Sich stark verbunden mit Geburts- und Heimatort fühlen?
Also abgesehen von Familie und Freunden die überwiegen immer noch in meiner Geburtsstadt wohnen würde ich sehr gerne wieder dort hinziehen. Es ist ein kleines schnuckeliges Städtchen mit einer Einwohnerzahl > 20.000 und ich habe dort gute 20 Jahre meines Lebens gewohnt.
Jetzt lebe ich in einer größeren Stadt in einem Hochhaus und kann mit diesem "Großstadtleben" selbst nach 13 Jahren immer noch nicht viel anfangen. Ich hasse diesen ganzen Lärm um mich rum und finde eigentlich nur die nahe Anbindung an alle notwendigen Institutionen wie Shoppingcenter, Bank, Post, Bahnhof & Co. vorteilhaft. Eigentlich könnte ich mir gut vorstellen in einem kleinen Häuschen mit Garten in meiner Geburtsstadt zu wohnen. Da diese auch nur 20 km entfernt ist würde ich auch niemals nie sagen - Pendeln zum jetzigen Arbeitsort wäre ja durchaus möglich.
Mein Partner tickt da ähnlich. Er möchte unbedingt auch einmal wieder aufs "Land" zurückziehen. Seine Eltern wohnen in einem kleinen Ort in Rheinland-Pfalz und auch da könnten wir uns eine Zukunft gut vorstellen. Das Klima, die Gegend mit den vielen Obstbäumen und auch die generelle Atmosphäre gefällt uns einfach besser als das stressige und laute Stadtleben.
Da geht es mir eher gegenteilig: kleine Orte mag ich nur ausnahmsweise, und eigentlich würde ich immer lieber in einer Großstadt wohnen, am liebsten in einer Metropole mit mehr als einer Million Einwohner. Die häufig gehörten Argumente mit Lärm etc. eigentlich nicht wirklich nachvollziehen, weil es auch in den Großstädten abgesehen von einigen großen Verkehrsknotenpunkten und Hauptverkehrsstraßen oft ähnlich ruhig ist wie in Kleinstädten. Obwohl ich mitten in der Großstadt wohne, ist es in meiner Straße absolut ruhig, und nachts höre ich fast gar nichts.
Die Hauptgründe, warum ich das Leben in einer Metropole bevorzuge, sind z.B. das gute Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln und Kultureinrichtungen. Beispielsweise liebe ich unsere Büchereien, in denen ich Stammgast bin, und ich gehe gern auch mal spontan nach Feierabend ins Theater oder in einen interessanten Kinofilm. Außerdem nutze ich die breite Palette an Weiterbildungsmöglichkeiten. Ich besuche Vorlesungen und Seminare an der hiesigen Hochschule oder nutze das sehr umfangreiche Angebot der Volkshochschule.
Ich stamme aus einem kleinen, geradezu abgelegenen Dorf, und fühle mich nur deswegen noch damit "verbunden", weil mein Vater sowie ein paar weitere Verwandte dort noch leben. Aber sobald diese Verbindungen naturgemäß nicht mehr da sind, sehe ich keinen Grund, jemals wieder in dieses gottverlassene Kaff zurückzukehren.
Ich bin zwar auch kein Großstadtmensch, aber in besagtem Kaff gab und gibt es nichts in Sachen Kultur und Unterhaltung außer der Freiwilligen Feuerwehr, Fußball, Kinderturnen und natürlich dem sonntäglichen Gottesdienst. Als durchaus aufgewecktes und vielseitig interessiertes Kind bin ich dort jahrelang mehr oder weniger verkümmert, weil meine Eltern meistens keine Zeit und ehrlich gesagt auch keine Lust hatten, mindestens 10 bis 20 Kilometer zu fahren, damit ich auch nur eine Freundin aus dem Gymnasium besuchen konnte. Von irgendwelchen Kursen oder Ferienprogrammen ganz zu schweigen.
