Dicken Menschen ständig keine Willenskraft unterstellen

Wenn es um fülligere Menschen geht, hat jeder immer seine eigene Ansicht. Die einen glauben, sie würden den ganzen Tag nur Essen in sich hinein schaufeln und andere denken, dass sie einfach zu schwach seien, abzunehmen. Die Meinungen gehen da also auseinander.

Dann wiederum gibt es auch Menschen, die glauben, sie haben keine Willenskraft sich beim Essen zusammenzunehmen oder Willenskraft, um abzunehmen. Es wird nicht berücksichtigt, dass sie vielleicht „normal“ essen, aber eben komplett das Falsche wie Industriefutter. Krankheitsgeschichten und Genetik werden sowieso gerne außen vor gelassen.

Seid Ihr auch der Meinung, dass dickere Menschen einfach nur keine Willenskraft haben oder denkt Ihr schon, dass mehr hinter der Problematik Übergewicht liegt, als nur eine angeblich mangelnde Willenskraft?

Es mag durchaus Menschen geben die wegen ihrem Stubenhocker-Dasein übergewichtig sind und dann auch noch am laufenden Band die falschen Getränke und Lebensmittel konsumieren. Aber ich kenne durchaus auch Menschen die schon einige Sportarten und Diäten ausprobiert haben und sich über Jahre mit der Gewichtsabnahme beschäftigen und es einfach nicht richtig voran geht. Was ich überhaupt nicht leiden kann ist, wenn man diesen Menschen dann einfach vorwirft, dass sie sich tonnenweise Chips, Schokolade und Cola einverleiben ohne zu hinterfragen was vielleicht noch dahinter stecken könnte.

Ich jedenfalls bin noch nie auf die Idee gekommen einem übergewichtigen Menschen zu wenig Disziplin und Willensstärke zu unterstellen. Ich bin allerdings eh niemand der in Schubladen denkt und verurteile keinen Menschen für seinen Lebensstil. Ich unterstütze gerne meine Mitmenschen um mich rum, wenn sie sich verändern möchten aber ich akzeptiere auch jeden so wie er ist. Wichtig ist, dass sich die Person selbst wohl fühlt.

Ich glaube ja, dass die vielen Millionen Opfer der Diätindustrie viel mehr Willenskraft haben als ich. Ich würde es keinen Tag durchhalten mich von schleimigen Diät-Shakes zu ernähre, kenne aber Leute, die das teilweise wochenlang geschafft haben. Oder Diäten, bei denen gewisse Lebensmittel komplett verboten sind. Würde bei mir direkt dazu führen, dass ich nur noch an diese bösen Lebensmittel denken würde, selbst wenn ich sie vorher eher selten gegessen habe.

Blöderweise führt die Disziplin, mit der diese Leuten teilweise mehrere Diäten pro Jahr absolvieren dazu, dass sich der Stoffwechsel verlangsamt und sie deshalb immer mehr zunehmen. Und es ist gar nicht so leicht aus diesem Diätkreislauf herauszukommen, unter anderem weil man von der Diätindustrie an jeder Ecke suggeriert bekommt, dass es der richtige Weg sei. So nach dem Motto, kann ja nicht falsch sein wenn sogar die Apotheke das Diätpülverchen verkauft.

Und sicher spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Ich würde jetzt zum Beispiel keiner Person mit Essstörung mangelnde Willenskraft unterstellen. Man würde ja auch nicht hingehen und sagen, dass jemand mit Depression sich einfach nicht genug anstrengt beim glücklich sein.

Ich unterstelle dickeren Menschen eigentlich nur, dass sie mehr Kalorien aufnehmen, als sie verbrauchen. Und dünneren, athletisch gebauten Menschen unterstelle ich wiederum, dass sie irgendeine Form von körperlicher Bewegung betreiben, die über das Minimum hinausgeht. Über das Wie und Warum und die weiteren Beweggründe, Umstände und Motivation mache ich mir im Regelfall absolut keine Gedanken.

Mir kommt es gar nicht in den Sinn, mich zu fragen, ob eine dickere Person nun keine "Willenskraft" hat, gerade andere Sorgen als eine "Ernährungsumstellung", weil sie ständig am Stillen und Wickeln ist, eine handfeste Essstörung, schlechte Vorbilder aus der Kindheit, ein Faible für Alkoholisches oder einfach immer die Erste am Futtertrog ist.

Ich denke mir immer, die Leute werden schon ihre Gründe haben. Ich bin auch "dicker", und bei mir liegt es daran, dass ich keinerlei Leidensdruck empfinde, solange sich mein Übergewicht in Maßen hält, und das tut es schon seit etlichen Jahren. Was auch auf meine "Willenskraft" zurückzuführen ist, die zwar nicht bewirkt, dass ich im mittleren Alter noch in Größe 34 hineinpasse, aber wenn ich wirklich keinerlei Selbstdisziplin walten lassen würde, hätte ich die zwei Zentner schon längst geknackt.

Die Frage ist ja schon einmal welchen Willen die Person hat die man da betrachtet. Wie Gerbera schon in ihrem Beitrag beschrieben hat, ist der Wunsch / Wille eines Menschen doch ganz unterschiedlich. Will tatsächlich jede Frau gertenschlank sein und Kleidergröße 34 tragen? Nein, denke ich nicht. Wo fängt also die Willenskraft an und wo hört sie auf?

Ich habe auch keine Modelfigur und möchte auch gar keine haben. Vermutlich würde der ein oder andere Mensch mit auch zur Kategorie der "Dicken" zählen. Ich persönlich fühle mich aber wohl in meinem Körper und meine gesundheitlichen Werte geben mir auch keinen Anlass dazu etwas an meinem Aussehen zu ändern. Will ich mich also verändern? Nein, möchte ich nicht. Ich hab also durchaus die Willensstärke meinen Körper so zu erhalten wie er derzeit ist.

Ich sage immer leben und leben lassen. Jeder Mensch ist für sich und seinen Körper selbst verantwortlich und kann selbst darüber entscheiden.. Schubladen-Denken ist auch gar nicht so mein Ding und finde ich auch völlig fehl am Platz.