Vorurteile über Privatpatienten - berechtigt oder nicht?

vom 04.10.2020, 23:52 Uhr

Gerade bei uns auf der Station habe ich auf öfter mit privaten Patienten zu tun. Ich glaube, dass jeder die Klischees kennt und weiß, dass Privatpatienten laut diesem in der Regel verwöhnt sein sollen und vor allem sehr fordernd und dreist im Umgang und viele Extrawünsche haben, die ihnen trotz der Versicherung nicht zustehen (zum Beispiel, dass man mal eben für den Patienten gegenüber Zigaretten holen geht...).

Wie ist es bei euch? Habt ihr auch schon Patienten erlebt, die sich wirklich wie der typische Privatpatient verhalten und eine Millionen Extrawünsche haben, die ihnen gar nicht zu stehen? Ich verstehe, dass sie ein Recht auf ein Einzelzimmer haben und dass sie auch bestimmtes Essen bekommen im Vergleich zu anderen Patienten, weil sie dafür Geld bezahlen, aber irgendwo gibt es dann auch Grenzen und ich bin nicht verpflichtet dem Patienten eben Zigaretten zu holen.

Wie ist es bei euch? Habt ihr auch schon erlebt, dass die Privatpatienten ihre Klischees erfüllen und sich leider aufführen wie die letzten Menschen und sich dabei oftmals total verachtend gegenüber dem Pflegepersonal verhalten?

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich muss gestehen, dass ich manchmal schon gerne Privatpatientin wäre. Aber ich bekomme ja nicht einmal die Zusatzversicherung, weil ich mich in Psychotherapie begeben habe und chronische Erkrankungen habe. Es würde mir manchmal vieles erleichtern. Mir persönlich geht es ja nicht mal um Klischees, ich bin an sich recht umgänglich, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man einfach anders behandelt wird.

Ob es daran liegt, dass viele Privatpatienten die Klischees erfüllen, kann ich jedoch nicht sagen. Meine Schwiegereltern sind privat versichert und gehören zu den umgänglichen Menschen. Sie wollen genauso wie Kassenpatienten behandelt werden, haben halt nur einige Vorteile gegenüber ihnen. Aber jetzt mit über 70 Jahren finde ich das auch okay und gerechtfertigt.

Ich habe jedoch auch andere Kaliber erlebt. So stand in der Praxis, in der ich mal ein Praktikum gemacht habe eine ältere Dame. Diese meinte dann nur, sie wäre Privatpatientin und bräuchte dringend einen Termin. Meine Vorgesetzte meinte dann nur, dass es bei ihnen in der Praxis keine Zwei-Klassen-Gesellschaft gäbe und dann ist sie beleidigt abgerauscht.

Ich lag nach einem Unfall mal in einem Zimmer mit einer Privatpatientin. Diese Person erfüllte alle Klischees. Sie hat den ganzen Tag nur gejammert, wie schlimm es wäre, mit einer weiteren Person im Zimmer zu liegen, Entschuldigung, es war damals nichts mehr frei. Die Unfallchirurgie ist aus allen Nähten geplatzt. Dann wollte sie mein Telefon mit nutzen, sie wäre ja privat versichert und müsste das nicht zahlen. Da habe ich mein Kärtchen schnell versteckt. Und auch beim Essen war sie mäkelig. Aber diese Person hat wirklich alle Klischees bedient.

Was mich teilweise stört, ist, dass man in manchen Krankenhäusern als Privatpatient das Essen auswählen darf und auch mal ein Stück Obst bekommt. In zwei Wochen Krankenhaus habe ich jeden Tag um mein laktosefreies Essen kämpfen müssen und bekam jeden Tag einen Joghurt. Zum Glück waren die Pfleger mal so nett und haben mir das Essen mit einem anderen Patienten getauscht, ich habe irgendwann nämlich nichts mehr gegessen, weil ich so massive Durchfälle bekommen habe. Das war ärgerlich, aber ich habe es überstanden.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12582 » Talkpoints: 9,16 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich bin nicht in der Krankenpflege oder als Arzt tätig und kann aus dieser Perspektive nichts dazu sagen. Ich war aber mal selber Privatpatientin, weil mein damaliger Mann als Beamter privat versichert war. Als Patientin habe ich keinen Unterschied gemerkt, außer dass ich bei meiner ersten Geburt bei der Entlassung ewig lange auf den Chefarzt gewartet habe, weil der mir noch einen Händedruck geben wollte, den er sich wahrscheinlich teuer hat bezahlen lassen.

Ich bin froh, dass ich in der gesetzlichen Krankenversicherung bin, weil ich die Befürchtung habe, als Privatpatient übertherapiert und -diagnostiziert zu werden. Die Kosten für die Geräte müssen ja irgendwie hereingeholt werden. Der einzige Nachteil für mich sind die Kosten für Kronen oder Brücken beim Zahnarzt, Brille und Ähnliches. Ich gehe selten zum Arzt, daher ist es für mich auch nicht wichtig, wie schnell ich einen Termin bekomme. Da scheint es ja Unterschiede zu geben.

Ich kenne einige Privatpatienten. Es sind normale Leute, die meisten sind Lehrer. Bei keinem von diesen kann ich mir vorstellen, dass sie sich so wie von dir beschrieben aufführen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch gesetzlich Versicherte gibt, die an allem nur herummäkeln. Solche Leute kenne ich auch.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich war mal auf einer Privatstation untergebracht weil sonst kein Platz war. Also keine Station für privat versicherte sondern für hauptsächlich ausländische Patienten, die den Spaß komplett selber bezahlt haben. Da wurde dann schon mal Abendessen vom Sternerestaurant geliefert. Aber die Leute, die ich da kennen gelernt habe, waren alle total normal und umgänglich.

Von normalen Stationen kenne ich es aber schon, dass Patienten den Unterschied zwischen Zimmerservice und Krankenpflege nicht zu kennen scheinen. Ich habe das bisher aber wirklich nur bei älteren Leuten gesehen, entweder meine Generation weiß, wie stressig der Job im Krankenhaus sein kann, oder man hat einen besseren Draht zum Pflegepersonal wenn man teilweise im gleichen Alter ist. Privat versichert war da glaube ich keiner.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich war vor einigen Jahren auch privat versichert und hatte dort auch ein Erlebnis, wo ich mich gefühlt habe als würde ich zu einer "besseren Klasse" gehören. Es war ein sehr heißer Sommer und ich wurde am Knie operiert. Leider habe ich die Narkose nicht gut vertragen und musste eine Nacht da bleiben. Als der Entschluss fest stand hieß es, dass man mich nun auf die Privatstation eine Etage höher schiebt.

Dort angekommen war es bestimmt 10 Grad Kühler weil alles klimatisiert war. Das kümmern um mich war ein ganz anderes und natürlich die Zimmergröße ebenfalls. Ich war in der Situation sehr froh darum, aber finde dass es das Recht eines jeden sein sollte so etwas zu bekommen und nicht nur für Mehrzahler..

» Milli123 » Beiträge: 11 » Talkpoints: 0,96 »


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