Kann ein Mensch einen anderen Menschen besitzen?
Das Zeitalter der Sklaverei ist vorbei. Daher bin ich nicht der Ansicht, dass ein Mensch einen anderen Menschen wirklich besitzen kann. Dennoch habe ich neulich an der Kasse eine Frau beobachtet, die ein Tattoo gut sichtbar mit roter Tinte am Hals getragen hat. Dort stand "Eigentum von XY" und dann Vor- und Nachname ihres männlichen Partners, der interessanterweise einen eher ausländischen Namen hatte.
Diese Beobachtung finde ich schon ziemlich befremdlich, wobei das aber natürlich sein kann, dass dieses Tattoo ein Insider ist, ein Scherz und nicht wirklich Ernst gemeint. Wenn man aber bedenkt, wie eifersüchtig und besitzergreifend die Männer dieser Kultur sind (zumindest sagt man ihnen das nach), gibt einem das schon zu denken. Wie seht ihr das? Kann man einen anderen Menschen überhaupt besitzen? Wann ist dies der Fall und warum?
Das Tattoo halte ich ganz eindeutig einfach für einen Scherz. Oder halt einfach als Liebesbeweis. Sie gehört halt ganz ihm, liebt ihn von ganzem Herzen, würde nie einen anderen auch nur anschauen. Womöglich hat er das gleiche Tattoo mit ihrem Namen.
Das ist sicherlich nicht so gemeint, dass er mit ihr alles machen kann, was er will. Im Zweifel sogar weiterverkaufen, wenn er das möchte. Ein Mann, der seine Frau wirklich als Eigentum betrachtet, hat es gar nicht nötig, dass sie so ein Tattoo trägt.
Ich halte die Sklaverei aber gar nicht für etwas aus der Vergangenheit. Es gibt genügend moderne Varianten, die über Baumwollpflücken hinausgehen. Zwangsprostituierte sind da nur ein Beispiel. Wenn diese Menschen nicht aus der Situation rauskommen, ohne um ihr Leben zu fürchten, sind sie Eigentum eines anderen Menschen.
Eine andere Variante wäre die psychische Abhängigkeit. Man kann sich so sehr von seinem Partner abhängig machen, dass man das schon als Besitztum bezeichnen kann. Wenn man ohne die andere Person nicht mehr funktioniert, suizidgefährdet ist und erst mal eine Therapie braucht, kann man nicht sagen, dass man Herr über sich selbst ist.
So ein Tattoo hätte ich auch eher als Scherz aufgefasst. "Meine" Eltern und "meine" Freunde gehören ja auch nicht mir, obwohl ich dafür ein Possessivpronomen nutze. Wenn ich also eine Person als "meins" bezeichne, ist das eher ein Ausdruck von Zuneigung und Zugehörigkeit, nicht Besitz. Zugegebenermaßen ist das nochmal was anderes als "Eigentum von" als Tattoo, aber das kann gut in dieselbe Richtung gehen.
Natürlich ist es auch möglich, dass der Partner dieser Frau tatsächlich sehr besitzergreifend ist, sie psychisch von ihm abhängig ist und er ihr quasi befohlen hat, sich das Tattoo zu holen, aber das ist bei Weitem nicht die einzige mögliche Schlussfolgerung. Vielleicht sind die beiden auch mit beiderseitigem Einverständnis in einer Master/Slave BDSM-Beziehung, vielleicht ist sie eingepennt und ein guter Kumpel von ihr hat ihr das mit Filzer oder Tattoostift aufgemalt, und so weiter. Da du die Frau wohl nicht gefragt hast, werden wir die Wahrheit wohl nie erfahren.
Ich habe kürzlich einen Bericht im Fernsehen gesehen, dass es in Großbritannien noch sehr viele Menschen gibt, die wie Sklaven gehalten und behandelt werden. Das hat mich sehr erschreckt und ich habe mich gefragt, ob das in anderen Ländern auch so möglich wäre. Daran hätte ich sicher auch gedacht, wenn ich so ein Tattoo bei jemandem entdecken würde.
Ohne aber näheres über die Beziehung zu wissen, würde ich nicht darauf schließen, dass das so ernst gemeint ist, was da steht. Trotzdem würde ich so ein Tattoo niemals machen lassen, aber das ist etwas anderes. Ich hoffe einfach mal, dass das nicht so gemeint war, dass sie sich als Eigentum ihres Partners betrachtet und umgekehrt.
