Welche Familienrituale gibt es bei euch?

Mein Partner und ich wurden komplett unterschiedlich erzogen. Bei ihm lief alles eher locker ab und bei mir eher sehr konservativ. Demnach gehen unsere Meinungen in Bezug auf Kinder Erziehung oftmals sehr weit auseinander und wir suchen immer einen guten Mittelweg.

Inzwischen haben wir einige Rituale eingeführt die es bei ihm so nicht gab. Mir ist es zum Beispiel sehr wichtig das gemeinsam gegessen wird. Weiterhin finde ich es auch sehr wichtig, dass ich nach der Arbeit alle zusammentrommle und mich nach dem Tag erkundige. Ich finde es auch wichtig mit den Kindern am Wochenende immer mal wieder einen Ausflug zu machen, so dass wir alle zusammen sind und Zeit miteinander verbringen. Habt ihr Rituale in eure Familie die ihr lebt?

Das gemeinsame Abendessen war in meiner Familie auf jeden Fall ein wichtiges Ritual, da es die einzige Mahlzeit des Tages war, zu der alle Familienmitglieder gleichzeitig zuhause waren. Entsprechend gab es bei uns auch immer ein warmes und etwas aufwändigeres Abendessen, während es mittags nach der Schule eher einfache Gerichte gab. Diese Tradition ist nun in meinem gemeinsamen Haushalt mit meinem Freund aber nicht mehr umsetzbar, da wir aufgrund unserer Arbeitszeiten ganz unterschiedlich außer Haus sind.

Ansonsten bin ich mit meinen Eltern eigentlich jedes Jahr über Weihnachten und Neujahr in den Winterurlaub nach Österreich gefahren, was auch schon lange eingeschlafen ist, da ich nicht mehr zuhause wohne und mein Partner und ich nie und nimmer mehr zwei Wochen über die kompletten Feiertage am Stück freibekommen. Stattdessen habe ich mich dem Weihnachtsritual der Familie meines Freundes mit Würstchen und Kartoffelsalat und gemeinsamer Bescherung zuhause bei ihnen angeschlossen. Beibehalten habe ich jedoch den Kirchenbesuch an Heiligabend und das Raclettessen an Silvester, was ich auch von Kindesbeinen auf kenne.

Ansonsten fallen mir nur noch Kleinigkeiten ein, die ich nicht wirklich als feste „Rituale“, sondern eher als typische Beschäftigungen aus meiner Kindheit in Erinnerung behalten und weitergetragen habe. Das sind bestimmte Lieblingsgerichte, das eigenhändige Pilzesammeln im Herbst, das jährliche Mitverfolgen des ESC, ein paar übernommene Sprichwörter und typische Sätze meiner Eltern und so weiter.

Da gibt es doch ganz viele Dinge im Leben, die man mit dem Wort Ritual bezeichnen könnte. Für mich sind das einfach lieb gewordene Gewohnheiten. So wurden stets Verwandte besucht, wenn diese Geburtstag hatten, um mit ihnen zu feiern. Jedes mal, wenn ich Geburtstag hatte und es gerade Mitternacht war, legte mein Gatte eine Schallplatte auf mit einem Geburtstagslied, das ein Kinderchor zu Blasmusik schmetterte.

Trotz Gewohnheit, war das stets eine liebe Überraschung. Das abendliche Vorlesen oder später auch gemeinsame Lesen eines schönen Buches war ein wunderschönes Ritual für meine Tochter. Für mich selbstverständlich auch. Waren wir uns doch schön nahe und konnten somit kuscheln, was sie mir tagsüber verweigerte. Große Mädchen müssen schließlich nicht mehr knuddeln.

Später dann wurde gemeinsam der Ranzen gepackt und der neue Schultag besprochen. Das war auch ein Ritual. Im Sommer spielten und beschäftigten wir uns im Garten. Im Herbst bastelten wir mit Kastanien und Eicheln und im Winter hatten wir kuschelige Nachmittag. Wann immer es draußen aber schneite, zog es uns raus und wir machten eine zünftige Schneeballschlacht. Später gab es dann daheim heißen Kakao und einen schönen Kinderfilm.

Seit einigen Jahren bestelle ich für den zweiten Weihnachtsfeiertag stets einen Tisch in meinem Lieblingsrestaurant und gehe dann mit meiner Tochter schön essen. Das ist inzwischen auch ein Ritual geworden. Ich würde es auch als Tradition bezeichnen. Wenn man sucht, findet man im Alltag viele solcher kleinen Rituale die man gemeinsam begeht. Man muss sie nur als solche erkennen und wenn, kann man dann sogar Glück dabei empfinden.