Beim Bewerbungsgespräch mit Anwalt erscheinen?
Eine Bekannte von mir bekommt Geld vom Job Center. Sie ist ausgebildet und sogar studiert. Allerdings hat sie aufgrund ihr gesundheitlichen Lage eine Arbeitslosenperiode von 6 Jahren hinter sich bringen müssen. Langsam beginnt sie aber wieder Fuß zu fassen.
Das Job Center hat ihr nun, trotz das sie einen 450,- Euro Job hat, eine Einladung zu einer Infoveranstaltung für eine sozialversicherungspflichtige Stelle nach dem Teilhabegesetz geschickt. Keine Frage, dort geht sie natürlich hin.
Sie teilte mir jedoch sofort mit, das sie immer zu Vorstellungsgesprächen mit den Rechtsbeistand kommt. Das merkt sie auch schon im Vorfeld an und ich fragte mich, wieso macht man dies? Immerhin sagte sie auch, dass viele Arbeitnehmer dann auch ablehnend sind und gar nicht mehr weiter mit ihr sprechen wollen.
Ich bin darüber total verwundert und frage mich, ob die Idee, einen Anwalt zum Vorstellungsgespräch mitzunehmen sinnvoll oder kontraproduktiv ist? Kennt Ihr solch ein Vorgehen oder was würdet Ihr daran positiv oder gar negativ sehen?
Sorry wenn ich das so direkt sage aber solche Personen sind es, warum so mancher ein schlechtes Bild von Langzeit-Arbeitslosen hat. Deine Frage ist völlig berechtigt: Warum macht man das?
Laut deinen Angaben ist diese Frau nicht auf den Kopf gefallen. Einer ausgebildeten, studierten Frau unterstelle ich jetzt mal nicht Naivität. Die weis doch ganz genau was sie da macht. Das nennt man Verweigerung, wenn auch nicht offensichtlich sondern über Umwege.
Wenn man mit einem Rechtsanwalt zu einem Vorstellungsgespräch erscheint dann signalisiert man doch gleich, dass man sich entweder extrem für sein bisheriges Leben verteidigen und rechtfertigen muss bzw. noch viel schlimmer, dass man dem Arbeitgeber nicht vertraut. Wie soll so ein harmonisches Arbeitsverhältnis entstehen?
Einen Anwalt bringt man als normale, bürgerliche Person ja nicht einmal zum Unterschreiben des Arbeitsvertrages mit. Den Vertrag kann man seinem Rechtsbeistand vorab mal zeigen, wenn einem das Wichtig ist, aber ein Anwalt im Einstellungsprozess ist für mich ein No-Go. Das können Prominente und Politiker machen, aber doch kein normaler Bürger der ein Arbeitsverhältnis im üblichen Gehaltsrahmen unterschreibt.
Für mich ist es ein absolutes No Go mit einem Anwalt oder generell mit einer anderen Person zu einem Bewerbungsgespräch zu erscheinen. Damit setzt man völlig falsche Signale. Man zeigt nur, dass man entweder ein absolut anstrengender Mensch ist, der bei jedem Mist gleich klagen will oder man zeigt, dass man selber nichts im Griff hat und sich bei jeder Sache von jemanden helfen muss. Beides sind keine guten Eigenschaften.
Außerdem würde ich als Arbeitgeber denken, dass die Person schlecht Vertrauen aufbauen kann und mir schon mal unterstellt ich würde betrügen wollen. So jemanden stellt doch keiner ein. Da einem so etwas aber auch klar ist, ist doch eher die Frage, ob sie wirklich arbeiten will oder nur nach einem Weg sucht die Arbeit ohne Konsequenzen abzulehnen.
Auf der einen Seite sage ich mal so, es ist ihr gestattet, einen Anwalt mit dazu zu nehmen. So kann man eben auch gewährleisten, dass Gesagtes korrekt ist und schriftliches direkt mal überfliegen. Ich kann das von diesem Aspekt unglaublich gut nachvollziehen. Im Grunde ist es ja nicht verboten, einen rechtlichen Beistand mitzunehmen. Wenn ich es jetzt einfach mal nüchtern betrachte ohne jegliche Wertung.
Auf der anderen Seite kann ich aber auch nicht die Arbeitgeber verstehen, die dann gerne mal „abspringen“. Macht ein Anwalt so viel Angst bei einem Vorstellungsgespräch? Ich weiß es nicht, aber natürlich bin ich auch der Meinung, dass dieses Wissen sicherlich nicht gerade förderlich für meine Bekannte ist. Sie ist hoch gebildet, und fertig studiert, in einem guten Job. Sie macht im Grunde auch alles mit, was neben dem 450 Euro Job möglich ist, auch gesundheitlich.
Von mehreren Ärzten hat sie auch bestätigt bekommen, auch vom Amtsarzt, dass mehr als 3 Stunden täglich bei ihr derzeit nicht drin sind. Gesundheitlich gesehen. Das Teilhabegesetz samt der Förderung sieht aber Vollzeitbeschäftigungen von 30-40 Stunden die Woche vor, sodass sie sofort meinte, dann nimmt sie schon am Infotag, wo die Jobs vorgestellt werden, direkt wieder ihren Anwalt mit.