Selbst ein Besuch der Bücherei in der nächsten Kleinstadt war schon ein Ereignis. Auch wenn ich es damals natürlich nicht so wahrgenommen habe, muss ich im Rückblick sagen, dass ich mich in meiner Dorfkindheit vor allem gelangweilt habe, viele soziale und kulturelle Fähigkeiten erst als Erwachsene ausleben konnte und auch sehr einsam war. Ich käme also auch nie auf die Idee, mich an einen Ort zurückzusehnen, an dem ich eigentlich nur darauf warten konnte, dass die Zeit vergeht.
Gerbera hat geschrieben:Auch wenn ich es damals natürlich nicht so wahrgenommen habe, muss ich im Rückblick sagen, dass ich mich in meiner Dorfkindheit vor allem gelangweilt habe, viele soziale und kulturelle Fähigkeiten erst als Erwachsene ausleben konnte und auch sehr einsam war.
Ganz genauso habe ich es in meiner Kindheit auch erlebt. Ich fand es die meiste Zeit einfach nur langweilig, weil es nicht viel zu tun gab. Im Sommer bin ich zwar oft schwimmen gegangen, aber in den kühleren Jahreszeiten habe ich mich oft gelangweilt. Das schmale Angebot der Kinderliteratur der örtlichen Kleinstadtbücherei hatte ich schon längst mehrfach von vorn bis hinten gelesen gehabt, und im örtlichen Kino liefen überwiegend irgendwelche Western und Haudrauf-Filme, die ich schon als Kind bzw. Jugendlicher uninteressant gefunden hatte. Dazu kam noch, dass auch meine Eltern meine Interessen weder erkannt noch gefördert hatten. Das mag einer der Gründe sein, warum ich damals meinen Umzug in die Großstadt wie eine gewaltige Befreiung erlebt habe.
Ich bin zwar in einem Dorf groß geworden, allerdings nicht in einer ländlichen Gegend. Man könnte Industriedorf sagen. Es war umgeben von Orten mit chemischer Produktion und Kohleabbau. Wir hatten es hier schön, einen großen See mit etwas Wald und ein paar kleinen Baggerseen. Der große See war bewirtschaftet und dort gab es ein Strandbad und auch einen Campingplatz.
Man konnte schöne Spaziergänge drumherum machen und als Kind auch toll im Wald spielen. Desweiteren gab es drei Schulen und drei Kindergärten. Es gab viele Kinder dort. Dort wohnten immerhin über siebentausend Einwohner. Jeden zu kennen, war nicht möglich. Es war eigentlich viel los bei uns. Wir hatten gute Bus- und Bahnverbindungen, Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungen und Sportstätten.
Wenn wir in der Mitte mal schulfrei hatten, gingen wir an den See und badeten dort wenn es warm war. Das förderte auch den Zusammenhalt in der Klasse. Ich hatte echt eine schöne Kindheit dort. Hatte ich mal Lust auf Freunde, brauchte ich nur vor die Tür zu gehen und schon fand sich jemand zum Spielen. Heute ist das fast unmöglich. Auch bin ich 1964 geboren und das ist in ganz Deutschland der geburtenstärkste Jahrgang.
Es gibt sogar Filme und Bücher darüber. Erst als ich 33 Jahre alt war, zog ich aus meinem Heimatort weg. Ich wohnte dann für vier Jahre in der Kreisstadt, nicht weit entfernt. Aber mit dieser Stadt verband mich wenig und ich fühlte mich schon noch meinem Herkunftsort verbunden. Nach den vier Jahren zog ich in eine kleine Gemeinde, die in meinen Heimatort eingemeindet wurde.
So konnte meine Tochter den Kindergarten und die Grundschule dort besuchen, wo auch ich damals weilte. Während ich nun in dem kleinen Ortsteil wohnte, mauserte sich die gesamte Gemeinde und wurde ein kleines Schmuckstück. Inzwischen ist auch ein großes Outlet-Center dort angesiedelt und spielt gute Gewerbesteuern ein.
Inzwischen lebe ich seit fünf Jahren in meiner jetzigen Wohnort in der inzwischen ehemaligen Kreisstadt. Es geht mir dort sehr gut und ich habe auch Bekanntschaften. Im Herzen aber werde ich stets Einwohnerin meines Herkunftsortes sein. Es sind so viele und schöne Erinnerungen mit ihm verbunden, die ich nicht missen wollte und an die ich gerne zurück denke.
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