Haus, Karriere und Kinder wichtig finden - Spießbürger?

vom 04.06.2020, 14:47 Uhr

Oft werden ja Leute als Spießbürger bezeichnet, wenn sie Karriere, Haus, Kinder, Auto und Pauschalreisen wichtig finden und ansonsten in ihrer Freizeit nicht auf Abenteuer aus sind. Spießbürger sind laut Wikipedia Leute, die geistig unbeweglich sind, mit gesellschaftlichen Normen sehr konform gehen und möglichst ihre gewohnte Lebensumgebung beibehalten wollen.

Das passt aber nun überhaupt nicht zu Karriere und Kindern. Wenn man wirklich Karriere macht, dann muss man sehr wohl geistig flexibel sein und sich immer neuen Herausforderungen stellen. Als Ausgleich dazu braucht man vielleicht ein Haus als gesichertes Rückzugsgebiet. Auch Kinder passen nun so gar nicht zu Engstirnigkeit. Kinder halten einen doch, vielleicht bis auf Ausnahmen, immer auf der Höhe der Zeit, mit allen gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen, mit denen man sich gezwungenermaßen auseinandersetzen muss.

Auch Pauschalreisen sind nicht schlechter als Individualreisen, auf denen man unberührte Gebiete zertrampelt und diese womöglich noch als sogenannten Geheimtipp bekannt macht. Bei Pauschalreisen mit Aufenthalten in Hotelkomplexen wird die Umwelt wahrscheinlich weniger zerstört, als wenn diese Leute alle in die Berge ziehen, die Gemsen vertreiben und in Hütten übernachten. Ist man ein Spießbürger, wenn man Karriere, Haus, Kinder, Pauschalreisen und womöglich noch sein Auto wichtig findet? Was meint ihr?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 04.06.2020, 18:49, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Keine Ahnung, da ich den Begriff Spießbürger normalerweise nicht verwende und auch noch nicht darüber nachgedacht habe, welche Menschen so bezeichnen würde. Was Pauschalreisen betrifft, habe ich auch schon gelegentlich welche unternommen, da es bei einigen Reisezielen einfacher ist, sie per Pauschalreise zu besuchen als individuell. Pauschalreise bedeutet ja eigentlich nur, dass mehrere Reisekomponenten als Paket gemeinsam gebucht wurden, also zum Beispiel Flug und Hotels plus gegebenenfalls Mietwagen. Es bedeutet ja nicht automatisch, dass man sich in einen All-Inclusive-Hotelkomplex einbucht.

Möglicherweise würde ich es eher dann als spießbürgerlich wahrnehmen, wenn jemand außer den Lebenszielen Karriere, Haus und Auto keine weiteren Interessen oder Ziele hat und sich darüber hinaus nicht mit weiteren Themen beschäftigen mag.

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» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich selber benutze den Begriff nicht und finde es immer ein bisschen schwierig einen Begriff zu definieren, der nicht unbedingt Teil meines aktiven Sprachschatzes ist.

Aber "konform mit gesellschaftlichen Normen" passt doch sehr gut zu fast allem, was du hier aufgezählt hast. Paare, die offen dazu stehen, dass sie keine Kinder wollen, sind eine Minderheit, Menschen in alternativen Wohnformen auch. Und wenn jemand einen Job mit gutem Gehalt und Karrierechancen für einen vermeintlich weniger lukrativen Traum aufgibt wird er schräg angeschaut.

Und bin ich wirklich "geistig flexibel" wenn ich einfach dem üblichen Weg - Studium, Job, Heirat, zwei Kinder, Haus - folge? Gehört nicht genauso viel geistige Flexibilität dazu wenn man das, was als "normal" gilt, in Frage stellt und herausfinden möchte, was man wirklich will?

