Wie Kritik an Kunstwerken von Hobbykünstlern äußern?

vom 10.04.2020, 07:53 Uhr

Ich kenne einige Leute, die in ihrer Freizeit malen. Wenn sie mir stolz ihre Kunstwerke zeigen, finde ich immer nur lobende Worte, obwohl ich sie manchmal furchtbar und dilettantisch finde. Ich möchte die vermeintlichen Künstler aber nicht kränken, weil Kunst ja etwas sehr Persönliches preisgibt. Es ist schon ein Vertrauensbeweis, dass sie mir ihr Werk zeigen. Manchmal denke ich allerdings, dass ein Hinweis bezüglich der Maltechnik das nächste Werk verbessern könnte. Lobt ihr auch immer die Werke von Hobbykünstlern oder traut ihr euch, Kritik zu üben? Wie äußert ihr diese Kritik, damit sie konstruktiv ist und den Künstler nicht kränkt?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Als Mama weiß ich was du meinst. Neulich habe ich ein Bild von meinem Sohn bekommen, in dem einfach nichts zu erkennen war. Er übt das eben noch und da neige ich auch dazu eher mal zu loben, obwohl es natürlich noch nicht perfekt aussieht und dennoch sage ich dann auch mal, dass er das doch besser kann.

Ich würde schon ehrlich meine Meinung sagen, weil es kommt ja bei einem Erwachsenen schon darauf an, dass man besser wird und wenn man dann immer nur falsches Lob bekommt, denkt man vielleicht, dass man alles perfekt kann und am Ende bekommt man dann Spott für die Bilder von anderen Menschen, auch nicht schön. Zu Erwachsenen sollte man da schon ehrlicher sein.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich finde es wiederum sinnlos, alles "konstruktiv kritisieren" zu wollen. Auch Erwachsene haben normalerweise noch einen gewissen Spieltrieb und wollen genauso wenig wie Kinder manchmal hören, dass Pferde aber nicht lila sind.

Und nicht jeder ist tatsächlich begabt in dem, was er gerne tut, aber ist es denn so schlimm, wenn jemand wirklich mäßige Bilder malt (oder schief singt oder merkwürdige Socken strickt oder was auch immer), solange die Person daran Freude hat? Und ich finde es oft genug auch reichlich arrogant, wenn sich manche als Kunstkritiker aufschwingen, obwohl sie selber nie einen Pinsel in der Hand haben und daheim nur Kitschposter an die Wand pinnen.

Zumindest von mir selber kann ich auch nicht behaupten, mich in meinen Hobbys wirklich "verbessern" zu wollen. Ich werkele zum Zeitvertreib vor mich hin, und das Letzte, was ich brauche oder hören will, wenn ich ein fertiges Ergebnis stolz vorweise, ist, was daran "besser" gemacht werden kann. Das hat mir schon als Kind das Kraut rausgeschöpft, wie man auf Bayrisch so schön sagt. Natürlich kann man immer alles noch "besser" machen, aber "gut genug" gibt es schließlich auch noch. Gerade bei Hobbys, die der Entspannung dienen.

Ich selber finde eigentlich immer etwas zum Loben, egal ob mir ein Kind etwas malt oder ein Erwachsener seine kreativen Hobbys pflegt, auch wenn mein Kunstlehrer dafür keine Eins mit Stern herausgerückt hätte, und sei es: "Da hast du dir aber Mühe gegeben!" Letzteres sollte aber wie jedes Lob schon zutreffen. Ganz dünn wird es bei mir erst dann, wenn mir das Ergebnis nicht nur absolut nicht gefällt, sondern auch bei der Ausführung geschlampt wurde. Lustlos ein paar Teile mit Heißkleber irgendwo draufzupappen, sodass die Klumpen heruntertropfen und dann Lob zu erwarten kommt auch bei mir schlecht an.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Konstruktive Kritik an Kunst kann ich nur dann äußern wenn ich genau weiß, was der Künstler wie darstellen wollte. Wenn du mir sagst, dass bei deiner Zeichnung Perspektive und Licht möglichst realistisch und detailgetreu dargestellt werden sollten kann ich dir sagen, ob das geklappt hat und wie man vielleicht noch etwas verbessern könnte.

Aber wenn du mir einfach ein Landschaftsaquarell zeigst, woher soll ich dann wissen, ob du die Bäume bewusst vereinfacht dargestellt hast oder nicht? Und wie soll ich deine Maltechnik verbessern? Kann doch sein, dass du die Aquarellfarben bewusst anders eingesetzt hast als man das üblicherweise lernt.

Natürlich gibt es auch Bilder, die ich einfach schrecklich finde. Ich habe mal Fotos ausgestellt und bei dieser Ausstellung war auch eine ältere Dame dabei, die schrecklich kitschige impressionistische Bilder gemalt hat. Hat mich an das Zeug erinnern, das in Souvenirshops oder auf der Straße an Touristen verhökert wird.

Sie war total stolz auf ihre Bilder, das war das erste Mal, dass sie sich getraut hat sich für eine Ausstellung zu bewerben und sie hat mir erzählt wie sie nach ihrer Scheidung angefangen hat zu malen und so weiter. Habe ich ihr gesagt wie schrecklich ihr Touristennepp aussieht? Natürlich nicht. Wir haben uns nett über ihre Reisen unterhalten, bei denen sie ihre Inspirationen gefunden hat.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich bin selber Hobbykünstlerin, habe viele Freunde und Bekannte, die meine Leidenschaft teilen, und kenne das Dilemma daher aus beiden Blickwinkeln. Generell bin ich immer offen und dankbar für konstruktive Kritik, wenn diese angemessen vorgebracht wird und wirklich Hand und Fuß hat, aber ich habe auch selber hohe Ansprüche an meine Werke und die stetige Ambition, mich in meinen kreativen Aktivitäten zu verbessern.

Es geht ja nicht jedem so, und manche betreiben ihr Hobby wirklich rein zum Ausgleich und ohne jeglichen Leistungsdruck dahinter. Jemand mit dieser Einstellung will vielleicht gar kein Feedback zu seinen Sachen und fühlt sich vor den Kopf gestoßen, wenn er auf Fehler hingewiesen wird, weil es nie seine Absicht war, keine zu machen. Das ist in meinen Augen auch zu rechtfertigen und sollte von der Außenwelt akzeptiert werden, denn die Freude am Hobby und die persönliche Zufriedenheit des Künstlers sind erst einmal bedeutender als die Gunst externer Personen, die nur flüchtig Anteil daran nehmen.

Unverfänglich ist es meiner Ansicht nach, den Künstler selber entscheiden zu lassen, ob und in welchem Maß er Kritik wünscht und annehmen will. Ich selber zeige meine Zeichnungen und Nähereien oft mit der konkreten Frage nach Verbesserungsvorschlägen, während ich noch im Schaffensprozess stecke. Wer mir aber stolz ein fertiges Bild präsentiert und nicht einmal die Frage dazu stellt, wie es mir gefällt, bei dem gehe ich erstmal davon aus, dass Kritik unangebracht oder nicht gewünscht ist.

In so einem Fall gibt es ja auch diplomatische Stellungnahmen, wenn man wirklich rein gar nichts an dem Kunstwerk findet und trotzdem nicht verletzend sein will. Man kann ja Dinge sagen wie: „Das war bestimmt viel Arbeit“ oder „Da kannst du definitiv stolz drauf sein“, oder man stellt interessierte Nachfragen zur Technik, zur dargestellten Thematik oder zu den Gedanken, die der Künstler dabei hatte.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


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