Als Erwachsener die gleichen Fehler machen wie die Eltern?

Gerade als Jugendlicher ist man ja überzeugt, vieles ganz anders zu machen als die eigenen Eltern. Man erkennt, dass die Eltern auch Fehler begehen - egal ob es um die Erziehung oder irgendetwas anderes geht - und nimmt sich vor, diese nicht zu wiederholen und anders zu leben oder in bestimmten Situationen anders zu handeln. Nicht immer klappt das aber. Oft ist man den Eltern doch ähnlicher als man denkt oder als man es möchte.

Habt ihr schon einmal Fehler eurer eigenen Eltern wiederholt, obwohl ihr das nie wolltet? Ich meine damit natürlich nicht irgendwelche Kleinigkeiten, sondern vielleicht sich nicht scheiden zu lassen, obwohl man unglücklich in der Ehe ist oder etwas in der Art.

Ich habe bisher nicht die selben Fehler wie meine Eltern gemacht. Vor allem sind es hier Fehler in der Erziehung, im Umgang mit den Kindern, die mich bei meinen Eltern stören oder gestört haben und ich möchte dies ganz gezielt anders machen, was mir bisher auch noch gut gelingt. Ich denke, dass dies auch so bleiben wird, weil ich noch genau weiß wie sich bestimmte Sachen für mich als Kind angefühlt haben und das möchte ich für meine Kinder nicht.

Ich finde hier sollte man schon unterscheiden, ob es sich um Verhaltensweisen handelt, die charakterlich und vielleicht sogar genetisch bedingt sind oder ob es eine bewusste Entscheidung für etwas ist. Manche Menschen zum Beispiel empfinden es als Fehler, sich eine Immobilie zu kaufen, gerade wenn die Eltern eine Immobilie gekauft haben, die Kinder damit groß geworden sind und man das als schlechte Erfahrung und sogar Belastung empfindet. Würde man solche Fehler der Eltern wiederholen würde ich das reichlich bescheuert finden.

Ich glaube, dass gerade in Bezug auf Erziehung und das Verhältnis zu den eigenen Eltern sehr viel im Unbewussten abläuft. "Normalen" Menschen, die ihre Kindheit nicht zufällig therapeutisch aufgearbeitet haben, würde ich gar nicht zutrauen, dass sie beurteilen können, welche "Fehler" ihre Eltern gemacht haben, wenn es nicht gerade brüllend offensichtlich ist wie bei Alkoholmissbrauch oder Gewalt.

Man übernimmt ganz automatisch so viele Werte, Vorstellungen und Ideen aus dem Elternhaus und der frühen Kindheit, dass es für viele Menschen schwierig bis unmöglich ist, ohne Hilfe von außen das Knäuel aus hilfreichen und hinderlichen Glaubenssätzen aufzulösen.

Sprich, es erfordert schon eine gewisse geistige und auch seelische Reife, und teilweise auch Anstrengung, zu sagen: Meine Eltern haben mir folgende Werte eingeimpft, aber für mich sind sie falsch und ich entscheide mich bewusst dagegen. Mir fallen hier zum Beispiel die berühmten preußischen Kardinaltugenden ein, und ich kenne erheblich mehr Leute, die brav in die Fußstapfen ihrer Eltern getreten sind und sich freudlos kaputtarbeiten oder sinnlos aufopfern, als Menschen, die sagen: Meine Eltern haben hier einen Fehler gemacht, ich arbeite lieber, um zu leben, als umgekehrt!

Bei den Fehlern, die die Eltern gemacht haben, ist man seinen Kindern gegenüber sensibler. Dafür macht man leider andere Fehler. Als ich ein Kind war, war es noch normal, dass man ab und zu eine Ohrfeige bekam. Weil ich das immer erniedrigend fand und natürlich auch schmerzhaft je nach Stärke, habe ich meine Kinder nie geschlagen.

Auch andere erniedrigende Erziehungsmethoden habe ich nicht angewendet. Dafür bekomme ich jetzt andere Dinge vorgeworfen, die eher mit zu wenig Strenge zu tun haben.

Eltern sind ja auch nur Menschen. Daher gibt es wahrscheinlich keine Eltern, die perfekt sind. Außerdem sind Kinder verschieden. Manche brauchen mehr Grenzen, andere mehr Freiheiten. Manchmal weiß man erst hinterher, was das Kind gebraucht hätte.