Partner bitten mehr zu lesen?
Ein Bekannter ist seit einigen Wochen in einer festen Beziehung. Die beiden kannten sich davor zwei Wochen. Nun ist ihm aufgefallen, dass sie nicht so viel Allgemeinwissen besitzt und sich auch mit aktuellen Themen wenig bis gar nicht auseinandersetzt. Das stört ihn nun nicht übermäßig, aber da er selbst recht belesen ist, ist ihm aufgefallen, dass er mit ihr über Politik, Wirtschaft und allgemein aktuelle Geschehen eigentlich nicht reden kann. Kürzlich meinte er dann mal freundlich zu ihr, es wäre schön, wenn sie öfters lesen würde, dann hätten sie mehr Gesprächsthemen.
Seine Freundin fasste das eher verletzend auf. Sie hat nun das Gefühl, dass er auf sie herabsehe. Sie findet an Büchern und am Lesen allgemein eben wenig Freude und hat nun das Gefühl, dass dies für ihn ein großer Mangel ist. Findet ihr, man darf solche Anforderungen an den Partner stellen oder muss man damit rechnen, dass sich jemand durch die Bitte mehr zu lesen gekränkt fühlt? Denkt ihr, manch einer würde es dann tatsächlich versuchen oder sich dagegen sträuben?
Was hat das zwangsläufig mit dem Lesen zu tun? Es würde doch ausreichen, wenn man einmal am Tag die Tagesschau sieht um zumindest halbwegs informiert zu sein, was in der Welt so vor sich geht. Dafür muss man nicht zwangsläufig mehr lesen. Ich lese auch mehr als mein Partner, aber dafür nutzt er eben Videos im Internet, wo über Nachrichten informiert werden. Wir haben trotzdem ausreichend Gesprächsthemen, auch wenn bei mir persönlich das sich Informieren etwas abnimmt, wenn ich phasenweise viel um die Ohren habe und keine Aufnahmekapazität mehr habe.
Ich wäre auch beleidigt, wenn man Partner zu mir sagen würde, dass ich mehr lesen soll. Also da hätte ich auch den Eindruck, er sieht auf mich herab und sieht sich als etwas Besseres an, weil er mehr liest. Ich würde nicht für den Partner anfangen zu lesen, wenn es mich nicht interessiert. Da soll er sich lieber eine Partnerin suchen, die gerne diskutiert, denn wenn man sich nicht fürs Lesen interessiert, dann wird man wohl auch nicht über solche Themen reden wollen und dann ist jeder mit jemand anderem sicherlich glücklicher.
Das fällt ihm aber früh auf! Vielleicht hätte er die zwei Wochen vorher besser nutzen oder verlängern sollen? Ich kann ja verstehen, dass das nichts für ihn ist. Mit einem Partner ohne breite Allgemeinbildung, deutlichem Interesse am aktuellen Geschehen und großer geistiger Beweglichkeit würde ich mich zu Tode langweilen.
Aber das ist mein Problem und nicht das möglicher Partner. So etwas findet man doch vorher heraus und lässt eine Beziehung bleiben, wenn es nicht passt. Ich käme nun nicht auf die Idee, meinen Partner dazu zu verdonnern, doch bitte eine große überregionale Tageszeitung zu lesen, sich in Geschichte zu bilden und sich bitte auf unsere Gespräche angemessen vorzubereiten.
Es kommt ja darauf an, wie man das formuliert und auch auf den Kontext. Ich lese selbst extrem viel und bin eine absolute Leseratte, während mein Partner abseits von der Arbeit nur ab und zu liest. Er würde selbst gerne mehr in seiner Freizeit lesen, kann sich aber nicht immer dazu aufraffen, was er selbst schade findet.
Von daher versuche ich schon immer wieder, ihn zum Lesen zu motivieren und schlage ihm vor, dass er doch auch ein Buch in die Hand nehmen soll, wenn ich zum Lesen auf den Balkon gehe. Ich weiß ja, dass er noch viele Bücher hat, die er gerne lesen will, wobei die Bücher schon seit langem unberührt herumliegen, was ihn selbst stört. Allerdings ist es bei uns ja so, dass mein Freund sich grundsätzlich dafür interessiert und Freude daran hat.
Wenn jemand gar kein Interesse daran hätte, würde ich wohl auch nicht versuchen, ihn dazu zu motivieren. Immerhin bringt es ja auch nichts, jemanden zu etwas zu drängen, was er selbst gar nicht machen möchte. Es bringt ja nichts, wenn der Partner keine Freude dran hat und das nur einem selbst zuliebe macht. Die Freizeitgestaltung sollte doch Spaß machen, vor allem dann, wenn man gar nicht so viel Freizeit hat. Und wenn man nur gezwungenermaßen liest, bleibt doch gar nicht so viel hängen.
Ich denke, dass das Problem hierbei aber absolut nicht beim Lesen liegt und eben auch nicht daran, dass einer nicht gerne liest, sondern an der Allgemeinbildung und dem fehlenden Wissensdurst. Gegen Letzteres kann man ja aber nicht wirklich viel ausrichten. Wenn sich jemand nicht für das Weltgeschehen interessiert, kann man auch nicht viel machen. Mag sein, dass die Person dann immer ein gutes Wissen haben wird, wenn sie täglich Nachrichten liest, allerdings wird sie ja trotzdem nicht voller Leidenschaft mit einem über verschiedene politische Themen diskutieren.
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