Was tun, wenn Unternehmen Schwachsinnszeugnis ausstellt?

vom 23.10.2020, 11:24 Uhr

Ich habe knapp ein halbes Jahr für ein Unternehmen gearbeitet, wovon ich allerdings mehr als die Hälfte der Zeit über die Arbeitsnehmerüberlassung eingestellt war. Kurz vor der Übernahme vom Arbeitgeber gab es natürlich ein Feedbackgespräch und mein Vorgesetzter überschüttete mich mit Lob und dass ich alle Erwartungen zu 100 Prozent erfüllt habe.

Nach meiner Übernahme war ich allerdings wegen der schlechten Konditionen, was Gehalt, Urlaubstage usw. angeht, unzufrieden und suchte mir bei der ersten Gelegenheit eine bessere Anstellung. Weil mein Vorgesetzter allgemein keine Ahnung von Mitarbeiterführung hatte, gingen wir leider nicht im Guten auseinander. Er hat anscheinend nicht verstanden, dass nicht jeder dankbar bis in alle Ewigkeit für einen Hungerlohn arbeitet. Er bot mir nicht mal ein Exit-Gespräch an, was in jeder anderen Firma selbstverständlich ist.

Eigentlich ist es ärgerlich, da es die meiste Zeit über sehr gut lief, sowohl beruflich als auch mit den Kollegen. Nur die letzten Wochen, als ich gekündigt hatte, wendete sich das Blatt. Ich bat trotzdem um ein Arbeitszeugnis, schließlich war das Feedbackgespräch vor meiner Kündigung sehr gut gelaufen. Nun bekam ich das Arbeitszeugnis und musste erst einmal lachen. Man hatte meine gesamte Zeit in dem Unternehmen vor der Übernahme durch die Zeitarbeitsfirma einfach ausgeblendet und den Sachverhalt so dargestellt, als hätte ich da nur zwei Monate gearbeitet. Daher sei laut dem Arbeitszeugnis "eine Beurteilung meiner Leistungen nicht möglich".

Nun ist das Zeugnis nicht nur schlechter als gedacht, sondern auch noch faktisch falsch. Einen Anwalt einzuschalten wird ohne Rechtsschutz teuer und andere Alternativen fallen mir nicht ein. Wie seid ihr in der Vergangenheit mit so etwas umgegangen?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Rein rechtlich handelt die Firma richtig. Du warst während der Zeit über die Leihfirma bei dieser und nicht bei diesem Unternehmen angestellt. Daher müssen die dir kein Zeugnis ausstellen und können es auch gar nicht. Schließlich ist das Arbeitszeugnis Sache des Arbeitgebers. Und tatsächlich hast du nur zwei Monate dort gearbeitet, also so rein technisch arbeitsrechtlich.

Auf freiwilliger Basis könnten sie dir lediglich zusätzlich zum Arbeitszeugnis der Leihfirma eine Beurteilung über den Einsatz in ihrem Unternehmen anfertigen, um die Zeit vor deiner Anstellung zu berücksichtigen. Aber das ich keine Pflicht und du kannst das nicht einfordern.

Allerdings sollte ein qualifiziertes Arbeitszeugnis bereits nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Wochen drin sein. Aber da urteilen Gerichte höchst unterschiedlich. Während das eine sagt, dass sechs Wochen für eine umfangreiche Beurteilung mit einem qualifizierten Arbeitszeugnis reichen, gehen andere davon aus, dass sogar nach sechs Monaten in einigen Fällen ein einfaches Arbeitszeugnis genügt.

Du kannst es ja mal mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (Urteil vom 30.3.2001 - 4 Sa 1485/00) versuchen und ein qualifiziertes Zeugnis einfordern. Vielleicht schreiben sie eines und du bist vielleicht auch dann mit den Formulierungen zufrieden.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Dass du für sehr wenig arbeiten musstest, ist natürlich nicht ok. Aber andere Dinge finde ich auch etwas viel verlangt, wie die Sache mit dem Exit-Gespräch. Ich hatte noch nie so ein Exit-Gespräch und ich denke daher auch nicht, dass das selbstverständlich ist. Außerdem - was soll einem das bringen? Bei meinen letzten Jobs, die ich mehrere Jahre ausübte, gab es auch keinerlei offizielle Verabschiedung. Man hatte das Ende der Kündigungsfrist und war dann eben raus, mehr passierte nicht. Ich denke, dass das gar nicht so ungewöhnlich ist, dass man ohne großes Tamtam aus einer Firma geht, gerade wenn mal selbst gekündigt hat und noch viel mehr, wenn man gar nicht lange da war.

Mir erscheint das wirklich so, als verlangst du da ein wenig zu viel. Du warst ja vorher bei der Zeitarbeitsfirma angestellt und nicht bei dem Unternehmen und nach zwei Monaten dann große Hoffnung auf ausführliche Bewertungen zu haben, finde ich auch etwas übertrieben. Ich würde auch wegen dem Arbeitszeugnis keinen Terz machen. Das brauyht man doch gar nicht.

Ich weiß natürlich nicht, wie das in deiner Branche ist, aber ich habe bei Bewerbungen noch nie ein Arbeitszeugnis vorgelegt. Das interessiert einfach keinen und ich kenne es auch von anderen so, dass man zwar Arbeitszeugnisse hat, aber dass man die für Bewerbungen nicht benötigt. Nun extra einen Anwalt wegen des Zeugnisses einzuschalten finde ich daher auch übertrieben. Wenn du dich jetzt wieder neu bewirbst, dann lass doch die zwei Monate bei der Firma unter den Tisch fallen und tu so, als kämst du direkt von der Zeitarbeitsfirma.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Du warst vorher bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt und diese muss dir dann das Zeugnis für diese Zeit ausstellen, aber nicht der Auftraggeber. Nun ist es natürlich blöd, dass dir die Firma nicht etwas entgegengekommen ist, aber das kannst du nun mal nicht ändern. So ist es nun mal im Leben, das sind Erfahrungen, die man macht. Wenn dort steht, dass keine Bewertung möglich ist, dann würde ich es einfach so lassen, ein Zeugnis, welches nicht gut ist, bringt dir ja auch nichts und wenn du es dann einklagst, verlierst du einen Haufen Geld. Das macht vielleicht auch keinen Sinn. Ich würde mich also nun an die Zeitarbeitsfirma wenden und versuchen dort ein Zeugnis zu bekommen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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