Keine festen Arbeitsplätze in einem Büro
In einigen Jobs ist es natürlich üblich, dass man keinen festen Arbeitsplatz hat, aber in einem kaufmännischen Bereich haben doch die allermeisten einen festen Arbeitsplatz/ einen Schreibtisch/ ein Büroraum.
Ich habe jetzt gehört, dass zum Beispiel das Unternehmen Lego, dieser Form der Arbeitsorganisation den Rücken gekehrt hat. Kein Mitarbeiter, egal welcher Ebene hat ein geschlossenes Büro und auch niemand einen festen Arbeitsplatz. Man wählt jeden Tag oder mehrfach täglich einen neuen Platz zum Arbeiten, es gibt Schreibtische, Stehpulte oder auch einfach mit dem Laptop oder jeweiligen Arbeitsmittel einen anderen bequemen Platz.
Kein Platz darf besetzt werden, wenn er nicht benutzt wird. Lässt ein Kollege seine Sachen an einem Arbeitsplatz liegen, dann darf der Kollege ein Schild drauf legen mit einem "No Camping" Symbol. Wie würdet Ihr ein solches System finden? Heutzutage, wo man nicht mehr unbedingt Aktenschränke etc. braucht, weil viel digitalisiert ist, ist es ja vermutlich doch in einigen Berufen/Büros machbar.
Seid ihr froh über einen persönlichen Schreibtisch mit euren Schubladen evtl. einem persönlichen Bild etc. auf dem Tisch oder würde euch dieses freie System eher helfen?
Theoretisch habe ich in der Firma tatsächlich keinen festen Arbeitsplatz. In meinem Team hat jeder ein Büro zu Hause und in der Firma haben wir ein Teambüro mit mehreren Arbeitsplätzen und einen Besprechungsraum, den aber auch andere Teams nutzen. Es macht ja keinen Sinn größere Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, weil die eh die meiste Zeit über leer stehen würden.
In der Praxis hat es sich aber durchgesetzt, dass jeder im Büro doch "seinen" Platz hat. Das ist wie in einer Familie. Da legt auch niemand fest, wer welchen Platz am Esstisch bekommt, aber man setzt sich aus Gewohnheit in der Regel trotzdem immer auf den selben Platz.
Leute, die ihren Schreibtisch mit Bildchen und Kuscheltieren und sonstigem Schnickschnack dekorieren fand ich schon immer leicht irritierend und ich habe den Sinn dahinter nie verstanden. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich solchen Staubfängern generell nichts abgewinnen kann. Auf meinem Schreibtisch zu Hause steht auch nichts, was mit Arbeit nichts zu tun hat.
Ich habe aber ein Moodboard und ein kleines Regal für die Dinge, die ich gerade inspirierend finde für meine Arbeit. Wenn ich nicht zu Hause arbeiten würde und keinen festen Arbeitsplatz hätte wäre das schon ein bisschen schwierig mit dieser Methode. Texturen, Oberflächenstrukturen und solche Sachen kann man mit Fotos ja nur bedingt wiedergeben.
Für mich wäre diese Art Büro eindeutig nicht artgerecht. Ich bin ein territorialer Mensch und habe auch schon oft die Erfahrung gemacht, dass sich Stammplätze einbürgern, auch wenn es keine feste Sitzordnung gibt, etwa auch in der Kantine oder unter Pendlern im Zug. Wir Menschen sind einfach Gewohnheitstiere und ich glaube auch, dass wir mittlerweile jeden Tag so viele Situationen beurteilen und Entscheidungen fällen müssen, dass wir froh sind um jede Situation, die wir ohne groß nachzudenken bewältigen können.
Mich würde es jedenfalls nerven, mich allmorgendlich mit meinem Krempel unter dem Arm erst mal nach einem freien Platz umsehen und auch jeden Abend wieder spurlos aufräumen zu müssen. Dass meine Kollegen mir sonst ein Schild auf meinen Kram legen "dürfen" empfinde ich sogar eher als kindisch und als primitive Form des Gruppenzwangs, damit ja niemand aus dem künstlich aufgezwungenen System ausbricht. Um Bilder und Deko geht es mir hier weniger, aber wenn ich meinen Zug erreichen muss, kommt es schon mal vor, dass ich einen angefangenen Vorgang liegen lasse und am nächsten Morgen nahtlos weiterarbeite.
Ich kann mir also nur vorstellen, dass dieses System funktioniert, wenn für den allergrößten Teil der anfallenden Arbeit maximal ein Laptop nötig ist und Home Office nicht nur zähneknirschend geduldet wird, sondern den Normalfall darstellt. Wenn die meisten Mitarbeiter sowieso nur im Turnus überhaupt im Büro auftauchen und nie mehr als ein Viertel gleichzeitig anwesend ist, spart das Unternehmen dagegen eine Menge Geld, wenn nicht jede/r einen Schreibtisch mit kompletter Infrastruktur zur Verfügung gestellt bekommt, der die meiste Zeit nur Platz wegnimmt. Dann könnte ich mich auch damit abfinden, aber nicht wenn ich jeden Tag brav ins Büro traben muss, weil da noch physische Akten auf mich warten.
