Auf Freizeitangebot von Kirche wegen Bekehrung verzichten?
Eine Kirchengemeinde in der Nähe bietet einen mehrstündigen Kurs zum Thema Entspannungstechniken an. Ich finde das total interessant und habe auch schon überlegt, mich dort anzumelden. Besonders teuer ist der Kurs auch nicht und man lernt eben verschiedene Entspannungstechniken kennen.
Nun meinte eine Freundin, dass sie sicherlich nicht zu so einem Freizeitangebot einer Kirche gehen würde. Dort würde man doch sicherlich versuchen, sie zum Glauben zu bekehren und viel über Gott reden. Sie meint, dass es doch nur ein Lockangebot wäre, um mehr Mitglieder für die Gemeinde zu bekommen.
Ich halte das für Blödsinn und habe schon öfter gesehen, dass verschiedene Freizeitangebote von Kirchengemeinden angeboten wurden. Natürlich mag es auch sein, dass bei den Angeboten für Kinder die Jugend auf die Kirche Aufmerksam gemacht werden sollen. Aber ich habe noch nicht erlebt, dass da regelrechte Bekehrungen statt gefunden hätten.
Würdet ihr ein Freizeitangebot oder ein Kursangebot einer Kirchengemeinde nicht in Erwägung ziehen, weil ihr Bedenken hättet dort bekehrt zu werden? Habt ihr so etwas schon erlebt? Meint ihr, dass die Kirche damit nur Werbung machen möchte? Oder ist das Blödsinn?
Was soll das sonst sein? Ich habe mal Karten für eine Lesung in einer Kirche reserviert und musste dafür in ein Kirchenbüro gehen und der Pfarrer dort hat offen zugegeben, dass sie mit solchen Angeboten Menschen erreichen wollen, die sie mit ihrem traditionellen Angebot nicht erreichen würden.
So funktioniert Marketing eben. Wenn ein online Händler ein Geschäft in der Innenstadt eröffnet um auch die Menschen zu erreichen, die nicht online einkaufen, versteht das jeder. Warum sollten Kirchen nicht die gleichen Überlegungen anstellen? Die Mitglieder werden immer weniger, das Image ist ziemlich ruiniert, da muss man aktiv werden.
Das bedeutet ja aber nicht, dass der Kurs deshalb schlecht ist oder dass man als Teilnehmer irgendwie bedrängt wird von den Religiösen.
Natürlich will die Kirche damit Werbung machen, und es macht ja auch keiner ein Geheimnis daraus. Anders wäre es, wenn man eine Veranstaltung etwa als völlig profanen Volkshochschulkurs tarnen würde und dann auf einmal die Gesangbücher auspackt, aber ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass sich auch die weltfremdesten "Religiösen" auf diese Art Erfolgschancen ausrechnen. Zumindest nicht hierzulande, wo es genügend Alternativen zur Freizeitgestaltung gibt, die auch nicht zwangsläufig teurer sind.
Die Idee ist natürlich, die Leute zumindest mal in die Räumlichkeiten zu locken und sie vielleicht die Erfahrung machen zu lassen, dass auch Mitglieder einer Kirchengemeinde "Menschen wie du und ich" sind und keine durchgeknallten Fanatiker. Und falls es sich ergeben sollte, dass jemand eventuell mit religiösen Fragen beschäftigt ist und/oder mit dem (Wieder-)eintritt in eine kirchliche Gemeinschaft liebäugelt, wird wohl auch keiner sagen: "Lass mal deine spirituellen Konflikte, wir sind zum Turnen hier!"
Und wenn nicht, so hat man zumindest der Gemeinschaft etwas Gutes getan, was viele christliche Vereinigungen auch als eine ihrer Aufgaben ansehen. Aber wenn es sich nicht gerade um besagte durchgeknallte Fanatiker handelt, so ist den Betreibern durchaus sonnenklar, dass die meisten Kursteilnehmer aufstehen und gehen würden, wenn man ihnen plump mit Gott und Bekehrung kommt.
Bei solchen Befürchtungen muss man schon überlegen, ob das ein Angebot einer Sekte oder der üblichen christlichen Kirche in Deutschland ist. Die erstgenannten arbeiten mit ziemlich perfiden Methoden diverser Einfangversuche und scheuen sich auch nicht, auf allen Wegen an den Menschen heranzukommen. Ein weiter entferntes ehemaliges Familienmitglied war in solch einer Sekte, von daher weiß ich ganz gut, wie dort agiert wird. Angebote von diesen "Kirchen" würde ich auf alle Fälle immer ausschlagen.