Mir fallen dazu zwei Dinge ein. Erstens ist die Zeit der Sklaverei noch lange nicht vorbei, und zweitens - schon mal von sexuellen Fetischen aller Art gehört? Ich bin in dieser Hinsicht auch völlig unbedarft, aber bekanntlich gibt es nichts, was niemanden scharf macht. Viele Leute führen sexuelle Beziehungen, in denen es zum Lustgewinn dazu gehört, den Sklaven oder die Sklavin zu spielen, und ich finde es gar nicht mal so absurd, dass diverse Spielchen auch mal außerhalb des Schlafzimmers in den Alltag hineinsickern.
Und was die Sklaverei angeht: Der Menschenhandel blüht und gedeiht, und zwar auch in Europa. Zwangsprostitution ist beispielsweise auch nichts anderes als Sklaverei, und was auch in nicht-sexueller Hinsicht hinter braven, bürgerlichen Fassaden so abgeht, will ich gar nicht wissen. Nur weil es keine offiziellen Märkte, Preistabellen und Versteigerungen mehr gibt, heißt das ja nicht, dass eine Person nicht mehr wie Eigentum behandelt werden kann. Es genügt ja schon, wenn sie keine Papiere hat und mit Gewalt und Demütigungen kann man jeden problemlos gefügig machen. Allerdings kann ich mir auch nicht vorstellen, dass diese Art des Menschenhandels quasi schriftlich über Tattoos bestätigt wird. Eher über Brandnarben, fürchte ich.
Mir ist es auch wichtig, zu erwähnen, dass das Zeitalter der Sklaverei ganz sicher nicht vorbei ist und ich weiß nicht, ob das je der Fall sein wird. Ansonsten denke ich, dass man so eine Aussage durchaus auch aus Spaß trifft und nicht unbedingt ernst meint. Die Aussage "Ich gehöre ganz dir", ist ja relativ geläufig und ich denke, dass viele das durchaus mal so zu ihrem Partner sagen.
Natürlich kann an einen anderen Menschen nicht besitzen. Das würde ja auch gegen viele Gesetze verstoßen. Ich würde aber daher nicht jede Aussage und damit auch ein solches Tattoo zu ernst nehmen. Ich denke, dass das auch eher einfach als öffentlicher Liebesbeweis angedacht war.
Ich weiß nicht was interessant daran sein soll das der Herr wohl einen ausländischen Namen hat bzw. was dieser Satz soll. Es mag sein das es in anderen Ländern üblicher ist das der Mann mehr Rechte als die Frau hat und dies auch ausgelebt wird. Aber ersten sind nicht alle „Ausländer“ gleich und zweitens gibt es auch sehr viele deutsche Männer die ihre Frauen schlecht behandeln bzw. Sie als ihren Besitz ansehen.
Ich denke dass das Tattoo entweder als Witz gemeint war (bzw. die Frau diesen Satz nicht so ernst nimmt wie man jetzt rein interpretieren könnte) oder es vielleicht doch ernst gemeint war aber deshalb nicht unbedingt schlecht sein muss. Es gibt durchaus Menschen die gerne anderen hörig sein wollen. Gerade in der BDSM Szene gibt es wohl viele Menschen bei denen einer der „Herrscher“ und der andere der „Diener“ ist. Und nicht immer beschränkt sich dieses Rollenspiel auf das Bett sondern wird auch im Alltag gelebt.
Und dann gibt es natürlich auch noch Menschen die leider unfreiwillig immer wieder in die Opferrolle fallen und oftmals dann leider auch noch an Menschen geraten die dies ausnutzen. Aber selbst bei solchen Menschen finde ich nicht das Sie dem anderen gehören, auch wenn Sie selbst wohl ein anderes Gefühl haben. Meiner persönlichen Meinung nach kann man einen Menschen nie (ganz) besitzen. Selbst zur Sklavenzeit gehörten diese Menschen nie (ganz) jemandem. Die Gedanken und der Geist sind immer frei.
Sklaverei gibt es leider immer noch, leider gibt es jede Menge Missstände, auch wenn man das ganze moderner gestaltet und sich eventuell besser organisiert. Wenn sich jemand "Das Eigentum von XY" unter seine Haut stechen lässt, ist das sicherlich nicht besonders clever, aber es ist ja nicht so gemeint, dass das ein Zeichen von Sklaverei ist. Das ist sicherlich ein Spruch, der die Liebe ausdrücken soll, aber letztendlich macht man sich damit auch ziemlich klein und ob man das so machen sollte ist eine andere Frage.
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