Was nach Auszug aus Elternhaus vermissen?
Als ich bei meinen Eltern ausgezogen bin, hatte ich ehrlich gesagt keine großen Schwierigkeiten. Ich hatte weder Heimweh, noch hatte ich große Probleme damit, für mich allein zu sorgen. Allerdings habe ich zunächst in einer Stadt gewohnt, die nicht so weit von meinen Eltern entfernt war, so dass wir uns trotzdem noch oft gesehen haben. Von daher habe ich da auch nichts vermisst.
Als ich dann weiter weggezogen bin, hatte ich zunächst ein mulmiges Gefühl, zumal die Stadt neu für mich war und ich da niemanden kannte. Allerdings hatte sich das auch schnell geregelt und ich habe es auch sehr schnell genossen. Was vermisst ihr nach dem Auszug aus eurem Elternhaus oder was habt ihr zunächst vermisst? Vielleicht die Kochkünste eurer Mutter oder das Familienhaustier?
Am meisten hat mir nach meinem Auszug das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gefehlt, das man einfach hat, wenn man weiß, dass jederzeit jemand für einen da ist und einem in jeder Notlage zur Seite steht. Natürlich sind meine Eltern auch nach wie vor gut telefonisch erreichbar, und ich sehe sie auch persönlich ab und an. Dennoch können Sie mich in einigen Alltagsherausforderungen aus der Ferne nicht auf die gleiche Art und Weise unterstützen, und das war damals zu Studienzeiten nicht immer leicht für mich. Mittlerweile stehe ich jedoch seit 7 Jahren auf eigenen Beinen und lebe auch schon lange mit meinem Freund zusammen, sodass ich eigentlich komplett selbstständig bin.
Die Kochkünste von Mama sind sicherlich ein weiterer Punkt, den ich vermisse - und zwar bis heute. Zwar habe ich angefangen, viele ihrer Rezepte aufzuschreiben und kann auch diverse Gerichte sehr originalgetreu nachkochen, aber dennoch ist es einfach etwas anderes, wenn ich zuhause bin und das Essen von ihr zubereitet bekomme. Meine Mutter sagt immer, die fehlende Geheimzutat sei Liebe.
Als ich bei meinen Eltern ausgezogen bin bin ich zunächst zu meiner Oma nach Cuxhaven gezogen. Ich war damals 18 Jahre alt und hatte Lust auf eine Ortsveränderung. Letztendlich habe ich dann aber sehr schnell die lockere und herzliche Art meiner Mama vermisst. Meine Oma hat zwar auch sehr gut für mich gesorgt, allerdings hatte sie eine andere Erziehung und hat sich wohl besonders verantwortlich für mich gefühlt obwohl ich schon erwachsen war.
Mit 20 Jahren bin ich dann letztendlich wirklich in meinen eigenen Single-Haushalt ausgezogen. Dieses Mal war das ein Ort in Bayern. Ich hab also gleich mal knappe 800 km zwischen mich und meinen letzten Wohnort gelegt. Anfangs habe ich meine Unabhängigkeit gefeiert und genossen. Ich hatte plötzlich Freiheiten die ich vorher nicht annähernd hatte.
Trotzdem habe ich dann doch irgendwann den Kontakt zu meiner Familie vermisst, besonders in Situationen in denen ich ratlos oder hilflos war. Das war zum Beispiel schon bei den einfachsten Dingen der Haushaltsführung der Fall. Gott sei Dank konnte ich jederzeit sowohl meine Mama als auch meine Oma telefonisch kontaktieren wenn ich Hilfe benötigt habe. Auch in Dingen wie Versicherungs- und Vertragsabschlüsse war ich bei meinem Auszug ein unbeschriebenes Blatt und habe mir da meist Hilfe bei meiner Tante gesucht.
Ich bin damals im Sommer von einem großen Haus mit Garten am Stadtrand in ein WG Zimmer in der Innenstadt gezogen, das nicht mal einen richtigen Balkon hatte. Das erste, was ich deshalb wirklich vermisst habe, war das Sonntagsfrühstück auf der Terrasse und generell die Möglichkeit spontan Zeit im Freien zu verbringen. An meinem neuen Wohnort musste ich dafür mehrere Stationen fahren zum Stadtpark.
Natürlich habe ich auch meine Familie vermisst, aber damals kamen gerade die Flatrates auf bzw. wurden für Privatleute normal und deshalb konnte wir problemlos Kontakt halten. Wenns sein musste habe ich auch mehrmals angerufen während ich versucht habe irgendwas zu backen, das meine Mutter eigentlich viel besser konnte als ich.
