Weniger Eigentum und dadurch auch weniger arbeiten müssen?
Ich habe neulich einen Artikel darüber gelesen, dass viele Menschen die Leistungsgesellschaft zunehmend als Belastung empfinden und sich daraus lösen wollen. Ein Konzept ist es, seinen Besitz so stark zu verkleinern, dass man keine großen finanziellen Mittel mehr braucht und deswegen auch weniger Arbeiten muss.
So gibt es in ganz Deutschland Orte, in denen Menschen in Tiny Houses leben. Das sind kleine Wohneinheiten, die erschwinglich sind und entsprechend auch wenig Platz bieten. Man kann dort aber mit der ganzen Familie drin wohnen, wenn man sich arrangiert. Viele dieser Familien haben auch kein Auto und nutzen öffentliche Verkehrsmittel oder Fahrräder. Der ganze Besitz wird auf ein Minimum beschränkt und der Konsum stark eingeschränkt.
Generell soll dies dann die Lebensqualität steigern. Man macht sich weniger Gedanken darüber, was die Gesellschaft von einem erwartet und besitzt keine Statussymbole. Man lebt unabhängiger und freier. Da man wenig Besitz hat, muss man auch weniger arbeiten gehen. Viele dieser Familien gehen nur noch Teilzeit oder 2-3 Mal die Woche Vollzeit arbeiten. Den Rest der Zeit genießen sie dann mit ihrer Familie.
Wäre dies ein Lebenskonzept für euch? Ich finde es grundsätzlich toll seinen Konsum und seinen Besitz so einzuschränken. Allerdings hat man durch das wenige Arbeiten auch weniger Geld und so könnte ich nicht reisen. Und die freien Tage nur im Haus und bei der Familie zu verbringen würde mich zu Tode langweilen. Wie seht ihr das? Wäre wenig Besitz und daher auch weniger finanzielle Verpflichtungen für euch eine Entlastung?
Solche Aussteigerkommunen sind doch nichts neues und die kommen und gehen doch ständig. Ich selber hätte da keine Lust drauf und für mich wäre das auch kein erstrebenswertes Lebenskonzept. Konsumverzicht kann ich auch so ausüben wenn ich das möchte und meine finanziellen Verpflichtungen könnte ich zur Not auch so herunterschrauben.
Speziell von den "Tiny Houses" habe ich auch schon öfter gehört und anscheinend gibt es durchaus sinnvolle Verwendungszwecke auch hierzulande dafür. In den USA, woher der Trend stammt, gelten ja noch mal ganz andere Spielregeln - da kannst du einerseits viel schneller aus deiner Mietwohnung fliegen als bei uns, und andererseits haben mobile und generell "alternative" Wohnformen auch eine gewisse Tradition. Wohl auch, weil das Land so riesig und dünn besiedelt ist.
Aber wie immer gibt es unterschiedliche Sichtweisen: Manche sind aus genannten Gründen absolut happy mit ihrem minimalistischen Lebensstil auf wenigen Quadratmetern, aber die sind oft jung, alleinstehend und haben die Sorte Job, die man mit dem Laptop überall machen kann. Eine mehrköpfige Familie in ein Minihaus zu pressen, ist am Anfang sicher aufregend, aber bestimmt nervt es schnell, wenn man nicht mal zu viert um den Tisch sitzen oder Kaffee und Zeitung nebeneinander ausbreiten kann. Von herumliegendem Spielzeug ganz zu schweigen.
Allgemein gesprochen kann ich durchaus nachvollziehen, dass es Menschen gibt, die den Konsumzwang für sich ablehnen und lieber ein einfaches Leben führen. Der Unterschied liegt in meinen Augen jedoch darin, ob man dazu gezwungen ist oder ob man sich freiwillig dafür entscheidet und die Möglichkeit hat, quasi jederzeit wieder auszusteigen. Mal ein oder zwei Jahre "Minimalismus" sind etwas anderes als mehr oder weniger Armut.
Es kommt auf die Lebensphase an. Solange die Kinder im Haus sind, ist so ein Verzicht auf Platz schwer durchzusetzen. Aber für mich alleine wäre so ein Tiny Haus ganz toll, sofern es einen Garten hätte und zentral gelegen wäre, also mitten in der Stadt. Manche Leute leben ja auch freiwillig auf Campingplätzen, leider viele auch gezwungenermaßen. So ein Campingwagen ist ja fast so etwas wie ein Tiny Haus, allerdings gibt es nur wenige Campingplätze mitten in der Stadt.
Ich habe eh nicht viel Eigentum. Wir haben kein Auto und keine teuren Möbel. Bevor die Kinder kamen, hatte ich meine Arbeitszeit schon einmal von 40 Stunden auf 30 Stunden verkürzt, um mehr Freizeit zu haben. Da ich eh nicht viel Eigentum habe, kann ich da nicht viel einsparen, aber mir ist es wichtig, dass ich durch die Arbeit nicht allzu viel Stress habe.
Tiny Houses sind in Deutschland eher problematisch, hat mit dem deutschen Baurecht zu tun. Die Situation in Deutschland kann man wirklich nicht mit der Situation in den USA vergleichen. Man findet kaum einen Stellplatz und den Traum ohne Auto leben zu können kann man meistens direkt vergessen wenn man dann einen Stellplatz hat, weil der nicht in der Nähe einer Bushaltestelle ist sondern in der Mitte von Nirgendwo.
