Betrug den eigenen Eltern gestehen?

Die Bekannte einer Freundin wurde vor zwei Jahren von ihrem Partner verlassen, als er herausfand, dass sie eine längere Affäre gehabt hatte. Ihre Familie war ziemlich traurig darüber, da die beiden seit acht Jahren ein Paar gewesen waren und sie die Familie des Mannes schon als eigene betrachtet hatten. Zu ihrer Mutter hatte sie immer ein sehr gutes Verhältnis und mit dieser auch viel über ihre Beziehung geredet, als ihre Eltern dann aber fragten, was den passiert sei, dass sie sich so abrupt nach all der Zeit trennten, hat sie eine Ausrede verwendet.

Sie hatte deshalb ein schlechtes Gewissen, weil sie sonst mit ihren Eltern über alles reden kann, hatte aber Angst, dass diese sehr enttäuscht von ihr wären. Meine Freundin meinte damals, sie müsse diesbezüglich doch nicht ehrlich sein, es sei letztendlich ihre Beziehung und es geht niemanden sonst etwas an, was passiert ist. Davon abgesehen würde sicher so gut wie niemand seinen Eltern Affären gestehen, egal ob die enttäuscht wären oder nicht.

Denkt ihr, dass man seinen Eltern solche Dinge durchaus mitteilt oder ist das etwas, das man für sich selbst behält? Denkt ihr, von Eltern kämen da Reaktionen oder wüssten sie gar nicht, wie sie auf so eine Information reagieren sollten?

Mir sind ehrlich gesagt Menschen ziemlich suspekt, die in jeder Hinsicht wirklich alles den eigenen Eltern erzählen und auf die Nase binden müssen. Da beschleicht mich dann immer der Verdacht, dass diese Menschen nie gelernt haben, loszulassen, sich abzunabeln und selbstständig zu werden.

Gerade ein Seitensprung geht die Eltern ja wohl gar nichts an. Warum sollte man ihnen das also auf die Nase binden? Warum sollte man ihnen überhaupt Beziehungsprobleme unter die Nase binden? Das geht die einfach nichts an und fertig.

Ich würde Beziehungssachen generell nicht mit meinen Eltern besprechen. So etwas finde ich dann auch komisch, immerhin sind es die Eltern und nicht die Freunde. Deswegen würde ich auch nicht über einen Betrug reden und finde es normal, dass man das den eigenen Eltern nicht gestehen möchte. Für die eigenen Eltern möchte man doch immer das liebe Kind sein, was mit so einem Geständnis nicht funktioniert.

Ich würde aber auch aus Elternsicht nicht erwarten, dass man mir da die Wahrheit erzählen würde. Immerhin ist das Kind ja kein Freund, sondern das Kind. Ich finde es auch nicht weiter schlimm und grämen würde mich das Ganze auch nicht. Wenn es nicht funktioniert hat, muss man damit leben und dann sollte man für sein Kind da sein und keine Vorwürfe machen.

Also ich hatte niemals ein so sonderlich gutes Verhältnis zu meinen Eltern, als dass ich ihnen alles erzählt habe. Jedenfalls würde ich solche Dinge schon gar nicht an die große Glocke hängen, bei niemandem. Ich weiß nicht einmal, ob ich es überhaupt der Freundin erzählen würde, wenn mir so etwas passieren sollte.

Wahrscheinlich würde ich mich schon vorher vom Partner trennen, ehe es so weit ist. Das wäre wohl die beste Lösung für alle Beteiligten gewesen. Denn wie man da so heraus liest, muss ja die Affäre schon länger gegangen sein. Oder man hätte heraus finden sollen, was der Frau gefehlt hat, dass sie überhaupt eine Affäre mit jemandem eingeht.

Ein Seitensprung ist ja in der Regel nichts, worauf man stolz ist, sondern etwas, was einem unangenehm ist und einen unendlichen traurig macht, zumindest dann, wenn die langjährige Beziehung dadurch in die Brüche geht. Ich denke, dass man so etwas auch nicht jedem erzählen will. Man wird ja schon genug unter der Trennung an sich zu kämpfen haben, so dass man sich dann nicht noch von allen Seiten Vorwürfe anhören will, die einen nur noch mehr herunterziehen.

Es ist ja nunmal so, dass man da nicht überall auf Verständnis stoßen wird. Weshalb sollte man auch, wenn man dadurch seine langjährige Beziehung in den Sand setzt? Und meine Eltern wären da garantiert so Kandidaten, die mich mit Vorwürfen überschütten würden, anstatt mir Trost zu spenden und mir beizustehen. Natürlich hätte ich das in dem Sinne auch verdient, aber es ist ja auch verständlich, dass man das dann nicht möchte.

Ich war selbst noch nie in einer solchen Situation, aber ich kann es schon verstehen, dass man so etwas nicht den Eltern sagen möchte, vor allem weil man weiß, dass sie sauer reagieren und einen mit Vorwürfen bewerfen. Die Beziehung ist dann ja ohnehin vorbei und es tut dann auch nichts zur Sache, was die Eltern finden. Von daher ist es meiner Meinung nach legitim, so etwas den Eltern nicht zu sagen. Man muss ja nicht gleich vollkommen lügen und behaupten, der Partner sei fremdgegangen, aber man kann ja sagen, dass etwas vorgefallen ist, worüber man nicht sprechen will oder etwas in der Art.

Ich finde auch, dass man sein Sex- und generell Beziehungsleben den eigenen Eltern gut vorenthalten kann, sobald man alt genug ist, sich die Pille selber verschreiben zu lassen. Ich hatte zu meinen Eltern immer ein gutes Verhältnis, aber ich halte es auch für eine ganz normale und gesunde Entwicklung, sich als erwachsener Mensch doch soweit abzunabeln, dass man sein eigenes Leben führt. Und gerade intime Aspekte, wie "wer mit wem und warum nicht mehr" sind in meinen Augen nichts, worüber man mit Mama und Papa am Kaffeetisch gut reden kann.

Umgekehrt würde ich schließlich auch nicht wollen, dass Mama mir von ihrem vertrockneten Liebesleben erzählt oder Papa davon, wie scharf er die 20-jährige Praktikantin findet, während er hart auf die Pensionierung zusteuert. Auch wenn diese Leute mir anno dazumal die Windeln gewechselt und später dann meine Dramen mit Hannes aus der 8b geduldig ertragen haben, bleibe ich dabei, dass sich Eltern und erwachsene Kinder keine Details aus ihrem Liebesleben schuldig sind.