Als Gast, aus Höflichkeit alles aufessen?

Bei mir kommt es auch darauf an, wie das Essen serviert wird. Wenn man sich als Gast das Essen selber nehmen kann, nehme ich mir auch nur wenig, weil ich so viel in der Regel einfach nicht schaffe. Wenn ich dann noch hungrig bin, kann ich mir lieber noch etwas nach nehmen, als in der Situation noch einen Rest auf dem Teller zu lassen. Wenn dann noch ein Rest auf dem Teller ist, finde ich es eigentlich schon unhöflich, weil es dann so aussieht, als sei der Gast zu gierig oder als hätte es nicht geschmeckt.

Wenn mir aber eine Portion auf einem Teller serviert wird, die ich nicht schaffe, finde ich es nicht schlimm, einen Rest auf dem Teller zu lassen. Es heißt dann für mich nicht, dass es mir nicht geschmeckt hat, sondern ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass die Portion gereicht hat.

Ich finde, dass es wirklich unhöflich ist, wenn man bei jemandem zum Essen eingeladen ist und nach nur einigen Bissen bereits das Besteck weglegt. Auch wenn das Essen nicht ganz so lecker ist, kann man sich dann trotzdem zusammen reißen und wenigstens versuchen, noch etwas zu essen. Immerhin wirkt es tatsächlich so, als wenn das Essen gar nicht geschmeckt hätte, wenn der Teller noch fast voll ist und man bereits mit dem Essen fertig ist.

Ich versuche eigentlich, immer die Hälfte aufzuessen. Wenn mir etwas besonders gut schmeckt, dann esse ich meinen Teller natürlich auch fertig, aber ansonsten lasse ich den Rest übrig. Immerhin bringt es ja dann auch nichts, sich weiterhin zu quälen und bevor einem schlecht wird, sollte man einen halb vollen Teller lieber stehen lassen, auch wenn einem das womöglich unangenehm ist.

Leider kann man ja nie vermeiden, dass einem das Essen nicht schmeckt. Das kann immer vorkommen und wenn das der Fall ist, dann hat man einfach Pech gehabt. Auch wenn man sich selbst etwas auf den Teller tut, kann es gut sein, dass man bereits nach dem ersten Bissen merkt, dass das Essen ungenießbar ist. In so einem Fall kann man auch nicht viel machen und auch wenn man keine große Portion auf dem Teller hat, sieht der Gastgeber ja, wenn man nichts isst. In so einem Fall würde ich dann aber auch nicht weiter essen, sondern einfach behaupten, dass mir etwas unwohl ist oder dass ich bereits satt bin.

Ich mache das eigentlich auch und wenn ich den Teller überhaupt gar nicht leer essen kann sage ich meistens, dass ich mich über das Essen gefreut habe, aber schon satt bin oder aus irgendwelchen Gründen keinen großen Hunger habe. Wenn ich nicht weiß, wie ein bestimmtes Gericht bei einer anderen Familie schmeckt, dann sage ich meistens vorher, dass ich probieren möchte oder erst einmal eine kleine Portion haben möchte und mir später noch mehr von diesem Gericht auf den Teller packen kann. Manchmal bekommt man aber schon eine ordentliche Portion serviert und dann möchte ich schon ein bisschen mehr als die Hälfte essen, auch wenn es dafür keinen Grund gibt.

Eigentlich ist es ja gar nicht unhöflich, weil man nichts dafür kann, wenn einem das Gericht nicht schmeckt oder eine Abneigung gegenüber bestimmte Gewürze hat, was der Gastgeber auch gar nicht wissen kann. Ein Gericht mit Gurken könnte ich zum Beispiel gar nicht essen, denn ich kann Gurken überhaupt nicht leiden und es würde nichts bringen, wenn mir beim Essen übel werden würde, deswegen sage ich dann auch, dass ich keine Gurken und Pilze mag. Ansonsten kenne ich eigentlich ziemlich wenige Gerichte mit Gurken und ich werde auch nicht so oft mit dieser Situation konfrontiert.

Ich esse eigentlich immer alles auf, wenn ich bei anderen Leuten etwas esse. Bei meiner Großmutter oder meinem Vater sehe ich es nun nicht so eng, denn denen kann ich offen und ehrlich sagen, dass ich nicht mehr schaffe, was auf meinem Teller liegt, aber bei anderen möchte ich das eigentlich nicht machen und dort esse ich dann auch immer alles auf, selbst wenn es mir nicht schmeckt.

Die Situation, dass mir das Essen nicht schmeckt, aber eben schon auf meinem Teller ist, ist mir nun schon öfters mal bei meinem Freund seiner Familie passiert. Sie kochen öfters mal Spezialitäten aus Polen und ich probiere dann beziehungsweise werde schon fast zum Probieren von seinen Eltern gezwungen. Sie schauen mich dann immer auch erwartungsvoll an, wenn ich den ersten Bissen nehme und dann kann ich eigentlich nichts anderes sagen, als, dass es mir schmeckt. Alles andere fände ich schon unhöflich und ich wüsste auch gar nicht, wie ich nett sagen könnte, dass mir das Essen nicht schmeckt. Also esse ich dann brav auf, was auf meinem Teller ist, aber ich lade mir eben nichts mehr davon nach.

Grundsätzlich mache ich es so, dass ich zunächst nur wenig auf den Teller lade, sodass ich erst einmal probieren kann. Danach nochmal etwas auf den Teller zu laden ist ja kein Problem, aber das Essen von dem Teller herunter zu bekommen, wenn es erst einmal darauf ist, ist eben um einiges schwieriger. Einmal musste ich mich richtig quälen, eine Art polnische Knödel aufzuessen, aber mit viel Trinken habe ich es dann letztendlich geschafft. Notfalls frage ich auch ganz dezent meinen Freund, ob er denn nicht noch das ein oder andere auf meinem Teller essen möchte, der mir dann meistens auch glücklicherweise den Gefallen tut.

