der gesichtlosen Masse.
Man denke nur an den Straßenverkehr: Die Promillegrenze beim Autofahren trifft sicher auch auf breite Zustimmung, aber manche denken sich eben auch: Ich fahre besoffen besser als andere nüchtern! oder "Das waren doch nur zwei Schöpplein Wein und ein ganz kleines Stamperl!" Oder ich befürworte ein Halteverbot in Straße X, muss aber trotzdem ganz schnell zum Bäcker, und die drei Minuten machen bestimmt nichts aus.
Und die gleiche Denkensweise gilt eben auch für seuchenbedingte Gebote, Verbote und Appelle. Für mich selber finde ich immer Gründe und Ausreden, und die "Bösen" sind immer die anderen, die Partys feiern oder die Verwandtschaft versammeln, obwohl deren Eltern noch keine 80 sind und sicher noch viele Feste vor sich haben. Sein eigenes Verhalten schönzureden fällt jedem leicht.
Mir fällt insbesondere derzeit auf, wie sehr manche Menschen die Schuld bei anderen suchen. Jedes mal, wenn die Zahlen wieder steigen, höre und lese ich wieder das Geschimpfe über "die Unvernünftigen", die angeblich an allem schuld wären. Diese Unvernünftigen sind natürlich immer die anderen, während sich die Leute selbst immer für sehr vernünftig und regelkonform halten.
Ich finde, dass uns als Gesellschaft eine wertschätzende Grundeinstellung gegenüber unseren Mitmenschen gut tun würde. Also nicht gleich immer das Negative im anderen sehen, sondern einerseits ein wenig Verständnis, Toleranz und Nachsicht haben und sich andererseits auch selbst ein wenig kritisch hinterfragen. Wenn wir weniger misstrauisch und vorwurfsvoll miteinander umgehen, kommen wir vielleicht besser durch die Krise.
Ich finde schon, dass man vorwurfsvoll mit anderen Menschen sein kann, wenn diese sich über andere Menschen stellen und sich an nichts halten. Einfaches Beispiel, jemand besucht alle Leute in seinem Umfeld, gibt Partys oder trägt keine Maske, wenn er diese tragen müsste. Das ist anderen Menschen gegenüber nun mal nicht fair und das kann man aber auch nicht schön reden. Das ist gemein, fies und einfach nicht sozial und wenn sich jemand asozial verhält, dann finde ich auch, dass man das sagen können muss und darf.
Ich befolge die Regeln und finde auch, dass das letztendlich nicht so schlimm ist. Lieber bin ich zu Hause als andere Menschen zu gefährden. Auch wenn ich keine Oma mehr habe, möchte ich nun nicht dafür verantwortlich sein, dass bei anderen Menschen die Großeltern versterben und das mag vielleicht für den ein oder anderen Menschen furchtbar instrumentalisiert klingen, aber ich bin da lieber vernünftig. Tatsächlich habe ich also nicht das Problem, dass ich mehr einfordere und mich selber an nichts halte. Ich kenne auch keinen, der das so macht. Allerdings kann ich mir das gut vorstellen. Menschen in meinem Umfeld sind entweder total ungläubig oder glauben sehr daran und halten sich dann auch daran.
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