Dazu kommt, dass das Haus in der Regel gekauft und nicht gemietet wird. Das kostet dann zwar deutlich weniger als ein Haus oder eine Eigentumswohnung, aber die ca. 50000 Euro für dein Häuschen musst du halt auch erst mal haben. Plus monatliche Miete für den Stellplatz und Nebenkosten.
Ich finde Bilder von diesen Häuschen oft total schön und bewundere die Kreativität bei der Einrichtung. Oft haben die Leute dann auch einen total schönen Stellplatz mitten in der Natur und es wirkt alles sehr idyllisch. Nicht zu vergleichen mit der deutschen Realität, die mehr oder weniger auf eine Dauercamper Situation hinaus laufen würde.
Von der Situation ein Tiny House bzw. ein rollendes Heim auf Rädern in Deutschland anzumelden, habe ich keine Ahnung, könnte mir aber denken, dass die versteckten Kosten hierzulande höher sind als man das im Vorfeld denken würde. Abgesehen von der Miete für den Stellplatz bleiben solche Kosten wie Abwassergebühren, Kosten für den Müll oder die GEZ vielleicht sogar bestehen, sodass sich der ganze Spaß am Ende derart aufsummiert, dass man für einen ähnlichen Preis auch eine kleine Wohnung anmieten könnte.
Unter diesen Gesichtspunkten bin ich mir nicht so sicher, ob so ein "einfaches" Leben wirklich so einfach und tatsächlich kostengünstiger ist. Nach dem Motto: Irgendwas ist ja immer. Erst die Tage las ich über einen Tiny House Benutzer, der bei seinen Eltern duschen geht. Das ist sicher nichts, was für erwachsene Menschen über 30 oder 40 noch infrage kommt. Außerdem mag ich meine Zentralheizung, das Wannenbad, den ummauerten Balkon, feste vier Wände, die sowohl im Winter als auch im Sommer eine gewisse grundsätzliche Klimatisierung versprechen, die ein besseres Wohnmobil niemals bieten kann. Von der Tatsache abgesehen, dass man die meisten durchschnittlichen Wohnungen nicht mit nur drei Schritten durchqueren kann.
Die Posten für Wohnen, Miete, Zinsen, Eigentum bleiben wohl für immer für die meisten die teuersten, bzw. jene für die das meiste Gehalt draufgeht. Aus meiner Sicht ist das mit dem Aussteigen weniger einfach, als man sich das vielleicht mit Anfang 20 in seinen kühnen Träumen mal vorgestellt hatte. Grundsätzlich finde ich die Richtung weniger zu arbeiten und mehr Zeit zu haben auf Kosten des Konsums aber sehr gut. Ich habe nie verstanden, warum manche Leute sich dumm und dusselig arbeiten, um den Traum vom vielleicht eigentlich zu teuren Eigenheim oder sonstigen Luxusgütern zu finanzieren, mit denen sie dann Menschen beeindrucken, die sie gar nicht leiden können oder die ihnen egal sein sollten.
Verbena hat geschrieben:Von der Situation ein Tiny House bzw. ein rollendes Heim auf Rädern in Deutschland anzumelden, habe ich keine Ahnung, könnte mir aber denken, dass die versteckten Kosten hierzulande höher sind als man das im Vorfeld denken würde. Abgesehen von der Miete für den Stellplatz bleiben solche Kosten wie Abwassergebühren, Kosten für den Müll oder die GEZ vielleicht sogar bestehen, sodass sich der ganze Spaß am Ende derart aufsummiert, dass man für einen ähnlichen Preis auch eine kleine Wohnung anmieten könnte.
Das stimmt. Rechtlich wird das in Deutschland wie ein ganz normales Haus behandelt wenn das dein erster Wohnsitz ist. Sprich, dein Stellplatz muss auch als Wohngebiet ausgewiesen sein und dein Tiny House muss mit dem Bebauungsplan zu vereinbaren sein und so weiter. Aber die Probleme fangen wahrscheinlich schon bei der Suche an, denn wer vermietet einen halben Bauplatz wenn er den ganzen Bauplatz verkaufen kann?
Ich habe mal einen Bericht gesehen, da waren die einzigen, die dauerhaft in dieser Wohnform gelebt haben, und nicht darauf angewiesen waren irgendwo duschen oder Wäsche waschen zu können Leute, die auf einer Art Campingplatz gelebt haben und dort als Dauercamper geduldet waren.
Ich denke in einem Tiny House zu wohnen ist unter Umständen gar nicht so günstig. Schließlich hat man ja trotzdem ein eigenes Haus.
Aber ja, vom Lebensstil halte ich sehr viel. Man kann ja auch in einer Wohngemeinschaft leben, da kommt man auch ganz günstig weg. Vollzeit arbeiten möchte ich auch auf keinen Fall. Das liegt aber unter anderem daran dass ich es einfach liebe kreativ zu sein. Ich habe so viele kreative Interessen. Diese sind der Grund weshalb ich morgens voller Freude aufstehe. Aber die bringen leider kaum Geld (vielleicht irgendwann).
Ich denke man kann mit diesem Lebensstil unglaublich Glücklich sein. Das größte Hindernis dabei sind jedoch die Meinungen anderer Menschen. Dauernd muss man sich rechtfertigen. Man muss es schaffen sich davon abzugrenzen. Und Reisen kann man auch ganz günstig wenn man das überhaupt möchte. Beispielsweise mit Freiwilligenarbeit im Ausland. Ist auch 1000 mal abenteuerlicher als der 08/15 Touri-Kram.
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