Wenn es aber wie hier vermutlich um die klassische katholische oder evangelische Kirche geht, kann ich auch wieder aus eigener Erfahrung sagen, dass es dort keinerlei Indoktrinationsversuche bei diversen Freizeitangeboten gibt, auch nicht bei den Kindern und Jugendlichen. Obwohl weder ich noch meine Familie noch mein Umfeld damals in irgendeiner Art und Weise religiös war, wurden die Angebote für Kinderfreizeiten und ähnliches von vielen Familien gerne genutzt.
Meine Erinnerungen daran sind durchweg positiv und somit auch meine ganz persönlichen Assoziationen mit der Institution Kirche. Nie wurde man bedrängt oder belehrt, es handelte sich immer um rein offene Angebote. Und ich bin das beste Beispiel, wie auch die meisten meiner damaligen Kinderfreunde, dass die Religion einen trotz der Inanspruchnahme diverser Kurse und Urlaube weitgehend kaltlassen kann.
Ich denke nicht, dass Kirchen mit solchen Angeboten die Leute direkt bekehren möchten, aber sicher ist es schon ein Zeichen dafür, dass die Kirche eben nicht so langweilig ist, wie viele es vielleicht denken und dass eben auch Kurse angeboten werden, die Menschen außerhalb der Gemeinde ansprechen. Daher denke ich nicht, dass man da befürchten muss, in dem Kurs auch über kirchliche Themen zu sprechen, aber dass die Kirche sich so eben schon präsentieren möchte.
Als Kind war ich oft bei solchen Freizeitangeboten. Das waren keine Entspannungskurse, aber Bastelnachmittage oder ähnliches. Ich muss sagen, dass nicht immer mit Bekehrung verbunden war. Also die Bastelnachmittage waren wirklich einfach nur basteln, etwa Fensterbilder (Tiere oder Ostereier) und gar nicht religiös geprägt. Andere Veranstaltungen waren schon auch mir Themen, die man versuchte kindgerecht zu vermitteln. Das mochte ich gar nicht so gerne; ich war zwar religiös, aber mir haben solche Geschichten aus der Bibel eher Angst gemacht und ich wollte das gar nicht hören.
Was mir aber fehlte, auch bei den nicht-religiös bekehrenden Veranstaltungen, war immer die Möglichkeit, sich mal auszutoben. Ich war eher ein aufgewecktes Kind, was auch mal herumtoben wollte, Kissenschlacht machen möchte, was herumwerfen wollte, einfach mal herumblödeln. Und das durfte man da nie. Sobald man anfing, ein wenig Quatsch zu machen, wurde man ermahnt oder herausgeschmissen und das finde ich rückblickend nicht kindgerecht.
Also bei diesen kirchlichen Veranstaltungen musste man als Kind immer brav sein. Da durfte man beim Basteln nicht mit Papier werfen, da durfte man nicht herumschreien usw. Immer brav sein. Somit würde ich das pädagogische Konzept, was dahinter stand, schon etwas kritisieren, es war nicht kindgerecht.
Bekehrung ist eine persönliche Sache, eine innere Entscheidung, dafür kann niemand von außen sorgen. Man kann niemanden zwangsbekehren. So sind und bleiben es Angebote. Diese werden meist von Kirchenmitgliedern durchgeführt, die mehr oder weniger gläubig sind. Inwieweit der Kurs religiöse Elemente enthält, spricht man am besten direkt mit der Kursleitung ab.
In den Räumlichkeiten wird es sicherlich religiöse Symboliken geben. Manche sprechen auch ein Gebet vorher. Und es kann natürlich auch sein, dass einige Gläubige entspannte Erfahrungen mit Gott gemacht haben und berichten.
Die großen Kirchen in Deutschland fühlen sich auch sozial verpflichtet. Ich habe noch nie erlebt, dass bei den Freizeitangeboten missionarisch agiert wurde. Als Kinder und Jugendliche haben wir öfters mal Freizeiten mitgemacht, obwohl alle in unserer Familie Atheisten sind. Ich kann mich nicht erinnern, dass mich da jemand bekehren wollte. Ein Yogakurs und andere Gesundheitskurse können meiner Erfahrung nach bedenkenlos absolviert werden, ohne dass man Gefahr läuft, zum katholischen oder evangelischen Glauben bekehrt zu werden. Außerdem hat man es ja als Erwachsener selber in der Hand, ob man bekehrt werden möchte.
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