Woran merken, dass man etwas vollständig verarbeitet hat?
Schlimme Erlebnisse und Erfahrungen können einen über eine lange Zeit belasten. Wenn der Partner sich getrennt hat, die Freundschaft in die Brüche gegangen ist, ein wichtiger Mensch gestorben ist oder man gekündigt wurde, verarbeitet man das normalerweise nicht von einem Tag auf den anderen. Es ist normal, dass das dauert und man sollte sich auch die Zeit nehmen, um das zu verdauen.
Woran merkt man aber, dass man solche Situationen und Erlebnisse wirklich vollständig verarbeitet hat und möglicherweise auch schon bereit für neue Erfahrungen in diesem Bereich ist? Kann man das an irgendetwas fest machen oder ist das bei jedem anders?
Zunächst einmal möchte ich erwähnen dass ich in Bezug auf Trennung nicht finde, dass es eine vollständige Verarbeitung gibt - mit Betonung auf vollständig. Ein kleines bisschen an Trauer oder Enttäuschung wird immer zurück bleiben und das zukünftige Leben auch prägen - zumindest aus meiner Sicht.
Ich denke aber, solche Erlebnisse und Ereignisse hat man überwiegend verarbeitet, wenn die Wut, der Ärger bzw. die Trauer weicht und die schönen Erinnerungen und Gedanken überwiegen. Wenn man neuen Tatendrang verspürt und Lust hat auf Neues. Wenn man neue potentielle Partner kennen lernen will und bereit ist für neue Kontakte. Ich denke gerade nach einer Trennung hängt der Verarbeitungsprozess natürlich auch davon aus welchem Grund und wie die Trennung von statten gegangen ist. Man wacht da mit Sicherheit auch nicht morgens auf und denkt: So jetzt hab ich Lust auf eine neue Beziehung. Da hilft es nur immer wieder mal auszuprobieren inwieweit man schon offen ist für Neues.
Im Fall von einem Todesfall würde ich sagen, ist man sehr weit im Trauerprozess wenn die Traurigkeit nicht mehr überwiegt und man mit einem Lächeln an die gemeinsame Zeit denken kann. Vermissen werde ich zum Beispiel meinen Papa (vor 8 Jahren verstorben) und meine Patentante (vor 7 Jahren verstorben) immer. Ich kann aber inzwischen stolz von ihm erzählen ohne einen Kloß im Hals zu haben. Momente in denen ich um ihn weine sind sehr selten geworden.
Wann man etwas vollständig verarbeitet hat? Ich glaube, dass dies wohl eher eine Definitionsfrage ist, als eine wahr mögliche Antwort. Denn jeder verarbeitet Dinge anders. Andere sind auch der Meinung, dass sie eine Trennung verarbeitet haben, obwohl sie noch häufiger daran denken. Von daher weiß ich nie so richtig, wie ich das Thema abhaken erklären soll oder für mich selbst definieren möchte.
Ich habe auch vieles aus meiner Kindheit nicht verarbeitet. Und manches wie ich schreibe würde darauf hindeuten, dass ich es noch immer nicht habe. Doch es beeinflusst mich nicht, stört mich nicht, lässt mich nicht emotional werden oder ähnliches. Das ist für mich schon wichtig, weil dann habe ich es sehr verarbeitet. Wenn ich etwas nachtrauere, ständig darüber reden muss oder es wieder hochhole, dann würde ich das anders zu beurteilen wissen.
Trotzdem vermute ich eben, dass jeder für sich es auch anders beurteilt, verurteilt und verändert. Jeder kann Dinge anders wahrnehmen, als die Außenstehenden. Nur weil eine Person häufiger über etwas redet, ist sie ja noch lange nicht in der Situation, es nicht verarbeitet zu haben. Vielleicht hilft eben auch genau das, Dinge zu verarbeiten oder verarbeitet abzuhaken? Ich bin da kein Profi, um so etwas beurteilen zu können, aber ich kann es mir eben vorstellen.
Ich würde sagen, dass man mit einem Auge für beide Seiten, eigene Fehler, Erfahrungen und Getanes sicherlich besser und emotional unabhängig Dinge besser verarbeitet hat und bearbeiten kann, als wenn man zu emotional reagiert. Wer in der Lage ist, die Situationen gut zu beurteilen, gut weg zu stecken und darüber vielleicht zu reden ohne, dass man in Trauer verfällt, dann hat man es wohl verarbeitet.
Es ist schwierig zu sagen, wann man etwas vollkommen verarbeitet hat und ob man das auch immer machen muss. Ich meine, wenn man letztendlich noch ein bisschen das Gefühl von Sehnsucht hat oder Trauer, dann ist das doch vollkommen in Ordnung. Letztendlich heißt es ja auch nicht, dass man alle Gefühle wegsperren muss, sondern das man sich einfach damit auseinandergesetzt hat und seinen Weg findet mit dem Erlebten umzugehen.
Ich glaube man hat es dann gut verarbeitet, wenn man darüber reden kann ohne dabei ein blödes Gefühl zu haben, wenn man intensiv darüber nachgedacht und es mit anderen Menschen besprochen hat und es als Teil von Erfahrungen, die gemacht wurden abhakt. Letztendlich ist aber jeder Mensch anders und es gibt auch Menschen, die das nur mit sich ausmachen wollen und niemanden zum reden brauchen, andere Menschen brauchen dringend jemanden um darüber reden zu können was war.
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