Übt ihr euren Beruf auch im Privatleben aus?

vom 01.02.2020, 17:15 Uhr

In der gestrigen Frühstückspause hat uns eine Kollegin erzählt dass sie derzeit ziemlich verspannt ist. Da meinte eine andere Kollegin dass sie doch den Experten zu Hause habe und warum sie das nicht "ausnutze" - ihr Mann ist Physiotherapeut. Sie meinte dann dass sie das nicht möchte, ihr Mann hätte genug Stress in der Arbeit und außerdem hätten sie zu Hause ja auch gar nicht die notwendige Umgebung wie z.B. die passende Massageliege. Er würde ihr natürlich schon helfen wenn sie es vor Schmerzen nicht mehr aushält aber in der Regel nutzt sie das Fachwissen ihres Mannes nicht fürs Privatleben aus.

Ich habe zum Beispiel auch schon von vielen Köchen gehört, dass sie zu Hause trotzdem nicht den Kochlöffel schwingen sondern das gerne ihrem Lebenspartner/Lebenspartnerin überlassen. Sie sind froh wenn sie zu Hause nicht auch noch in der Küche stehen müssen obwohl de Job Spaß macht.

Ich muss sagen, ich bin gelernte Steuerfachangestellte und ich helfe meiner Familie schon hin und wieder - natürlich unentgeltlich - die Erklärungen auszufüllen. Das ist zwar nicht mehr mein aktueller Job aber ich informiere mich immer noch regelmäßig über die Neuerungen in diesem Bereich und bleibe up to date. Ich denke nicht, dass ich die Hilfe verweigern würde wenn ich den Job immer noch ausüben würde.

Wie ist das bei euch? Nutzt ihr euer berufliches Fachwissen auch im Privatbereich oder trennt ihr das - so gut wie es geht - strikt?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Wenn ich helfen kann, dann mache ich es auch und sehe darin auch kein Problem, wenn es nicht überhand nimmt. Deine Beispiele betreffend würde ich es komisch finden, wenn man den Partner nicht hilft, auch wenn dieser noch laufen kann und nicht vor Schmerzen schreiend auf dem Boden liegt. Das ist ja dann auch Nähe, die man miteinander hat und ich kenne wiederum kaum einen Koch, der seine Frau gerne kochen lässt, da diese meistens ihren ganz besonderen Geschmack haben und dann gar nicht alles mögen, was die Partnerin so kocht.

Ich denke man sollte sich gegenseitig helfen, aber nicht ausnutzen und wenn das gegeben ist, dann kann man gerne auch etwas in seiner Freizeit machen mit dem man sonst Geld verdient. Es kommt aber auch sicherlich darauf an, wie man den Job mag oder eben nicht mag. Wenn man etwas hasst, wird man damit auch niemanden helfen wollen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Selbstverständlich würde ich den Partner um eine Massage bitten, egal wo. Zuhause wird das ja wohl auch möglich sein, man muss nicht zwingend dabei liegen. Ich finde das äußerst unsinnig, sich herumzuquälen, wenn der Partner Physiotherapeut ist und einen gut helfen kann. Ist es in einer Beziehung nicht üblich, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. Das löst echtes Kopfschütteln bei mir aus.

Würde mir das jemand erzählen, hätte ich schallend gelacht. Ich hatte mit dem Gatten ein schönes Heim, viel Licht und viele Steckdosen. Der war nämlich Elektriker. Ich hätte mich setzen müssen, hätte der mir erzählt, dass er in seiner Freizeit keine Elektroinstallationen durchführt, da er ja schon genügend Stress im Job hätte. Ich hätte nun nicht gewusst, sollte ich lachen oder weinen, weil er mir die Hilfe versagt nur weil er Elektriker ist.

Und ich habe mich trotzdem mit dem Papierkram im privaten Leben beschäftigt, obwohl ich täglich auf der Arbeit genug damit zu tun habe. So eine abstruse Behauptung hörte ich noch nie. Ich finde das einfach nur lachhaft. Auch sollte ein ausgebildeter Psychotherapeut merken, dass es der eigenen Partnerin schlecht geht. Fasst er sie nie an, sind sie sich körperlich nie nahe? Wäre ich ausgebildete Physiotherapeutin, würde ich meinem Partner Massagen anbieten, auch wenn er gerade keine Schmerzen hat. Die kann man ja auch gut ins Liebesleben einbauen. Die beiden scheinen eine armselige und bedauernswerte Beziehung zu führen, wo einer nicht weiß, was der andere von ihm braucht und wie es dem anderen geht.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich kann mir wiederum eher vorstellen, dass es Leute in "gefragten" Berufen irgendwann derart zu Tode nervt, wenn es ständig heißt "Du bist doch X? Kannst du nicht mal Y, natürlich unentgeltlich und zu Bedingungen, die ich diktiere? Und wenn mir dein Gratis-Service nicht passt, meckere ich natürlich." Ich halte es generell für ein völlig falsches Signal, seinen Job unentgeltlich zu machen, weil man so den KollegInnen im Endeffekt die Preise versaut und die Kundschaft wegnimmt.

Es heißt nicht umsonst: Arbeit, die nichts kostet, ist nichts wert, und gerade Selbstständige wären ja schön blöd, ihre Arbeitszeit und Expertise an Hinz und Kunz zu verschenken. Das hat für mich auch nur sehr bedingt etwas mit "helfen" zu tun, sondern man leistet nur dem Geiz anderer Vorschub, damit sie nicht böse auf einen sind.