Und Pauschalreisen sind halt teilweise schon "gewohnte Lebensumgebung beibehalten". Vollbetreut von der deutschen Reiseleitung und gut versorgt mit deutschem Bier und einheimische Kultur und Essen gibt es nur in homöopathischen Dosen. Aber eben nur teilweise, weil die Art wie man seinen Urlaub gebucht hat doch überhaupt nichts über den Urlaub aussagt und übrigens auch nichts darüber wie umweltfreundlich der Urlaub ist. Mein Partner hatte eigentlich einen individuellen Pfingsturlaub mit Rad und Bahn geplant, der wäre umweltfreundlicher gewesen als jede pauschale Flugreise.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich finde den Begriff auch schon etwas altmodisch und höre ihn selten. Aber ja, ich sehe Menschen, die exakt den bürgerlichen Lebenslauf der angepassten Mehrheit nachexerzieren auch eher als "geistig unbeweglich" an und kenne auch den Ausdruck "Spießer" für die Fraktion Einfamilienhaus, zwei Kinder, Urlaub auf Mallorca.

Ein solcher Lebensentwurf hat ja schon mal nichts mit Intelligenz im landläufigen Sinne zu tun. Man kann durchaus ein gutes Abi hinlegen und brav BWL studieren und auch einen soliden Job an Land ziehen. Aber das macht dich (oder mich) noch lange nicht zu einem aufgeschlossenen Freigeist, der für alternative Lebenswege "total offen" ist und gerne abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs ist. Und zwar nicht nur beim Wandern in der Rhön.

Wobei an dem klassisch-angepassten Lebensentwurf ja an sich auch nichts verkehrt ist. Es muss ja nicht jeder als Paradiesvogel durchs Leben flattern und sich bis ins hohe Alter "ausprobieren". Mein Problem mit "Spießbürgern" ist wirklich vor allem die damit oft verbundene Engstirnigkeit, wenn diese sich gar keine Alternative zu ihrem Lebensentwurf vorstellen können und entweder große Augen bekommen oder gar feindlich-abwehrend reagieren, wenn jemand sagt: Mir reicht meine kleine Mietwohnung. oder: Ich habe mich aus persönlichen Gründen gegen Kinder entschieden. oder Ich fahre mit dem Zug in den Urlaub, weil das besser für die Umwelt ist.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Die Begrifflichkeit des „Spießbürgertum“ in diesem Fall halte ich auch für gänzlich altbacken, dass ich diesen selten verwenden würde. Wahrscheinlich sogar nie, aber wird gerne mal erwähnt, wenn mir jemand von früher sagt, dass er/sie das typische Spießerleben führt. Damit weiß ich in der Tat sofort Bescheid, was also noch bis heute klar definiert zu sein scheint.

Wenn das jemand für sich so verinnerlicht hat und darauf besonders viel wert legt, ist das ganz allein seine oder ihre Sache. Da werde ich einen Teufel tun und dies entsprechend bewerten, weil es mich doch in erster Linie gar nicht direkt betrifft. Wenn jemand gerne Karriere, Haus und Kinder möchte und dies als sein Lebensinhalt entsprechend wahrnimmt, dann ist das doch schön für denjenigen, wenn so das eigene Glück gefunden ist.

Meines wäre es in jedem Fall nicht und ich muss mir wiederum immer anhören, dass ich nicht im Leben angekommen sei. Ich kann machen, was immer ich möchte, solange meine Katzen versorgt sind und habe ein sehr gute Leben. Spontan, abenteuerlustig und ich habe so viel von der Welt gesehen, anderswo gelebt usw. Das ist viel wert. Ich bereue es nicht, dass ich kein Kind habe und kein Haus, sondern zur Miete wohne, aber auch in einem guten Job lebe.

Doch ich habe mir eben ungern etwas ans Bein gelastet, was ich nicht schnell genug zu meinen Gunsten los werden wollte. Als ich noch damals in Hamburg aus der Immobilienbranche kam ( das ist aber schon Jahrzehnte her ), habe ich wegen dem Beruf irgendwann auch in China gelebt und war in Australien sowie in Afrika. Später auch mal für längere Zeit aus reiner Freizeit, weil ich es mir leisten konnte und gut vernetzt bin. Heute kann ich auch meine Klamotten packen und gehen, wenn mit Visa etc. alles reibungslos ist.

Das würde ich auch irgendwann tun, solange ich keine Haustiere habe. Ich bin also nicht gebunden, was mir persönlich sehr wichtig ist und meine Wünsche/Träume sind erfüllbar. Das ist es, was mich zum „Spießer“ unterscheiden mag, aber ich respektiere jeden, der es anders liebt.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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