Ich habe am Anfang nichts vermisst, als ich ausgezogen bin. Im Gegenteil, ich habe die neue Freiheit in einer Großstadt genossen. Auch mein Kinderzimmer habe ich nicht vermisst, weil ich kein eigenes hatte. Ich musste mir eines mit meiner Schwester teilen. Ich hatte dort kaum persönliche Dinge.
Auch das Verhältnis zu meinen Eltern und Geschwistern war nicht innig. Es gab zwar keinen Streit, aber auch keine Nähe, weder körperlich noch geistig. Ich glaube, meine Eltern haben mich auch nicht vermisst.
Auch das Essen habe ich nicht vermisst, obwohl meine Mutter wirklich gut kochen konnte. Ich habe das Essen in der Mensa genossen, wahrscheinlich war ich die Einzige, die nicht darüber gemeckert hat.
Erst Jahre später habe ich so etwas wie Wehmut empfunden, wenn ich an zu Hause gedacht habe. Besonders als bei mir der Wunsch nach einem Garten aufkam. Wir hatten einen schönen großen Garten mit Obststräuchern und einer romantischen Trauerweide.
Was mir wohl am ehesten gefehlt hat war die Option meine Freunde jederzeit besuchen zu können. Das ist nicht mehr der Fall gewesen. Ansonsten habe ich nichts vermisst. Zu dem Zeitpunkt stand für mich fest, dass ich ausziehe, weil ich es einfach nicht mehr aushalte zu Hause und deswegen war es nicht so, dass ich meine Eltern vermisst hätte, besonders gutes Essen oder eine tolle Stimmung, denn das war für mich nicht vorhanden. Es wurde sogar teilweise extra etwas gekocht oder gekauft, was ich gar nicht vertragen habe oder nicht essen mochte. Ich habe zu dem Zeitpunkt jeden Tag geweint und als ich dann sagte, dass ich ausziehe, wurde ich von jedem belächelt, aber ich habe es durchgezogen und auch geschafft.
Bei mir war es so, dass der Auszug aus dem Elternhaus sowieso meinem Bedürfnis entsprochen hatte, mich abzunabeln. Meine Mutter hatte einen recht klammernden Charakter und hätte mich am liebsten gar nicht gehen lassen, aber je stärker sie geklammert hatte, umso größer war mein Bedürfnis gestiegen, auszuziehen. Ehrlich gesagt hatte ich nach dem Auszug eigentlich nicht viel vermisst und es stattdessen genossen, endlich unabhängig leben zu können. Dazu kam, dass meine Mutter trotzdem keine Gelegenheit ausgelassen hatte, mich anzurufen und Heimatbesuche einzufordern. Und so bin ich in der ersten Zeit immer noch oft genug nach Hause gefahren, sodass richtiges Heimweh nach Zuhause nie wirklich aufgekommen ist.
Ich wohne schon seit vielen Jahren ganz alleine, also weg von meinen Eltern. Ich bin damals vor meinem 18. Geburtstag abgehauen, weil ich es dort trotzdem nicht mehr ausgehalten habe. Irgendwie inoffiziell muss ich um die 17 Jahre gewesen sein und bin zu meinem Ex-Freund gezogen. Es ging zu Hause einfach nicht, weil kein Mutter-Tochter-Verhältnis da war und einfach von mir zu viel erwartet wird, aber nichts gegeben wurde.
Nun lange Rede kurzer Sinn, was vermisse ich am meisten? Es war unbeschwerter sich um nichts kümmern zu müssen. Miete musste ich nicht zahlen, Strom nicht, Rechnungen nicht, Lebensmittel nicht usw. Das ist natürlich ein toller Vorteil als Jugendliche gewesen, der mir das Leben schon deutlich erleichtert hat. Doch damit kann ich eigentlich ganz gut leben.
Es ist eben das Unbeschwerte, was vielen fehlt, wenn man von zu Hause auszieht. Jetzt muss ich alles allein machen, wo ich vorher noch Hilfe hatte. Ich muss die Wohnung aufräumen, was ich vorher nicht tun musste. Meine Mutter hat all dies getan und würde das auch noch heute tun. Rechnungen würde sie auch noch bezahlen. Ich glaube das ist ihre Art, sich die falschen Entscheidungen und die Folgen damit von den Schultern zu nehmen.
Doch eigentlich ist es wirklich das Unbeschwerte, was fehlt, aber man lernt ja auch vieles dazu. Ich bereue also keinen Schritt, auch wenn es zu Anfang wirklich schwer war.
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