Wenn ich irgendwo Gast bin, dann halte ich es ebenso wie die lieben Eltern und wenn jemand bei mir zu Gast ist, sehe ich es auch als Unhöflichkeit an, wenn jemand den halben Teller stehen lässt oder ich frage mich, ob etwas mit dem Essen nicht gestimmt hat. Bei Kindern sehe ich dies natürlich auch anders.

Für mich gehört ein derartiges Verhalten einfach zu den üblichen Gepflogenheiten. Nur wenn etwas extremes mit dem Essen nicht stimmt, dann kann man mal etwas sagen. Aber ansonsten sollte der Teller schon leer sein.

Was höflich ist, ist immer eine Frage des Kulturkreises, in dem man sich bewegt. Es gibt durchaus einige Länder, in denen es total unhöflich ist, den Teller leer gegessen zu hinterlassen. Dies signalisiert dem Gastgeber nämlich, dass er zu geiziig war und die Gäste hungrig bleiben mussten. Wer da höflich sein möchte, muss ein Restlein hinterlassen um zu signalisieren, dass man im Überfluss und reichlich bewirtet wurde. Im Zweifel sollte man sich da vorher erkundigen.

Wenn man aber im hiesigen Kulturkreis zum Essen eingeladen wurde, dann sollte man sich besser nur so viel auf den Teller servieren oder servieren lassen, wie man auch wirklich essen möchte. Je nach Gastgeber ist das nicht möglich, denn mancher neigt dazu, einen zu bedrängen, wie ein Scheunendrescher Berge zu verdrücken. Aber prinzipiell finde ich es hier zu Lande schon höflicher, keine angegessenen Essensreste zu verursachen. Dazu kommt eben auch, dass ich es unglücklich finde, Essen unnötig in den Müll zu werfen, während immer mehr Leute auch hier zu Lande sich das Essen immer weniger leisten können und auf Einrichtungen wie die Tafel angewiesen sind. Da habe ich doch moralische Skrupel.

Also vorab finde ich nicht das etwas nicht aufgegessenes bedeutet es hat einem nicht geschmeckt. Gerade wenn mir wer anders auftut kann es schnell passieren das etwas übrig bleibt. Das liegt schlichtweg daran das der andere ja nicht weiß wie viel ich esse. Wenn ich meine Portionen selbst wähle ist das schon was ganz anderes, da nehme ich mir im Vorhinein etwas weniger und hohl mir dann noch Nachschlag falls ich noch Hunger habe.

Auch würden das meine Freunde nie als Beleidigung empfinden wenn dann doch mal was übrig bleibt. Man ist eben einfach satt, und dieses Gefühl kennt ja wohl jeder. Man kann ja gerne sagen: "Das Essen war sehr lecker, aber ich bin satt." Jeder versteht es und keiner ist sauer.

Ich finde, es kommt immer darauf an, wer meinen Teller gefüllt hat und ob ich das eben selbst war oder beispielsweise der Gastgeber. Wenn ich das selbst tue, dann weiß ich doch schon vorher, wie viel ich essen möchte und kann eben entsprechend portionieren. Wenn mir jemand anderes meine Portion auf den Teller tut, dann passiert es ja leicht, dass mehr auf dem Teller landet als ich wollte, selbst wenn ich rechtzeitig "Stopp" sage.

Da hat der Gastgeber dann Pech gehabt, wenn ich die Portion nicht schaffe und eben etwas übrig bleiben muss. Da braucht er dann auch gar nicht eingeschnappt sein und sich einbilden, dass das Essen nicht schmeckt. Mir ist klar, dass das unhöflich ist, aber das ist ja dann nicht meine Portion, die ich mir auf den Teller geklatscht habe, sondern ein anderer hat das getan.

Wenn ich die Wahl habe, selbst zu bestimmen wie viel ich von etwas esse, dann esse ich den Teller auch immer leer. Wenn ich etwas nicht kenne und mir etwas zum probieren auf den Teller tue, dann nehme ich immer nur ein bisschen, also ein Häppchen. Wenn es mir nicht schmeckt, dann nehme ich keinen Nachschlag, wenn es schmeckt dann schon. So bleibt auch nichts übrig, was mir nicht schmeckt.

Wenn man in Asien aufisst, bekommt die Hausfrau Schwierigkeiten. Denn der leere Teller bedeutet, dass das Essen nicht ausgereicht hat. Hier in Deutschland ist das anders. Hier bedeutet ein leerer Teller, dass es gut geschmeckt hat und eigentlich auch, dass man satt ist. Wir haben früher als Paar öfter kleine festliche Abendessen mit mehreren Gängen veranstaltet. Es kam nie vor, dass jemals ein Teller nicht abgegessen wurde. Ich selbst schaffte das Essen auch immer wenn ich irgendwo eingeladen war.

Dann habe ich mir das Essen ja tagsüber gespart und den Appetit für den Abend bei Freunden aufgehoben. So habe ich dann später auch nichts auf dem Teller liegen lassen müssen. Und geschmeckt hat es überall. Ich würde allerdings niemals auf die Idee kommen, aufzuessen was mir nicht schmeckt. Das käme nicht in Frage für mich. Wüsste auch gar nicht, warum ich mich so verhalten sollte. Wenn mir etwas nicht schmeckt, meide ich die Speise. Vielleicht bin ich allerdings auch nicht so anspruchsvoll wie manch anderer. Denn letzten Endes hat es mir jedes mal und überall gut geschmeckt.