Aus Höflichkeit Ungenießbares essen?
Vor kurzem war ich bei einer alten Dame und ihrer Verwandtschaft zum Kaffee eingeladen. Sie war die beste Freundin meiner Mutter und nach dem Tod meiner Mutter hat man sich ein wenig aus den Augen verloren. Daher bin ich wirklich gerne hingegangen und habe mich auch sehr darüber gefreut, das sie sich an mich erinnert hat.
Es war dann auch ein wirklich schöner Nachmittag, bei dem wir sehr in Erinnerungen schwelgten und ich viele schöne Dinge über meine Mutter hörte, teilweise noch aus Kindheitstagen. Eine Sache jedoch schlug mir gewaltig auf den Magen und trübt ein wenig den ganzen Nachmittag. Die Kuchen und Torten waren einfach schrecklich und ich musste mich mit Gewalt zwingen, überhaupt etwas runter zu schlucken.
Ich habe in meinem Leben ja schon wirklich so einige seltsame Dinge vorgesetzt bekommen, meistens schmeckte das Zeug aber eher fad, langweilig, staubig oder zu sehr nach einer bestimmten Zutat. Diese Torten hatten jedoch alle durchweg einen völlig künstlichen Eigengeschmack. Es fällt mir schwer das überhaupt zu beschreiben, mit zwei Worten würde ich sagen : süß und Plastik!
Mir wurde jedoch mit einer Begeisterung und Freundlichkeit immer wieder aufgetragen, das es mir sehr schwer fiel nein zu sagen, da hier mit Sicherheit die Frage aufgekommen wäre, warum. Daher zwang ich mich zwei Stück Torte zu essen und mit viel Kaffee runter zu spülen. Ich spielte mehrmals mit dem Gedanke, das Zeug in einer Serviette verschwinden zu lassen, aber da so viele Blicke ständig auf mich gerichtet waren, traute ich mich nicht. Keinesfalls wollte ich die alte Dame in irgendeiner Weise beleidigen oder verletzten.
Würde es sich um eine Freundin handeln, die einfach mal Mist gebaut hat beim Backen, würde ich ihr das mit Sicherheit sagen, das erwarte ich auch schlicht von ihr. Bei dieser Dame jedoch war ich mir sicher, sie hätte es sehr persönlich genommen und Kritik war hier einfach unangebracht. Was hättet ihr in dieser Situation getan? Hattet ihr auch schon mal ein solches Erlebnis?
Ich weiß nicht, wie viel ich davon gegessen hätte aus Höflichkeit. Aber ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass - vorausgesetzt der Kuchen bzw. die Torte ist wirklich so schrecklich gewesen wie du sagst - dass ich da einfach zu einer Notlüge gegriffen hätte von wegen ich wäre auf Diät und genau deswegen könnte ich nicht so viel Kuchen und Torte essen wie ich wollte. Ich halte zwar nichts von Lügen, aber wie will man aus so einer Situation herauskommen ohne dass man sich vor Übelkeit übergeben muss und ohne jemanden zu verletzen und zu kränken?
Ich glaube wirklich, dass ich da gesagt hätte, dass ich zwar auf Diät bin und daher auf Kuchen und ungesundes Zeug verzichten müsste, aber ich würde eine klitzekleine Ausnahme machen und ein halbes Stück essen. Mehr dann auch nicht. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, vorher nach bestimmten Zutaten zu fragen und dann zu behaupten, man würde Zutat XY nicht so gut vertragen und könnte deswegen bestimmte Sorten nicht probieren, auch wenn man wollte.
Ja, ich hatte auch mal so ein Erlebnis. Bei mir war es eine ältere Dame, die Zutaten verwechselt hatte. Ich habe ein Stück gegessen und beim zweiten Stück habe ich dann gesagt, dass ich es nicht mehr schaffe, aber mir gerne mitnehmen würde. Sie hat sich darüber sehr gefreut und letztendlich konnte ich es ihr einfach nicht sagen, weil sie sich sehr viel Mühe gegeben hatte, wie sie mir ja auch erzählte.
Ich denke, dass man es bei jüngeren Menschen schon sagen sollte, aber wenn ich weiß, dass da jemand stundenlang in der Küche gestanden hat und sich damit generell schon schwer tut, dann bringe ich das einfach nicht über das Herz. Ich würde dann aber auch nicht mehr als ein Stück essen.
Ich habe auch schon öfter Speisen und Getränke aus Höflichkeit gegessen und getrunken, die ich normalerweise nicht so gerne mag und die mir auch nicht sonderlich geschmeckt haben, weil ich den Gastgeber nicht kränken wollte. Ob man das nun unbedingt tun muss oder ob es ein ehrliches Wort, dass der Geschmack einem nun mal nicht so zusagt, nicht auch getan hätte, sei dahingestellt aber ich hielt es in der entsprechenden Situation einfach für den weniger peinlichen und unangenehmen Ausweg und dachte mir, dass mich ein Stück völlig überzuckerte Torte oder eine halbe Tasse Kaffee schon nicht umbringen würden.