Es mag durchaus Berufsbilder geben, in denen dieses Modell machbar ist. Möglicherweise ist es sogar förderlich, weil es eine neue Sicht auf die betriebsinternen Abläufe gibt und das Miteinander mit den Kollegen noch einmal ganz anders unterstützt. Wenn man täglich neue/andere Kollegen um sich hat, dann kommt man auch ganz anders mit den Leuten in Kontakt.
Anderseits gibt es ja doch noch einige kaufmännische Aufgabengebiete, bei denen man ganz stark in einem festen Team mit regem Austausch arbeitet oder einfach einige Arbeitsmaterialien / Unterlagen benötigt, die man nicht einfach so von Platz zu Platz schieben kann. Abgesehen davon liegt einem ja auch nicht jeder Arbeitsplatz. Die vermeintlich besten Plätze, werden vermutlich dann ja ganz schnell belegt sein. Funktioniert es dann nach dem Motto "Der frühe Vogel fängt den Wurm"?
Ich selbst bin auch ein Gewohnheitstier und würde mich vermutlich sehr schnell unwohl fühlen, wenn ich mich täglich neu einrichten müsste.
Gelesen habe ich von so einem System auch schon und das nennt sich "Desk-Sharing" und das Aufräumen der Schreibtische gilt als "Clean Desk Policy". An so eine Arbeitsorganisation könnte ich mich ja bestimmt gewöhnen, aber an solche bescheuerten Bezeichnungen absolut nicht.
Ich habe als Werkstudentin in einer Redaktion gearbeitet, wo es so üblich war, dass jeder Vollzeitangestellte einen festen Arbeitsplatz hatte, die Werkstudenten aber nicht. Schon da fand ich es richtig nervig, mir immer wieder einen neuen Platz suchen zu müssen, zumal ich auch 20 Stunden pro Woche dort gearbeitet habe. Auf Dauer wäre das nichts für mich, auch wenn man sich das natürlich nicht selbst aussuchen kann.
Momentan habe ich meinen eigenen riesigen Schreibtisch, an den niemand anders sonst kann außer mir. Das finde ich ideal so. Ich liebe es, mich selbst einrichten zu können und es mir "gemütlich" zu machen. Man hat ja doch immer irgendwelche Sachen, die man gerne bei der Arbeit lassen würde, anstatt sie immer mitzunehmen.
Außerdem finde ich es schön, immer meinen festen Platz zu haben an dem ich sitze und immer bei den gleichen Kollegen zu sein. Bei mir sorgt es auf jeden Fall auch unter anderem dafür, dass ich mich bei der Arbeit sehr wohl fühle und gerne da bin. Da habe ich wirklich Glück gehabt, da es eben auch anders geht.
Clean Desk ist bei unserem Bereich jeden Abend angesagt, da muss alles vom Schreibtisch runter und eingeschlossen werden in den Schränken im Büro und die Bürotür wird dann auch nochmal abgeschlossen. Clean Desk finde ich super, so kommt bei uns niemand in den Versuchung seinen Schreibtisch zuzumüllen, denn ganz ohne Papier geht es bei uns nicht. Wir versuchen zwar immer mehr papierlos zu erledigen, aber es kommt viel zu viel von außen an und mit von außen, meine ich tatsächlich von außerhalb der Firma.
Dadurch das wir jeden Abend unsere Unterlagen wegschließen, da vertrauliche Daten darauf enthalten sind, müssten wir dann selbst bei einem solchen Konzept einen abgeschlossenen Bereich haben, wo niemand aus einer anderen Abteilung dazwischen sitzt. In meinem Bereich ist Datenschutz extrem wichtig, weil wir mit sehr sensiblen Daten umgehen, die wir nicht nach außen tragen dürfen, deshalb könnten wir bei einem solchen Konzept gar nicht mit machen und ich finde das persönlich auch gut so.
Ich hätte keine Lust mir jeden morgen irgendwo einen freien Platz zu suchen, dann meine Unterlagen dahinzuschleppen und diese dann abends wieder wegzuschleppen um sie einzuschließen, das wäre mir echt zu aufwendig und wenn ich dann doch mal etwas in einer Akte nachsehen muss, dann renne ich wieder durch das Gebäude und suche die bzw. hole die an den Platz und schleppe diese dann auch abends wieder weg. Würde ich ausschließlich papierlos arbeiten, wäre mir das wahrscheinlich noch egal, wo ich sitze.
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