Leiden Jugendliche am meisten unter der Ausgangsbeschränkung
Jugendliche leiden meiner Meinung nach durchschnittlich gesehen am meisten unter den Ausgangsbeschränkungen. Sie brauchen das Treffen mit anderen Jugendlichen, Clubs, das Abgrenzen von ihren Eltern, die ersten sexuellen Erfahrungen und vielleicht sogar den ersten Vollrausch auf ihrem Weg zum Erwachsenen. Als Erwachsener ist man entweder das Singledasein gewohnt oder man hat einen Ehepartner oder Freund, der einen besuchen darf. Kinder sind noch mehr an ihre Eltern gebunden und viele Kinder freuen sich vielleicht sogar, jetzt enger mit ihnen zusammen zu sein.
Für alte Leute in Pflegeheimen ist es natürlich auch hart, wenn sie keinen Besuch bekommen, aber die Jugendlichen werden meiner Meinung nach ein bisschen übersehen in ihren Bedürfnissen. Die Maßnahmen sind natürlich notwendig. Trotzdem sollte man auch darüber nachdenken, wie man Jugendlichen ein Zusammentreffen zum Beispiel bei schönem Wetter draußen und mit Abstandsregeln ermöglicht, ohne sie gleich als Corona-Party-Gänger zu diffamieren. Was meint ihr?
Meine Tochter steht zwar noch ganz am Anfang ihrer Jugend mit ihren 13 Jahren, aber wenn ich die Frage aus ihrer Sicht beantworten müsste, dann würde bzw. könnte ich sie ganz klar in ihrem Interesse verneinen. Sie leidet überhaupt nicht an der Ausgangsbeschränkung. Sie dürfte sich inzwischen ja wieder mit Freundinnen treffen, aber sie hat dazu gar keine Lust. Ihre Freunde kontaktiert sie per Telefon bzw. WhatsApp und das reicht ihr völlig aus. Auch die Schule fehlt ihr in keinster Weise. Sie würde sich sogar wünschen, dass es noch eine Verlängerung bis zu den Sommerferien gibt was das Homeschooling betrifft. Ihre Freundinnen und auch ihre männlichen Klassenkameraden ticken da ähnlich. Zugegebenermaßen haben wir ihre Medienzeiten seit der Corona-Beschränkungen aber auch gelockert und sie nutzt diese auch voll aus.
Möglicherweise ist meine Tochter und ihre Freundinnen aber auch kein repräsentativer Maßstab. Ich habe durchaus auch Jugendliche beobachtet die ihre heimlichen Treffen abgehalten haben, bzw. die lockereren Regelungen jetzt genießen und sich verstärkt mit Gleichaltrigen treffen.
Ich denke aber trotzdem immer noch, dass vor allem die Senioren und pflegebedürftigen Personen am Meisten unter diese Pandemie leiden. Viele Senioren in meinem Umfeld haben die Welt in den letzten Wochen nicht mehr verstanden und haben sehr hilflos und vereinsamt gewirkt. Obwohl sich die Verwandten oft einige Ideen einfallen haben lassen, um diese zu kontaktieren und in der Quarantäne zu beschäftigen. Eine Nachbarin hat zum Beispiel von ihrem Enkel ein Fotopuzzle geschenkt bekommen.
Arbeitsbedingt habe ich leider auch mitbekommen, dass für einige psychisch kranke Menschen die Corona-Pandemie der letzte Tropfen auf den heißen Stein war. Die Isolation bzw. die Angst an Corona zu erkranken, war für einige da einfach zu viel. Zudem haben eine Zeit lang ja auch die Termine beim Psychologen nur sporadisch bzw. gar nicht stattgefunden.
Ich denke nicht, dass man derart pauschale Aussagen treffen kann und schon gar nicht, dass eine bestimmte Bevölkerungsgruppe qua Alter und/oder Hormonstatus das "Leiden" quasi gepachtet hat. Zumal Leiden ja sowieso rein subjektiv ist und auch von der Lebenserfahrung des Individuums abhängig.
Ich würde also nicht das Bedürfnis von Jugendlichen nach Vögeln und Vollrausch gegen die vielleicht letzte Geburtstagsfeier einer Greisin im Seniorenheim abwägen oder gegen den Tagesablauf von jemandem mit Home Office, etlichen Kinderlein und 60 Quadratmetern Wohnfläche sowie Vorgesetzten, die tatsächlich Leistung sehen wollen.
Ob du jetzt im März oder im August deine Jungfräulichkeit an Hannes aus der Parallelklasse verlierst, finde ich da noch eher verschmerzbar. Wenn ich gemein wäre, könnte ich noch anfügen, dass die meisten Leute, die ich ohne Wahrung von Abstands- und Hygieneregeln in Knäueln herumlungern sehe, auch Jugendliche sind. Die kommen schon zu ihren "Sozialkontakten".
Und ich finde es auch verfehlt, alle "Jugendlichen" über einen Kamm zu scheren. Wie in allen Bevölkerungsgruppen wird es auch hier wohl genügend Mitglieder geben, die heilfroh sind, mal in Ruhe ihren Hobbys nachgehen zu können und nicht immer sozial sein zu müssen, nur weil die Mehrheit der Meinung ist, das müsse so sein.
Ich habe das Gefühl, dass sich bei diesen Protesten gegen die Corona-Maßnahmen eher ältere Menschen auf der Straße blicken lassen haben. Ich kann aber auch natürlich auch falsch liegen und eventuell melden sich Jugendliche gar nicht so laut zu Wort, welche diese Ausgangsbeschränkung lästig finden. Ansonsten würde ich behaupten, dass alle Menschen darunter leiden.
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