Das passiert natürlich nicht, wenn man seiner Ehefrau nach Feierabend mal eine Nackenmassage verpasst oder in seiner eigenen Wohnung die Steckdosen anschließt, aber es gibt genügend Mitmenschen, die die ganze Hand nehmen, wenn man ihnen den kleinen Finger gibt. Und dann heißt es ebenso: Wieso machst du der Frau X die Steuererklärung und mir nicht? Oder: Wieso liest du deiner Schwester umsonst die Masterarbeit Korrektur, aber bei meiner Tochter willst du auf einmal Geld? Unverschämtheit!"

Und ich denke auch, dass man seinen Job nicht "hassen" muss, um nach Feierabend gepflegt die Schnauze voll davon zu haben. Es heißt ja immer, man soll Beruf und Privatleben getrennt halten, um langfristig gesund und motiviert zu bleiben. Aber wenn jemand schön bittet und/oder man einen unmittelbar nützlichen Job hat, gilt dieser Grundsatz auf einmal nicht mehr? Dabei sollten gerade Freunde und Verwandte doch darauf achten, ihre Angehörigen nicht auszunutzen und ihnen ihre Freizeit zu lassen.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Nein, ich "übe meinen Beruf nicht mehr im Privatleben aus." Irgendwann wurde es einfach zu viel. Da kamen haufenweise Menschen aus meinem Umfeld, die meine Unterstützung wollten. Das wurde mir irgendwann zuviel, so dass ich irgendwann gesagt habe, dass man mich nicht mehr fragen soll.

Auch bei unseren Eltern unterstütze ich nicht mehr. Das muss mein Freund dann übernehmen, aber ich konnte irgendwann nicht mehr und mich mit technischen Schwachsinnsfragen auseinandersetzen. Mein Freund ist Elektriker und noch hilfsbereiter als ich. Aber auch er beginnt mittlerweile im Umfeld Hilfeleistungen abzublocken. Zuhause unterstützen wir uns schon noch gegenseitig, aber wir kommen beide aus dem gleichen Bereich, so dass wir uns maximal ergänzen. Und so ein paar Elektroschocks beleben doch auch das Liebesleben, oder?

Das liegt nicht mal daran, dass ich meinen Job hasse. Tue ich nämlich nicht. Ich möchte einfach nicht mehr ausgenutzt werden und in meiner Freizeit Gedanken an solche Dinge verschwenden, sondern etwas für mich tun und darauf achten, dass die Sachen mir gut tun. Ich sitze acht Stunden täglich an meinem Job, oft sogar noch länger und dann sind mir die wenigen Stunden, die ich habe, auch sehr wichtig.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich habe im Beruf mit IT zu tun, mache aber ehrlich gesagt im Privatleben recht wenig mit Rechnern (nicht mehr als andere Menschen). Meine Interessen sind sehr vielfältig, und ich bin froh, wenn ich in meiner Freizeit mit anderen Themen zu tun habe, die keine Computer erfordern. Ich finde es generell auf die Dauer sehr ermüdend, ständig vor einem Bildschirm sitzen zu müssen, sodass ich im Privatleben sehr gern als Ausgleich im Freien unterwegs oder auf Reisen bin.

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» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich übe meinen Beruf nicht im Privatleben aus. Das würde zwar rein theoretisch gehen, wobei es aber nicht dazu kommt. Ich bin Redakteurin in einer bestimmten Branche, wobei ich privat eher wenig mit der Branche zu tun habe. Es kann durchaus sein, dass ich mein Wissen, das ich durch meinen Beruf habe, hin und wieder mal anwende oder anderen Menschen in dieser Hinsicht Tipps gebe, aber ich schreibe privat nun keine Texte in dieser Richtung und lektoriere da auch nichts.

Mein Freund hat einen Beruf, den er ganz gut im Privatleben ausleben kann. Das ist oft notwendig und hilfreich für uns beide und da können wir es uns eben sparen, entsprechende Personen zu engagieren. Es kommt auch öfter mal vor, dass Freunde oder Verwandte ihn um Rat fragen und er da berät. Ich denke, dass das in Zukunft noch oft vorkommen wird. Es ist eben praktisch, so eine Person zu kennen.

Aber natürlich macht er das privat nun auch nicht so ausführlich und gibt dann eher Tipps, als sich stundenlang mit der Arbeit hinzusetzen. Mein Freund hat für mich aber auch schon oft irgendwelche Unterlagen überprüft oder durchgelesen. Das kommt sogar recht oft vor, wird aber auch nicht unbedingt als Arbeit angesehen, da es meistens recht schnell geht und er das oft einfach zwischendurch machen kann.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Ich finde die Frage nicht ganz so leicht zu beantworten. In gewissen Punkten übe ich meinen Job schon im Privatleben aus, beziehungsweise wäre ich im Ernstfall sogar dazu verpflichtet. Als Medizinerin habe ich schließlich eine sogenannte Garantenstellung inne und muss nach bestem Wissen und Gewissen einer Person in einer akuten körperlichen Gefährdungssituation Hilfe leisten. Einmal kam es schon dazu, dass ich in meiner Freizeit Erste Hilfe leisten musste.

Zudem kenne ich natürlich das Phänomen, dass mich Bekannte und Verwandte gerne mal fragen, welche Behandlung ich bei Symptom X und Schmerz Y denn empfehlen würde, und wenn ich darauf eine plausible Antwort parat habe, dann gebe ich diese eben auch. Manchmal nervt es zwar und manchmal muss ich passen und auf einen Facharzt verweisen, aber ansonsten helfe ich eigentlich gerne, wenn ich kann.

In meiner besonderen Spezialisierung hingegen betätige ich mich privat nicht und distanziere mich auch ganz klar davon. Für mein Fachgebiet ist eine professionelle Distanz überaus wichtig und ich könnte in dem Bereich nicht sinnvoll mit jemandem arbeiten, zu dem ich eine engere emotionale Beziehung habe. Das würde weder mir noch dem Gegenüber gut tun und ist ein definitives No-Go.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


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