Die Vorzüge moderner Zivilisation genießen können

vom 17.07.2020, 07:40 Uhr

Manchmal wird es mir sehr bewusst, wie bequem man es doch mittlerweile im Haushalt hat. Meine Oma musste die Stoffwindeln noch im Topf auf dem Ofen auskochen. Sie musste Kohle aus dem Keller schleppen, um morgens den Ofen zu heizen und was sie während ihrer Periode machte, weiß ich gar nicht. Jedenfalls können diese Tage nicht sehr angenehm gewesen sein.

Ab und zu genieße ich es regelrecht, meine Wäsche einfach in die Waschmaschine zu stecken, den Geschirrspüler anzuschalten und meine Toilette mit Wasserspülung zu benutzen. Meine Großeltern hatten in der sogenannten DDR damals ein Plumpsklo im Keller und ich kann mich noch erinnern, dass wir als Toilettenpapier Zeitungen hernehmen mussten.

Sind euch auch die Vorzüge der modernen Zivilisation sehr bewusst und könnt ihr das genießen? Oder nehmt ihr das als Selbstverständlichkeit hin? Welche Annehmlichkeiten, die es vor ein oder zwei Generationen noch nicht in jedem Haushalt gab, genießt ihr besonders?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich bin ja schon etwas älter und habe in meiner Kindheit noch durchaus einige Sachen für selbstverständlich gehalten, die wir heute als unbequem empfinden würden. Im Haus meiner Eltern wurde damals mit Ölöfen geheizt, und das Öl wurde in Blechkannen vom Keller in die Wohnung geholt und dann in den Tank der Öfen gegossen.

Die Öfen wurden morgens nach dem Aufstehen entzündet, indem man einen gewachsten Ölanzünder angezündet und dann in den Ofen geworfen hat (anschließend musste man einige Minuten später überprüfen, ob das Öl auch wirklich zu brennen begonnen hat). Im Haus meiner Großeltern musste das Badewasser noch mit einem Boiler erhitzt werden, der vor dem Baden mit Kohle angeheizt werden musste. Wir hatten außerdem bäuerliche Verwandte, bei denen die Toiletten zum Teil noch Plumpsklos waren.

Oder wenn ich an die damalige Telefonie denke: meine Großeltern hatten ein schwarzes Wandtelefon, dessen Anschluss sie sich aus Kostengründen mit den Nachbarn teilten: wenn der Nachbar telefonierte, war bei meinen Großeltern besetzt. Meine Eltern hatten zunächst gar kein Telefon, und wenn meine Mutter ihre Eltern anrufen wollte, sind wir immer zur Telefonzelle spaziert.

Es gibt wirklich viele Aspekte, die sich in den wenigen Jahrzehnten grundlegend geändert haben, und ich finde es schon sehr angenehm, dass es inzwischen moderner und bequemer geworden ist.

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» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich muss nicht mal auf die Anekdoten meiner Oma selig zurückgreifen - ich weiß sehr wohl, dass auch im 21. Jahrhundert die Mehrheit der Menschheit ein verglichen mit mir erheblich mühsameres, kürzeres und tristeres Leben führt. Wasser und/oder Feuerholz zu holen (auch mal 20 km Fußmarsch) bestimmt den Tagesablauf von Millionen Frauen, und wie beispielsweise ärmere indische Schulmädchen mit ihrer Periode umgehen ist auch mittlerweile ein Thema, und zwar kein besonders beneidenswertes.

Hin und wieder halte ich also schon inne und führe mir vor Augen, wie gut ich es habe, nicht im Kindbett sterben zu müssen. Und auch die Annehmlichkeiten des Alltags wie Strom, Wasser, Haushaltsgeräte und moderne Kommunikation fallen mir durchaus hin und wieder als absolute Privilegien auf. Aber die meiste Zeit nehme ich sie dennoch als selbstverständlich hin.

Sprich, ich lebe nicht in einem Zustand des: Wie gut, dass ich keinen Ölofen anfeuern/verkeimtes Wasser trinken/ die Sickergrube ausheben muss!, weil ich als Kind der 1980er in Westdeutschland durchaus mit Telefon, Heizkörpern, Farbfernsehen, Familienkutsche und Warmwasser groß geworden bin. Ich kann also auf meinen Alltag hochgerechnet ehrlich gesagt nicht behaupten, Toilettenpapier oder Wäsche waschen tatsächlich zu "genießen", nur weil andere Leute diesen Luxus in der Form nicht kennen.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Im Alltag genieße ich da gar nichts, weil es für mich tatsächlich selbstverständlich ist. Ich bin damit auch aufgewachsen und habe nie erlebt wie es ist auf bestimmte Selbstverständlichkeiten verzichten zu müssen. Und wenn man im Urlaub solche Sachen wie warmes Wasser oder Zentralheizung nicht hatte dann ist das ja kein Verzicht sondern ein großes Abenteuer und der Gedanken, dass man ja richtig ausgiebig duschen kann wenn man wieder zu Hause ist, ist immer im Hinterkopf.