Ich habe keine Ahnung, was ich davon denken soll. Ich habe sowas bis dato nie gehört. Auf der einen Seite ist es eben ihr gutes Recht. Auf der anderen Seite scheint es Arbeitgeber abzuschrecken. Derweil ist dann wieder die mittige Seite die, dass sie schriftlich hat, nicht mehr als 3 Stunden täglich und man ihr jetzt mehr andrehen möchte und sie dann natürlich mit dem Anwalt auf der sicheren Seite ist.
Doch wieso sie sonst immer einen Anwalt bei den Vorstellungsgesprächen mit nimmt, ist mir ehrlich gesagt total schleierhaft.
Das ist doch wohl offensichtlich was man damit erreichen will, oder? Stell dir mal vor du suchst eine Mitarbeiterin und dann kommt eine Bewerberin mit ihrem Anwalt zum Bewerbungsgespräch. Was denkst du da? "Die passt bestimmt super ins Team"? Oder vielleicht doch eher "Mit der werden wir nur Stress haben"?
Glaubst du ernsthaft, dass jemand eingestellt wird wenn sie so eine Nummer abzieht? Wenn sie direkt mit so einem Misstrauen gegenüber den potentiellen Arbeitgeber ankommt, dass sie von einem Anwalt bestätigt bekommen möchte, was sie da gesagt hat?
Ist doch klar, dass sie einfach nur weiter Geld kassieren möchte und der Anwalt einfach nur die Rückversicherung für den Fall ist, dass man ihr auf die Schliche kommt. Der wird nämlich dann bestätigen können, dass sie bei dem Vorstellungsgespräch war und sich um die Stelle bemüht hat. Es gibt halt auch Asoziale mit Abitur und Studium.
Das halte ich jetzt so wie meine Vorredner für hanebüchenen Unsinn. Natürlich darf man nicht alles glauben, was Arbeitgeber vor einer Einstellung so sagen und auch machst es natürlich Sinn einen Arbeitsvertrag einmal in Ruhe durchzulesen und vielleicht auch einem Anwalt vorzulegen, ob die Klauseln da drin so alle korrekt sind.
Aber das alles muss man doch nicht vor Ort machen. Da lässt sich man sich das Gesagte dann in einem Arbeitsvertrag festhalten und dann wird das in Ruhe durchgelesen, mitgenommen und dann auch gerne einer anwaltlichen Prüfung unterzogen. Aber das mache ich doch nicht direkt vor den Augen meines möglichen neuen Arbeitgebers.
Wie sieht das denn aus? Da kommt einen Korrintenkacker um die Ecke, der nur danach sucht, dem Chef ans Bein pinkeln zu können. So einen Bewerber will doch keiner haben. Da stellt sich natürlich die Frage, ob sie dafür gar kein Gespür hat, dass auch so zu verstehen oder ob sie das eben ganz bewusst so macht um durch die Arbeitgeber aussortiert zu werden. Da sie ja scheinbar nicht ganz blöd ist, würde ich dann jetzt auch eher denken, dass das schon Berechnung ist und sie eigentlich die Stellen gar nicht will und nach Wegen sucht wie sie da elegant herauskommt.
Bei der Überschrift musste ich erst einmal herzhaft lachen. Das macht ja gleich einen guten Eindruck, wenn man dort mit Anwalt auftaucht! So entsteht bestimmt auch gleich das richtige Vertrauensverhältnis und man kann gut herausfinden, ob man miteinander arbeiten könnte.
Andererseits kann ich es aber verstehen, warum jemand zu solch drastischen Maßnahmen greift, denn die Kommunikation mit den Mitarbeitern des Jobcenters und die Anforderungen von dort sind manchmal hanebüchen. Zudem wird Langzeitarbeitslosen, vor allem, wenn sie dann noch gesundheitlich eingeschränkt sind, gerne mal unterstellt, dass sie ja doch nur betrügen und alles gelogen ist, was sie behaupten.
Wenn man bestimmte Sachen nicht beweisen kann, steht man da auf verlorenem Posten. Fragt das Jobcenter nämlich bei dem potentellen Arbeitgeber nach, wie das Vorstellungsgespräch gelaufen ist und warum man nicht genommen wurde, wird von dort auch nicht unbedingt die Wahrheit erzählt, schließlich will man sich ja auch nicht haftbar machen, etwa nach dem AGG. Und wenn man dann einen Freund oder Verwandten mitnimmt als Zeugen, wird auch diesem unterstellt, dass er lügt, weil er ja parteiisch ist.
Da gibt es dann plötzlich solche Vorwürfe, dass man gar nicht da war, dass man absichtlich nicht gut gekleidet war, dass man sich schlecht benommen hat, dass man zu spät gekommen ist, dass man seine gesundheitlichen Probleme und Ausfallzeiten mehr betont habe als seinen Willen zur Arbeit, usw. Es wird einem also unterstellt, dass man zum Ausdruck gebracht hat, dass man gar nicht arbeiten wolle. Wie will man das bitte entkräften? Als einzige Alternative zum Anwalt fiele mir da nur ein, dass ich jemanden mitnehme, der ein Video von allem dreht.
Also wie gesagt: Ich kann es verstehen, denn einige Sachbearbeiter verlangen einfach Unmögliches und wenn man ihre Anforderungen nicht erfüllt, kürzen sie einem gleich die Leistungen. Dass ein Vorstellungsgespräch mit Anwalt nicht erfolgreich sein wird, dürfte auch auf der Hand liegen. Aber wie will man sich sonst gegen die ungerechtfertigten Anschuldigungen des Jobcenters wehren?
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