Allerdings habe ich es dann auch stets bei einer Portion belassen und die zweite dankend mit den Worten abgelehnt, dass ich bereits gesättigt und rundum zufrieden sei. So musste ich mich dann nicht quälen und auch keine Reste liegen lassen, die man am Ende hätte entsorgen müssen. Wenn ich mir relativ sicher wäre, dass die Speise meinem Freund schmecken würde, dann würde ich mich eventuell noch dazu überreden lassen, ein weiteres Stück für zuhause einzupacken und ihm mitzubringen, aber ansonsten würde ich auch das ablehnen, da ich selbst die Mitnahmeportion ja höchstwahrscheinlich einfach entsorgen würde und diese Verschwendung eigentlich nicht gut heiße. Die meisten Torten und anderen Leckereien, die man Gästen serviert, kann man zur Not ja auch einfrieren und zu einem späteren Anlass noch einmal servieren.
Ich hatte so eine Situation noch nicht und ich muss auch sagen, dass es bei mir darauf ankäme, wer mir diese für mich ungenießbare Speise vorgesetzt hätte. Wenn es eine Freundin wäre, dann sehe ich es wie du und dann würde ich auch etwas dazu sagen und nicht wirklich etwas davon essen. Aber wenn es so wäre, wie es in der beschriebenen Situation gewesen ist, dass es eine alte Dame war, die sich große Mühe gegeben hat, dann würde ich auch etwas essen.
dann würde ich es zwar vermutlich auch nicht schaffen, zwei Stücke Kuchen zu essen, aber eines würde ich mir dann irgendwie reinzwängen, auch wenn es mir nicht leicht fällt, Sachen zu essen, die ich nicht wirklich mag. Aber in so einem Fall würde ich eben auch sicher niemanden beleidigen wollen und die Gefahr wäre eben gegeben, wenn ich nur eine Gabel voll esse und den Rest auf dem Teller lasse. Darum würde ich dann auch über meinen Schatten springen und aus Höflichkeit nicht die Wahrheit sagen.
Ich hätte vermutlich sehr langsam gegessen und dann einfach behauptet, dass ich satt bin, wenn man mir nochmal etwas auftun möchte. Sagen kann man das einer netten älteren Damen nicht, denn aus Erfahrung weiß ich, dass die sich das sehr zu Herzen nehmen. Da spielt es auch gar keine Rolle, ob sie den Kuchen gekauft oder selbst gebacken hat. Es trifft ältere Menschen einfach, wenn es den Gästen nicht schmeckt.
So kenne ich das von meiner Oma. Obwohl man zu ihr auch ehrlich sein kann, nimmt sie sich das sehr zu Herzen und rechtfertigt sich auch jedes Mal. Letzten Sonntag gab es Hühnerfrikassee, was daneben ging. Sie fragte - wie jedes Mal -ob es denn schmeckt und da wurde angemerkt, dass die Soße daneben ging. Sofort hat sie sich gerechtfertigt und es war ihr ziemlich unangenehm. Dabei hat niemand gesagt, dass es nicht schmeckt, sondern nur, dass die Soße etwas dünn sei (es war eher Hühnerbrühe).
Mit sowas muss man also ältere Menschen nicht belasten. Ich schließe mich da aber an: einer Freundin hätte ich das auch gesagt, wenn da beim backen was daneben gegangen wäre.
Ich kenne solche Situationen leider auch. Im Normalfall versuche ich dann auch, wenigstens eine kleine Portion zu essen und nicht direkt nach dem ersten Bissen das Gesicht zu verziehen. Das wäre mir auch sehr unangenehm und ich kann mir vorstellen, dass das schnell als sehr kränkend und verletzten angesehen wird. Gerade dann, wenn die Speisen selbstgemacht sind und die andere Person stolz darauf ist, gibt man ja nicht gerne zu, dass sie einem gar nicht schmecken.
Ich versuche da also schon immer, ein wenig zu essen. Genau wie du spüle ich das dann auch ganz gerne mit Kaffee oder einem anderen Getränk hinunter. Wenn man dann ein bisschen gegessen hat, kann man ja immer noch ein paar Ausreden finden. Man kann sagen, dass man pappsatt ist, weil man vor kurzem erst ein Mittagessen hatte oder man sagt, dass die Torten zwar sehr lecker, aber doch sehr reichhaltig und mächtig sind.
Ich finde die Idee von Ramones auch gut, indem man den Gastgeber darum bittet, einem etwas für zu Hause einzupacken. Oft wird das ja auch ganz gerne gesehen und als Kompliment aufgefasst. Und vielleicht schmecken der Kuchen oder die Toten dem Partner dann auch tatsächlich, so dass das dann auch wirklich wegkommt. Natürlich sind das alles nur Ausreden und besonders fair ist das nicht, wobei ich da auch Hemmungen hätte, die Wahrheit auszusprechen und zu sagen, dass etwas völlig ungenießbar ist. Das gehört sich irgendwie auch nicht, wie ich finde.
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