Mir fallen gewisse moderne Errungenschaften eigentlich nur dann auf wenn ich unerwartet darauf verzichten muss. Zum Beispiel wenn der Akku leer ist, es weit und breit keine Telefonzelle gibt und die offensichtliche Lösung - im Internet nach einem Standort suchen - nicht funktioniert, weil der Akku leer ist.

Oder vor Kurzem ist bei uns im Stadtviertel Abends stundenlang der Strom ausgefallen und mir ist bewusst geworden, wie kompliziert gewisse Dinge sind wenn man die einzige Lichtquelle in der Hand hält.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich würde auch sagen dass ich schon in einer Generation aufgewachsen bin in der eine Wassertoilette, Waschmaschine und auch Spülmaschine zum Alltag gehörten. Natürlich ist mir bewusst dass es immer noch Regionen auf der Welt gibt in denen solche Geräte und Einrichtungen Luxus sind und keine Selbstverständlichkeit, aber für mich sind diese im Alltag nun mal ganz gewöhnlich / normal.

Auffallen tut mir das tatsächlich auch nur, wenn mir die Geräte kurzzeitig dann tatsächlich mal nicht zur Verfügung stehen weil der Strom ausgefallen ist oder sie defekt sind. Wir hatten zeitweise schon mal keine Spül- und Waschmaschine weil sie zur Reparatur waren. Da war ich schon dankbar dafür, als sie endlich wieder da waren, weil ich beim Spülen per Hand immer Probleme mit der Haut - trotz Handschuhe - bekommen hab und zum Wäsche waschen in den Waschsalon fahren musste. Zeit hat das natürlich auch mehr gekostet, eine häusliche Spül- und Waschmaschine läuft ja auch ohne mein Zutun.

Als Kind / Jugendliche hab ich auch schon mal irgendwo gezeltet wo es nur ein Plumsklo gab oder ein paar Wochen Ferien in der Waldhütte meiner Oma gemacht. Da gab es dann tatsächlich keinen Strom, sondern nur einen Gasherd. Das Klo war ein Holzhäuschen mit Plumsklo und gewaschen haben wir uns am Brunnen im "Garten". Licht haben wir uns mit Kerzen und einer Gaslampe gemacht. Ich habe das Ganze dann aber auch als Abenteuerurlaub gesehen, der nach wenigen Tagen wieder rum war, und nicht mit anderen oder früheren Lebensweisen verglichen.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Naja "genießen" ist für mich in diesen Zusammenhang irgendwie der falsche Begriff. Für mich gehört das zum Alltag dazu. Würde ich allerdings gefragt werden, ob ich die Vorzüge der modernen Zivilisation zu schätzen weiß, dann könnte ich die Frage schon mit "Ja" beantworten. Ich bin schon froh, dass ich ein gut ausgebautes Badezimmer habe und eine Spül- sowie Waschmaschine mein Eigen nennen kann.

Auch ich habe teilweise schon ohne Spülmaschine gelebt und hatte in den Anfängen meines Singlelebens (fernab meines Elternhauses) auch mal eine zeitlang eine primitive Reisewaschmaschine. Ich habe darin nur die leicht verschmutzte bzw. riechende Wäsche gewaschen, die grob dreckigen Wäschestücke musste ich in einem Waschsalon waschen. Und ja, es war nervig und vor allem zeitaufwendig, deswegen weiß ich es jetzt auf jeden Fall zu schätzen und bin sehr froh drum.

Trotzdem führe ich mir jetzt auch nicht tagtäglich vor Augen wie gut ich es doch jetzt habe in diesem "Luxus" zu leben während in Afrika die Frauen kilometerweit laufen müssen um das Wasser für ihre Wäsche zu bekommen. Und was die Vergangenheit betrifft hab ich mich ehrlich gesagt noch nie mit meiner Oma darüber unterhalten inwiefern deren Haushaltsführung damals schwieriger war. Wir schwelgen wenn dann meist in positiven Erinnerungen anstatt an die "harten Zeiten" zu denken.

» Huibuu » Beiträge: 390 » Talkpoints: 0,41 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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