Situationen, in denen ihr auch hättet sterben können
Wenn ich so überlege, gab es in meinem Leben schon öfters Situationen, in denen mein Leben auch hätte enden können oder in denen ich zumindest hätte schwer verletzt werden können.
Als ich beispielsweise vom Dorf in die Stadt zog, wäre ich fast gleich am ersten Tag überfahren worden. Ich kannte keine mehrspurigen Straßen und wollte eine Straße überqueren, weil ich sah, dass die Autos vor einer Ampel anhielten. Ich missachtete die Fußgängerampel und wäre fast vor ein Auto gelandet, das in der nächsten Spur grün hatte. Es war sehr, sehr knapp.
Eine andere kritische Situation war auf einem kleinen Boot, auf dem ich gegen die Fahrtrichtung saß und das nur unter eine Brücke passte, wenn man den Kopf einzog. Mein damaliger Freund merkte zuerst nicht, dass ich die Brücke nicht sehen konnte und drückte mir quasi im letzten Moment den Kopf noch herunter. Bei der Geschwindigkeit, die wir drauf hatten, wäre das nicht gut ausgegangen.
Auch als Kind wäre ich fast schon einmal von einem abbiegenden, nicht auf die Fußgänger achtenden Auto überfahren worden. Es überfuhr aber nur meine Füße. Der Fahrer stieg aus, schimpfte mich zusammen und fuhr weiter. Ich traute mich nicht, irgendwem davon zu erzählen.
Wart ihr auch schon in Situationen, in denen ihr hättet sterben können. Welche waren das?
Ach, da gab es schon einige Situationen, in denen ich hätte tot sein können. Da gab es zuerst einmal den Unfall beim Schwimmen, bei dem ich mit dem Kopf gegen jemand Anderes geprallt bin und wie ein Stein versunken bin. Zum Glück hat man mich schnell hochgeholt und zurückgeholt. Ich hätte wirklich sterben können.
Dann gab es einige Jahre später einen Feuerwehreinsatz, bei dem ich mit schwerem Atemschutz in eine brennende Scheune musste. Klingt schwer nach Actionfilm, aber es kamen wirklich Bretter herunter und ich musste meine Arbeit verrichten, ohne getroffen zu werden. Da bekommt man Respekt vor dieser Arbeit. Aber ich habe es gerne gemacht.
Dann bin ich beim Klettern mal teilweise abgestützt. Dank Sicherung bin ich in die Seile gefallen und bewusstlos war ich nicht, aber gegen die Felswand bin ich schon geprallt. Außer Prellungen und einer Gehirnerschütterung war jedoch nichts passiert, aber es wird einem schon anders wenn man an sowas zurückdenkt.
Das waren so meine jugendlichen Unfälle und es wurde so zehn Jahre ruhiger. Dann hatte ich jedoch einen Unfall, bei dem ich angefahren wurde. Ich erinnere mich nicht mehr so daran, ich wurde glücklicherweise noch an der Unfallstelle wach. Aber ich hätte auch sterben können, wenn ich nicht mehr aufgewacht wäre. Außerdem habe ich immer noch kleinere Schäden, die seit Jahren mit Physiotherapie im Griff behalten werden.
Dann kam Corona. Dieses Jahr hatte ich einen heftigen Vireninfekt erwischt, es war kein Corona, der mir die Luft genommen hat. Ich hing recht lange am Sauerstoff und muss bis heute starke Medikamente einnehmen, mein Lungenvolumen ist seitdem eingeschränkt. Aber ich blicke positiv in die Zukunft und denke, dass ich das auch noch hinbekomme. Aber wisst ihr, man fängt an anders zu denken, wenn einem mal wirklich die Luft weggeblieben ist. Das Gefühl ist nicht mit einem Unfall oder einem mechanisch verursachten Problem vergleichbar. Du merkst, dass dir etwas Essentielles fehlt und bekommst wirklich Todesangst. Jedoch habe ich seitdem auch begonnen, mein Leben zu leben, denn ich habe nur eins.
Ich glaube in der Situation selber funktioniert man einfach nur und macht sich dann danach Gedanken. Als kleines Kind bin ich von einem großen Jungen mal mit einem Messer bedroht wurden, der wollte dass ich meinen Rock hoch mache um dann weiß was ich mit mir zu machen. Wie ich es gelernt habe, habe ich das gemacht, was ich am besten konnte, ganz laut schreien und zu meinen Eltern rennen, das habe ich gemacht und konnte mich so schützen. Das war auch kein kleines Messer, sondern so ein großes Küchenmesser. Später kam es noch zu einer ähnlichen Situation, aber erst viele Jahre später.
Außerdem bin ich immer viel geklettert und dann durchaus auch mal aus hohen Höhen nach unten gesprungen. Ich muss schon sagen, wenn man meine Größe bedenkt zur Damligen Zeit hätte da auch manches wirklich schiefgehen können, aber es ging alles gut.
Vor ein paar Jahren hatte ich dann die Situation, dass ein Mann mit einer hohen Geschwindigkeit auf den Parkplatz fuhr, auf dem ich gerade mit meinen Sohn an der Hand langgelaufen bin. Er war noch sehr klein, dementsprechend langsam und hätte ich ihn in letzter Sekunde nicht weggezogen wäre er vom Auto angefahren wurden. Meine Reaktion war dann nach dem ersten Schock nur noch meinem Mann unseren Sohn in die Arme zu geben, der beruhigt werden musste und ich stand dann vor dem Auto klopfte an die Scheibe und der junge Mann traute sich nicht mal mehr die Tür aufzumachen, was mich dazu brachte ihm durch die geschlossene Tür die Ansage seines Lebens zu machen. Das hätte auch wirklich schiefgehen können, auch wenn ich nicht tot gewesen wäre, wäre es mein Sohn bei der Geschwindigkeit sicher gewesen und ich bin sehr froh, dass ich sofort ohne nachzudenken reagiert habe.
Das kann doch keiner wissen. Leben ist immer lebensgefährlich. Mich hätte mal beinahe ein Gegengewicht eines defekten Türzudrück-Klapperatismus am Schädel getroffen, und das wäre angesichts der Delle im Fußboden bestimmt nicht gut für mich ausgegangen. Und ein, zwei Beinahe-Autounfälle gab es in meiner Kindheit auch, weswegen ich bis heute gut aufpasse im Straßenverkehr.
Aber streng genommen hättest du auch beim Waldspaziergang sterben können, wenn ein morscher Ast genau den falschen Zeitpunkt zum Abbrechen erwischt hätte. Oder wenn der Autofahrer, der eine Familie umnietet, fünf Minuten früher/später losgefahren wäre. Oder bei einer spontanen Allergie oder infizierten Zecke. Beispiele gäbe es hier am laufenden Meter, und der einzige Unterschied ist doch nur, ob es dir bewusst ist, dass du dem Sensenmann noch mal von der Schippe gesprungen bist oder nicht.
Deswegen halte ich auch nichts von den berühmten Argumenten: "Wir haben damals auch etwas Gefährliches gemacht, und uns ist nichts passiert." Die, die nicht so viel Glück hatten, können sich nicht mehr damit brüsten, weil sie unter der Erde kein Internet haben.
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