Reicht es euch, Rachegedanken nur im Kopf durchzuspielen?
Ich gebe zu, dass ich öfter mal Rachegedanken habe, wenn ich mich von jemandem ungerecht behandelt fühle oder wenn ich zurecht sauer auf jemanden bin. Allerdings bleibt es im Normalfall bei den Gedanken. Mir reicht es aus, wenn ich diese Rachegedanken im Kopf durchspiele und auslebe und fühle mich danach einfach befreit und auch erleichtert. Das ist so, als wenn ich mir von der Seele schreiben würde, was mich belastet.
Ich bin auch allgemein kein besonders nachtragender Mensch, so dass ich mich dann nach Möglichkeit schneller wieder mit den entsprechenden Personen versöhne, ohne den Drang zu haben, ihnen eins auswischen zu wollen. Reicht es euch, Rachegedanken nur im Kopf durchzuspielen?
In den meisten Fällen reicht es mir, solche Gedanken mental durchzuspielen und der Effekt ist so, wie du es beschreibst, man kann sich da gedanklich irgendwie abreagieren. Manchmal reichte es mir aber auch nicht. Vor mehreren Jahren hatte ich beispielsweise mal jemanden online kennengelernt und wir hatten uns ein paar mal getroffen. Da hatte ich irgendwie, weil er sich immer unverbindlicher verhielt, den Eindruck, dass der mich nur veräppeln will und das stritt er jedes Mal ab, er meine es ernst usw. Bis er dann zu einem Treffen einfach nicht kam und auch nicht mehr antwortete. Da war ich schon sehr sauer.
Ich habe mich dann unter falschem Namen in dem Forum angemeldet, wo ich ihn kennengelernt hatte und ihn angeschrieben und er biss an. Da schrieb er mit meiner falschen Identität eine Weile hin und her, dann weiter auf WhatsApp, da hab ich sogar Sprachnachrichten von einer Freundin einsprechen lassen, damit er denkt, die Person würde es tatsächlich geben und dann habe ich ein Treffen ausgemacht bzw. mein zweites Ich hat das Treffen ausgemacht und da war er dann alleine. Das hat mir schon eine gewisse Genugtuung verschafft. Zumal ich ihn da auch eine Weile hingehalten habe, denn das Treffen wäre in einem Restaurant gewesen und mein zweites Ich schrieb, dass es sich leider 20 min verspätet und er doch bitte schon mal was zu essen bestellen soll für die „Dame“, die nie kam.
Die Aktion fand ich cool. Ich muss aber sagen, dass es schwierig ist, das länger durchzuhalten. Es ging ja über mehrere Wochen und manchmal hatte ich etwas die Lust daran verloren, dann immer jemanden vorzuspielen und ich musste mir für die Kommunikation über WhatsApp noch so ein Programm installieren, was die Nummer verfälscht, das war aber etwas aufwändig in der Nutzung. Also die Lust auf diese ganze Sache hatte zwischendurch schon nachgelassen, aber letztlich war ich dann doch froh, dass ich es durchgezogen hatte und somit ihm heimzahlen konnte, dass er mich versetzt hatte.
Ich kann mit der Vorstellung von "Rache" nicht viel anfangen. Damit ist gemeint, dass ich mir vorstelle, etwa das Auto von jemandem zu zerkratzen, auf den ich gerade wütend bin? Oder jemandem gedanklich Pest und Cholera an den Hals zu wünschen, weil wir Streit haben? Das finde ich ehrlich gesagt reichlich kindisch.
Ich kenne den Drang, mich rächen zu wollen, eigentlich gar nicht. Wenn ich mich mit jemandem streite, den ich eigentlich mag, ist das nur ein Holperer, der schnell wieder vorbei geht und nichts dauerhaft an meiner Einstellung zu der Person ändert. Ich würde mich nie an meinem Partner "rächen" wollen. Schließlich liebe ich ihn.
Und bei den unangenehmen Gestalten "da draußen", die mir weder nahestehen noch sonst irgendwie dauerhaften Einfluss auf mich haben, erscheinen Rachephantasien eher als Energieverschwendung. Es ist niemandem gedient, wenn ich mich emotional in irgend etwas hineinsteigere. Und im Extremfall, der glücklicherweise bei mir kaum jemals eingetreten ist, habe ich ja immer noch konkrete Möglichkeiten, das Problem zu lösen, sei es durch Kontaktabbruch oder sonstige Maßnahmen, die dauerhaft verhindern, dass ich mich mit der Person streiten muss. Rachefantasien kommen da eher nicht vor, sondern ganz konkrete Pläne und deren konsequente Umsetzung.
„Rache“ ist ja etwas, was auch mit Emotionen zu tun hat und wenn man ständig irgendwelche Rachepläne hat, würde ich mal frech behaupten, dass man gewisse Probleme und Szenarien nicht verarbeitet hat. Deswegen liegt es mir ferner, eigentlich hier einen Rachegedanke zu schmieden und ständig auf „gespielte Rache“ im Kopf zurückzugreifen.
Ich hätte, laut vielen Menschen, viele Gründe, wieso ich mich an gewissen Personen rächen dürfte. In ihren Augen versteht sich und nicht in den Augen der hiesigen Rechtsprechung. Doch es kommt mir trotzdem nicht direkt in den Sinn, daran zu denken oder sie auszuführen. Weder im Kopf noch in Wahrheit.
Einer gewissen Person, das stimmt schon, empfehle ich, mich einfach in Ruhe zu lassen. Denn ich würde für wenig garantieren können, was aber auch wirklich mit der Kindheit, der Straftat an mir und den nachhaltigen Folgen, die er ausgelöst hat zu tun hat.
Vor kurzem hat eben jene Person mein Elternhaus aufgesucht, die Arbeitsstelle von mir früher usw. Er hat mich also deutlich wissen lassen, dass er in meiner Nähe war und meine Familie in Panik versetzt. Wenn er vor mir steht, und reden will, höre ich es mir vielleicht an. Wird er aggressiv oder sonst was, dann weiß ich es einfach nicht.
Anwalt usw. ist auch schon eingeschaltet. Generell hege ich keine Rache, weil dann geht es mir auch nicht besser. Aber ich lasse natürlich nichts mir nochmals zustoßen, was ja klar sein sollte.
Rachegedanken kenne ich eigentlich gar nicht. Wenn ich so überlege, komme ich zu dem Schluss, dass ich noch niemals den Wunsch hatte, mich an jemandem zu rächen. Vielleicht bin ich in seltenen Fällen mal schadenfroh, aber das ist wahrscheinlich etwas anderes, etwas Passiveres als Rachegedanken. Rachewünsche sind wahrscheinlich ein sehr negatives Gefühl. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, jemandem, sei es auch nur in Gedanken, zu schaden. Wer hätte denn etwas davon? Ein Unrecht, was einem widerfahren ist, wird dadurch nicht aufgehoben oder irgendwie neutralisiert.
Rache ist in meinen Augen nichts erstrebenswertes. Was sollte man schon damit erreichen jemanden zu schaden, der mit einem ein böses Spiel getrieben hat? Ja derjenige ärgert sich kurz und dann ist es aber auch wieder gut. Ich bin nicht für diese Einstellung, denn letztendlich ist man dann kein Ding besser und hat das Problem ja immer noch.
Sagen wir mal man wurde betrogen, was will man dann für einen Racheplan schmieden, dass das für einen wieder okay ist? Das ist doch Blödsinn, denn das kann man damit nicht ungeschehen machen und ob das nun nur im Kopf stattfindet oder auch umgesetzt wird ist meiner Meinung nach auch egal.
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